Schutz vor Fressfeinden: Hai-Embryos stellen sich tot
Nähert sich ein Raubfisch, bewegen sich Haifisch-Embryos nicht mehr – bis die Gefahr vorüber ist. Sie erkennen ihre Feinde mit einem ungewöhnlichen Sinnesorgan.
SYDNEY/BERLIN dpa | Kleine Haie können sich schon als Embryos vor Fressfeinden schützen. Der Nachwuchs des Braungebänderten Bambushais hält in seinem Ei inne, sobald er spürt, dass ein Feind vorbei schwimmt. So verhinderten die Baby-Haie, von Fischen, Meeressäugetieren oder Schnecken entdeckt und verspeist zu werden. Das berichten australische Forscher im Online-Journal PLoS One.
Der Grund für den Schutzmechanismus: Schon ungeborene Haie können elektrische Felder wahrnehmen, die von den Feinden ausgesendet werden. Dafür sorgen besondere Sinnesorgane, die sogenannten Lorenzinischen Ampullen. Bislang war dem Bericht zufolge nur bekannt: Erwachsene Haie spüren mit diesen empfindlichen Rezeptoren potenzielle Beute auf, nicht ihre Feinde.
Das Team um Ryan M. Kempster von der University of Western Australia hatte sich aus einem australischen Aquarium frisch abgelegte Eier von Bambushaien besorgt. Jedes der elf Embryos wuchs dann in einer eigenen Petrischale mit Meerwasser heran. Währenddessen wurden die Tiere regelmäßig elektrischen Feldern ausgesetzt. Diese waren unterschiedlich stark – so wie von ihren Feinden verschieden starke elektrische Felder ausgehen.
Die weit entwickelten Tiere reagierten, indem sie ihre Kiemen kaum noch bewegten und den Schwanz einrollten. So verhinderten die Embryos, selbst verräterische Bewegungen und elektrische Signale auszusenden. Es sei erstaunlich, dass die Tiere in einem so frühen Entwicklungsstadium Gefahren erkennen können und instinktiv versuchen, diese zu vermeiden, schreiben die Hai-Forscher.
Jüngere Embryos regierten weniger stark – und noch ganz junge Embryos reagierten überhaupt nicht. „Diese Ergebnisse stimmen überein mit der Differenzierung und der Entwicklung des elektrosensorischen Systems“, begründen die Wissenschaftler.
Unterschiedliche Gewöhnung
Außerdem entdeckten die Experten Unterschiede im Vergleich zu anderen Haifisch-Arten. Die Embryos des Braungebänderten Bambushais erkannten Reize wieder, wenn sie innerhalb von 30 bis 40 Minuten wiederholt wurden, die Tiere reagierten dann weniger stark als beim ersten Mal. „Im Gegensatz dazu gewöhnt sich der Kleingefleckte Katzenhai nur innerhalb von fünf bis zehn Minuten an Reize.“
Der Braungebänderte Bambushai (Chiloscyllium punctatum) lebt in den küstennahen Korallenriffen von Südostasien und Nordaustralien. Die Art gehört zu den eierlegenden Haifischen. Fünf Monate lang wächst der Hai in einem Ei mit einer lederartigen Hülle heran.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!