Schutz des Ökosystems in der Arktis: Obamas Last-Minute-Geschenk
Der US-Präsident und sein kanadischer Kollege verbieten neue Ölbohrungen im hohen Norden. Trump wird es schwer haben, das rückgängig zu machen.
Dafür haben Obamas Juristen ein Gesetz aus dem Jahr 1953 ausgegraben, mit dem schon frühere Präsidenten den Meeresboden geschützt haben. Obama nutzt diese Vorschrift nun im XXL-Format: Auf etwa 500.000 Quadratkilometern nördlich von Alaska und an der Atlantikküste der USA zwischen Maine und Virginia hat er den Verkauf von bundeseigenen Landstücken für die Rohstoffsuche verboten.
Es gehe um den Schutz für ein „empfindliches und einmaliges Ökosystem“, erklärte der scheidende Präsident. „Selbst mit den höchsten Sicherheitsstandards bleibt das Risiko einer Ölpest hoch, unsere Möglichkeiten, sie einzudämmen, sind begrenzt.“ Der Aufbau der Infrastruktur würde Jahrzehnte dauern, „und das zu einer Zeit, in der wir uns von fossilen Brennstoffen verabschieden müssen“. In der gemeinsamen Aktion mit Kanadas Premierminister Justin Trudeau wird damit praktisch die Hälfte der Arktis unter Schutz gestellt. Kanada verkündete ein Moratorium für neue Explorationen entlang seiner 6.000 Kilometer langen Küste. Der Bann soll alle fünf Jahre überprüft werden.
Obama reagiert auf eine Empfehlung seines Innenministeriums, weite Teile des Meeres vor Alaska unbefristet zu schützen. Auch bisher kommt schon sehr wenig Öl von den öffentlichen Ländereien in der Arktis.
Die Regierung will zum Ende ihrer Amtszeit auch andere Regionen dauerhaft schützen: Am Yellowstone-Nationalpark untersagte sie gerade die Goldsuche, legte eine umstrittene Pipeline in North Dakota auf Eis, kündigte Gas- und Ölkontrakte in Colorado und nahm in Montana heiliges Land der Blackfeet-Ureinwohner aus der Planung für den Bergbau. Umweltschützer hoffen auf einen Stopp beim Uranabbau in Utah, Nevada und am Grand Canyon.
Viel öffentliches Land für Gas- und Ölbohrungen
Washingtons Einfluss auf die Bodenpolitik ist groß, weil weite Teile des US-Westens im Besitz der Bundesregierung sind. Der neue Präsident Trump hat erklärt, er wolle „jobkillende Vorschriften für die Energieindustrie streichen“. Es wird erwartet, dass seine Regierung viel öffentliches Land zur Gas- und Ölbohrung öffnet. Deshalb zeigte sich auch die Öllobby im „American Petroleum Institute“ (API) zuversichtlich, Obamas Stopp wieder rückgängig zu machen: „Wir sehen nicht, wie das permanent sein könnte“, sagte API-Experte Andrew Radford der New York Times.
Er erinnerte daran, dass schon Präsident Clinton 300 Millionen Hektar arktischen Landes geschützt habe – wovon sein Nachfolger Bush 50 Millionen Hektar wieder an die Ölindustrie übergeben hatte. „Wir hoffen, dass Trump darüber nachdenkt, diese Entscheidung rückgängig zu machen, und freuen uns darauf, daran mitzuarbeiten“, erklärte Radford.
Wie ernsthaft die Ölindustrie an den Lizenzen im unwegsamen Norden interessiert ist, ist unklar. Denn die schwierigen Bedingungen und die niedrigen Ölpreise verbunden mit dem schlechten Image für die dreckige Suche in unberührter Wildnis schrecken viele Energiefirmen ab. Erst im letzten Jahr beendete der niederländische Ölmulti Shell ein Arktisprojekt, obwohl er bereits sieben Milliarden US-Dollar investiert hatte.
Wie nachhaltig Obamas Last-Minute-Entscheidungen sein werden, ist tatsächlich umstritten. Der neue Präsident kann sie zumindest nicht einfach mit einem Federstrich ungeschehen machen. Obamas Juristen haben auch in anderen Fällen darauf geachtet, ihre Vorstöße sehr genau juristisch abzusichern. Und die US-Umweltverbände haben schon angekündigt, ihr „Weihnachtsgeschenk“ im Zweifel mit allen juristischen Mitteln vor den Gerichten zu verteidigen. Das könnte Jahre dauern – vielleicht sogar bis zum nächsten Präsidenten.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Streit um Russland in der AfD
Chrupalla hat Ärger wegen Anti-Nato-Aussagen