Kommentar ElterngeldPlus: Schwesig ist zäh genug für die SPD
Familienministerin Schwesig stellt eine sinnvolle Erweiterung des Elterngeldes vor. Ist ihr Einstand im Ministerium geglückt?
M anuela Schwesig hat keinen schlechten Einstieg ins Amt der Familienministerin. Das liegt unter anderem daran, dass man nach Kristina Schröder eigentlich nur überhaupt irgendetwas wollen muss um unglaublich aktiv zu wirken. Einen Konstrast herzustellen, ist also ganz einfach. Das ElterngeldPlus ist aber dazu noch ein Schritt in Richtung moderne Familien- und Geschlechterpolitik: Es wird gefördert, dass beide Eltern ihre Arbeitszeit gleichzeitig reduzieren.
Genau da muss es hingehen. Mütter werden von ArbeitgeberInnen nicht mehr ausschließlich als Ausfallrisiko gesehen. Erstens können sie schneller in Teilzeit wieder einsteigen, zweitens können Vätern in Zukunft genauso reduzieren. Das kann dazu führen, dass Mütter weniger diskriminiert werden – und sich Firmen insgesamt mehr darauf einstellen, dass ihre Angestellten, und zwar Männer wie Frauen, auch noch eine Familie haben.
Schwesig wurde von der SPD einst aufgebaut, um der strahlenden Ursula von der Leyen etwas entgegen zu setzen und damit bei den Wählerinnen zu punkten. Kann sie das einhalten? Nun, sie ist eine andere Persönlichkeit als die alerte Niedersächsin, ihr mecklenburgisches Nuscheln ist legendär. Aber man sollte ihr Stehvermögen nicht unterschätzen. Die Familienzeit erstmal als Ziel auszugeben, das die Union leider verhindert, und das ElterngeldPlus dann als Weg dahin zu verkaufen, ist kein schlechtes Marketing.
Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig will mit einer zeitlichen Streckung des Elterngeldes die Vereinbarkeit von Familie und Beruf verbessern. „Wir wollen die Elternzeit flexibler gestalten“, sagte die SPD-Politikerin am Freitag bei der Vorstellung von Eckpunkten für ein „Elterngeld Plus“. Es soll Paaren für bis zu 28 Monate zusätzlich zu einem Teilzeiteinkommen gezahlt werden. Das „Elterngeld Plus“ soll maximal die Hälfte der Summe betragen, die man bisher ohne Erwerbstätigkeit nach der Geburt bekommt. Beim bisherigen Elterngeld gibt es für maximal 14 Monate – je nach Höhe des vorherigen Nettoverdienstes – zwischen 300 und 1.800 Euro monatlich.
Es gibt nur eine Gefahr. Und die heißt SPD. Im Moment personifiziert durch Sigmar Gabriel, aber er könnte auch Steinbrück oder Steinmeier heißen. Sie wollen zwar jemanden, der funkelt wie von der Leyen – aber auf keinen Fall soviel Ärger macht. Im Wahlkampf eifrig Frauenthemen besingen, aber in der Regierung dann den Chor blitzartig auflösen, das ist SPD-Tradition. Frauen, die was wollen, hatten es schon immer besonders schwer in dieser Partei.
Der Versuch Gabriels, das Quotengesetz von Schwesig kurzfristig einzusammeln, war genau so ein typisches SPD-Manöver. Wenn die Mädels zu frech werden, bringt Papi sie auf Linie. Bleibt Schwesig in diesen Fällen stehen, dann hat sie viel geschafft. Denn das wäre neu in dieser Partei.
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