Schwaben im Transfer-Kampf: Alle wollen Woltemade
Am Samstag spielt der FC Bayern im Supercup-Spiel gegen den VfB Stuttgart. Neben dem Spielfeld kämpfen die Münchner weiter um VfB-Spieler Nick Woltemade.

Es gibt zwei Dinge, die man über die Arbeit der VfB-Verantwortlichen sagen kann.
Erstens: Seit Sportvorstand Fabian Wohlgemuth und Trainer Sebastian Hoeneß das Sagen haben, werden die beim VfB nicht unüblichen großen Töne nur noch in Teilen der Gremien gespuckt. Die sportliche Leitung kommuniziert derweil genauso ruhig und seriös, wie sie hinter den Kulissen arbeitet.
Und: Ausstiegsklauseln, die früher zu Stuttgarter Arbeitspapieren gehörten wie der Brustring zum Trikot, sind passé, seit Wohlgemuth Schritt für Schritt neue Verträge aufsetzen konnte.
Fraglich ist es allerdings, ob Trainer Hoeneß seine vor einigen Wochen getätigte Schlussfolgerung – „Wir sind jetzt in der Lage, die Spieler zu halten, die wir halten wollen“ – derzeit wiederholen würde. Denn ohne Frage hätte auch er sowohl den Angestellten Enzo Millot als auch dessen stürmenden Kollegen Nick Woltemade gerne gehalten. Doch der eine erlag derart dem Ruf des Geldes, dass er völlig vergaß, nach dem Wechsel zu Cristiano Ronaldo und dessen saudischen Klub Al-Ahli die Floskeln von der „neuen sportlichen Herausforderung“ zu bemühen.
60 Millionen reichen nicht
Der andere würde wohl tatsächlich liebend gerne in Stuttgart bleiben – wenn es nicht ausgerechnet der FC Bayern wäre, der ihn gerne davon abhalten würde. Und zu dem würde Nick Woltemade halt dann doch noch lieber gehen. Und das könnte er ja auch widerstandslos, wenn er nicht einer jener Spieler wäre, die keine Ausstiegsklausel mehr im Vertrag haben.
Weshalb zwischen Stuttgart und München derzeit also mal wieder über eine Ablöse verhandelt wird. Nach Informationen des Senders Sky war dem VfB Mitte der Woche das einstweilen letzte Angebot der Bayern über 60 Millionen Euro nebst – ein angemessen emotionsloses Wort – „Weiterverkaufsbeteiligung“ noch nicht hoch genug.
Vor dem Supercup-Spiel (Samstag, 20.30 Uhr) gegen ebenjenen FC Bayern München bestimmt also am Neckar die gleiche Personalie die Schlagzeilen, die die VfB-Fans auch in der Sommerpause auf Trab gehalten hatte. Erneut war Schwung in die schier unendliche Geschichte gekommen, als VfB-Vorstand Alexander Wehrle den Bayern eine Art Ultimatum bis zum Anpfiff gestellt hatte.
Bis dahin sollte der Rekordmeister offenbar sein Angebot entweder erhöhen oder die Avancen einstellen. Ersteres hat er gerade getan. Nachdem der VfB abgelehnt hat, ist der Fortgang offen.
Supercup-Spiel in Bestbesetzung auf beiden Seiten
Nun wird erst mal Fußball gespielt. Und Woltemade wird am Samstag nach Stand der Dinge das Trikot der Stuttgarter tragen, die sich durch den Pokalsieg (4:2 gegen Bielefeld) für das Spiel gegen den Rekordmeister qualifiziert haben.
Dass beide Teams deshalb erst später (und mitten in der Woche) in den DFB-Pokal einsteigen, ist den aktiven Fans ein Dorn im Auge. Die VfB-Ultras werden der Partie deshalb aus Protest fernbleiben. Sie müssten ihr Team am 26. August zum DFB-Pokal-Erstrundenspiel nach Braunschweig begleiten – einem Dienstag.
Tatsache ist allerdings auch, dass sich viele VfB-Fans, die die Reise nach Braunschweig sowieso nicht angetreten hätten, über das Kräftemessen mit den Bayern freuen. Zumal beide Mannschaften in ihrer aktuellen Bestbesetzung auflaufen dürften – ein echter Härtetest also vor dem Ligastart am Wochenende darauf. Angelo Stiller steht dem VfB wohl wieder zur Verfügung – fraglich ist hingegen der Einsatz des Torwarts Alexander Nübel.
Bei seiner Einkaufspolitik ist sich der VfB treugeblieben und hat sich bislang ausschließlich mit jungen, entwicklungsfähigen Spielern verstärkt. Verteidiger Lorenz Assignon (25, Stade Rennes), Mittelfeldmann Chema Andrés (20, Real Madrid Castilla), Flügelstürmer Lazar Jovanović (18, Roter Stern Belgrad) und der Kapitän der U-19-Nationalmannschaft Noah Darvich (19, FC Barcelona Atlètic) kamen.
Dass auch die beste Strategie an ihre Grenzen stößt, wenn mit entsprechend vielen Geldscheinen gewedelt wird, wissen sie aber natürlich auch beim VfB, der dem Zweitligisten 1. FC Nürnberg schon bald den zweiten hochkarätigen Nachwuchsmann wegkaufen könnte: Nach Finn Jeltsch (19), der im Winter kam, hat man gerade Caspar Jander (22) an der Angel.
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