Schwangerschaftsabbrüche in Deutschland: Bundesregierung beruft Kommission

Das Abtreibungsrecht ist eines der heikelsten politischen Themen. Eine Kommission soll prüfen, ob es Regelungen außerhalb des Strafrechts geben soll.

Ein Markierungsband mit der Aufschrift "Weg mit Paragraph 218 StgB" an einer Hafenbole

Streitfall Paragraph 218: Der Gesundheitsminister erwartet eine emotionale Debatte Foto: Willi Schewski/imago

BERLIN epd | In der Debatte um eine mögliche Regelung des Schwangerschaftsabbruchs außerhalb des Strafrechts hat die Bundesregierung eine Expertenkommission berufen. Wie ein Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums am Dienstag bestätigte, sind 18 Expertinnen und Experten aus den Bereichen Ethik, Medizin und Recht berufen worden. Die weit überwiegende Mehrheit der Mitglieder, nämlich 15, sind Frauen, darunter die frühere Vorsitzende des Deutschen Ethikrats, Christiane Woopen. Die Kommission werde zeitnah ihre Arbeit aufnehmen, hieß es.

SPD, Grüne und FDP hatten während der Koalitionsverhandlungen keine Entscheidung darüber getroffen, ob der zunehmend umstrittene Paragraf zum Schwangerschaftsabbruch aus dem Strafgesetzbuch gestrichen werden soll. Vereinbart wurde im Koalitionsvertrag, eine „Kommission zur reproduktiven Selbstbestimmung und Fortpflanzungsmedizin“ einzusetzen, die eine Regulierung für den Schwangerschaftsabbruch außerhalb des Strafgesetzbuches prüfen soll. Die Kommission soll sich zudem mit Möglichkeiten zur Legalisierung von Eizellspenden und Leihmutterschaften befassen.

Dem Gremium gehören als Expertinnen und Experten aus der Medizin neben Woopen die Sexualwissenschaftlerin Maika Böhm, die Ärztinnen Stephanie Wallwiener und Katharina Hancke, der Psychologe Bernhard Strauß und die Medizinethikerin Claudia Wiesemann an. Berufen wurde zudem die Biologin Sigrid Graumann, die dem aktuellen Ethikrat angehört. Zu den Expertinnen und Experten für Verfassungsrecht in dem Gremium gehören Frauke Brosius-Gersdorf, Paulina Starski, Friederike Wapler und die Vizepräsidentin des Staatsgerichtshofs in Hessen, Ute Sacksofsky.

Für den Bereich Recht wurden zudem die Präsidentin des Deutschen Juristinnenbunds, Maria Wersig, die Strafrechtlerinnen Bettina Weißer und Liane Wörner, Susanne Lilian Gössl und der Familienrechtler Tobias Helms berufen. Zudem werden dem Gremium die Gesundheitswissenschaftlerin und Sozialforscherin Daphne Hahn sowie der Medizinrechtler Jochen Taupitz angehören. Die Mitglieder sind ausschließlich Professorinnen und Professoren.

Lauterbach: gesellschaftlich respektierten Konsens erzielen

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) sagte dem „Spiegel“ vorab, ihm sei bewusst, dass mit der Kommission eine „emotionsgeladene Diskussion“ angestoßen werde. Ziel des Prozesses sei es, alle Seiten mitzunehmen und „zu einem gesellschaftlich respektierten Konsens zu kommen“.

Auch im Kabinett scheint das Thema umstritten. Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) hatte wiederholt deutlich gemacht, dass sie für eine Streichung des Paragrafen ist, weil nach ihrer Auffassung das Strafrecht nicht der richtige Ort dafür ist. Aus dem Haus von Bundesjustizminister Marco Buschmann (FDP) kamen dagegen verfassungsrechtliche Vorbehalte. Die jetzige Regelung im Strafrecht geht wesentlich auf Urteile des Bundesverfassungsgerichts zurück.

Ob eine Gesetzesänderung noch in dieser Legislaturperiode realistisch ist, hängt auch davon ab, wie lange sich die Kommission für die Beratungen Zeit nimmt. Dazu wurden am Dienstag noch keine Angaben gemacht. Der Paragraf 218 im Strafgesetzbuch verbietet grundsätzlich den Schwangerschaftsabbruch. Eine Abtreibung bleibt aber straffrei, wenn sie innerhalb der Frist von drei Monaten erfolgt und die schwangere Frau eine Beratung in Anspruch genommen hat.

Erlaubt ist ein Schwangerschaftsabbruch zudem nach einer Vergewaltigung und wenn das Leben der Mutter gefährdet ist. Kritikerinnen der aktuellen Regelung sehen die Rechte von Frauen durch Paragraf 218 eingeschränkt. Die Ampel-Koalition hatte im vergangenen Jahr bereits den Paragrafen 219a, der Werbung für Abtreibung verboten, damit aber auch die Möglichkeit zur Information eingeschränkt hatte, abgeschafft.

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