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Schulwechsel aufs GymnasiumSchlechte Noten für den Probeunterricht

Kommentar von Leonore Kogler

Nach einer Änderung im Schulgesetz sollen sich Schü­le­r:in­nen im Probeunterricht fürs Gymnasium qualifizieren. Nur ein Bruchteil war erfolgreich.

Probeunterricht: nur wer die Antworten kennt, darf auf's Gymnasium Foto: Thomas Imo/imago

W ie berechnet sich nochmal der Flächeninhalt von einem Trapez? Und wie verläuft die typische Handlung einer Fabel? Diese und andere Fragen mussten Grund­schü­le­r:in­nen ohne Gymnasialempfehlung korrekt beantworten, um über ein „Probenunterricht“ genanntes Verfahren vielleicht doch noch den Schritt ins Gymnasium zu schaffen. Bestanden haben nur 2,6 Prozent der 1.937 Teil­neh­me­r:in­nen. Für alle, die bei der Trapez-Berechnung gescheitert sind: Das sind rund 50 Schüler:innen.

Der Probeunterricht fand dieses Jahr nach einer Änderung des Schulgesetzes zum ersten Mal statt. Es konnten sich Sechst­kläss­le­r:in­nen anmelden, die in zentralen Fächer keinen Notenschnitt von 2,2 oder besser erreichten und deshalb keine Empfehlung fürs Gymnasium bekommen hatten. Wer trotzdem dorthin wechseln wollte, musste zum Probeunterricht.

Den bot jüngst je ein Gymnasium pro Bezirk an. „Die Schü­le­r:in­nen wurden in Gruppen aus etwa 15 Personen von jeweils einer Lehrkraft aus einer Grundschule und aus einem Gymnasium betreut“, erläutert Martin Klesmann, Sprecher der Senatsverwaltung für Bildung.

Assessement-Center für Schü­le­r:in­nen

Das, was dann stattfand, war allerdings weniger Unterricht als viel mehr Assessement-Center. Zuerst bekamen die Kinder eine Aufgabe, die sie gemeinsam lösen sollen, danach legten sie Tests in Mathe und Deutsch ab. Klesmann spricht von „drei Prüfungssegmenten“, Mathe, Deutsch und „überfachliche Kompetenzen“. Zu letzteren gehören Selbstständigkeit, Teamfähigkeit und Kommunikation. Für Mathe und Deutsch gibt es Beispielaufgaben zur Vorbereitung, für die Teamaufgabe nicht. Obwohl der Senat das neue Übergangsverfahren Probeunterricht nennt, steht das Lernen nicht an erster Stelle.

Bisher war es so, dass die Noten aller Fächer für die Gymnasialempfehlung zählten. Seit der Gesetzesänderung gilt das nur noch für die Noten in Mathe, Deutsch und der ersten Fremdsprache. Und auch im Probeunterricht werden die Schü­le­r:in­nen nur in den Fächern Mathe und Deutsch abgefragt. Die Bildungsverwaltung erklärt, dass sie so die Basiskompetenzen Lesen, Schreiben, Rechnen in den Mittelpunkt rücken will. Gute Kenntnisse der deutschen Sprache seien nötig, um gut lernen zu können. Fraglich ist, ob sich diese Kenntnisse mit Multiple-Choice-Fragen über Fabeln angemessen prüfen lassen.

Die Bildungsverwaltung sieht sich durch das schlechte Abschneiden der Probeunterricht-Teilnehmer:innen bestätigt. Es zeige, dass „der Notendurchschnitt von 2,2 sorgfältig gewählt wurde und für Schüler eine wichtige Voraussetzung für erfolgreiches Lernen am Gymnasium ist.“ Unter den Tisch lässt sie dabei fallen, dass Schü­le­r*in­nen Unterricht normalerweise nicht bestehen. Sondern schlimmstenfalls überstehen.

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