Schulstart in Berlin mit Präsenzpflicht: Mit Bauchschmerzen ins Risiko
Berlins Bildungsverwaltung bleibt bei ihrem Kurs. Warum die Entscheidung richtig ist. Ein Wochenkommentar.
I mmer dann, wenn man wenig über eine Sache weiß, ist das Potenzial der Verunsicherung besonders groß. So geht es SchülerInnen, Eltern und LehrerInnen auch gerade angesichts der befürchteten Omikron-Welle im Januar. Man weiß schlicht noch nicht, wie schlimm es wird – und gerade das bereitet mit Blick auf den Schulstart am Montag erst Recht Bauchschmerzen.
Die Bildungsverwaltung blieb nach einer Sitzung mit WissenschaftlerInnen unter anderem von der Charité einen Tag vor Silvester bei ihrem Kurs: Die Präsenzpflicht gilt, lediglich die Testpflicht für die SchülerInnen wird in der ersten Schulwoche ausgeweitet. Statt dreimal pro Woche sollen sie sich täglich schnelltesten. Für geimpfte SchülerInnen und für Lehrkräfte gibt es keine Testpflicht – aber den dringenden Appell der neuen Schulsenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD), das Angebot zu nutzen.
Eine Woche lang tägliche Testen, und ansonsten lässt man alles weiter laufen – reicht das denn als Strategie, mag man sich da fragen. Immerhin hat man beinahe täglich die Warnungen von MedizinerInnen und vom Robert-Koch-Institut im Ohr, die vor der hoch ansteckenden Omikron-Variante warnen.
Die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) traf sich in der zurückliegenden Woche mit dem Krisenstab der Innenverwaltung, um darüber zu beraten, wie man einen Omikron-bedingten hohen Krankenstand in der kritischen Infrastruktur bewältigen könnte. Das Signal, das Giffey aussandte: Die Lage ist ernst, wir nehmen sie ernst.
Und was ist mit den Schulen?
Nun hat man angesichts der schwierigen Datenlage zu Omikron – viele Gesundheitsämter melden über die Feiertage unzuverlässige Daten – zwei Möglichkeiten. Entweder man zieht jetzt die Bremse, nach dem Motto: Nichts genaues weiß man nicht, also ist Vorsicht besser als Nachsicht.
Auf Sicht fahren?
Oder aber man fährt auf Sicht, öffnet also die Schulen und sammelt eine Woche lang Schnelltest-Daten, um sich einen Überblick über das Infektionsgeschehen zu machen. Und entscheidet dann – verbunden mit der Gefahr, die Nachsicht zu haben.
Die Bildungssenatorin hat sich für Letzteres entschieden. Es ist, auch wenn das mit „richtig“ und „falsch“ immer so eine Sache ist in der Pandemie, die differenziertere Entscheidung. Denn Wechselunterricht bedeutet eben auch wieder teilweise Homeschooling – und wie ungleich die Lernchancen da verteilt sind, hat man in den vergangenen 21 Monaten zur Genüge gesehen.
Letztlich sind jetzt auch die Schulleitungen in der Verantwortung. Es wäre ja nicht das erste Mal, dass es Wechselunterricht gäbe. Im vergangenen Frühjahr bis zu den Sommerferien funktionierten die Schulen wochenlang in diesem Modus – und viele Schulleitungen sahen am Ende in den kleineren Klassen, digitalen Lernplattformen und W-Lan-Routern im Klassenzimmer am Ende sogar auch Chancen weil es, alles in allem, ganz gut lief.
Selbst wenn es (noch) keine politische Entscheidung für ein Zurück zum Wechselunterricht gibt: Niemand hindert die Schulen in der ersten Schulwoche daran, ihre Konzepte vom vergangenen Jahr eigenverantwortlich aus der Schublade zu holen und die W-Lan-Router vorglühen zu lassen.
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