Schulkinder über den Streik in Berlin: „Wenn das Geld richtig verteilt wäre“
Weil Lehrer- und ErzieherInnen streiken, sind betroffene Schulkinder zu Besuch in der taz und sprechen über mehr Lohn, Gerechtigkeit und Ronaldo.
taz: Wisst ihr denn eigentlich, warum ihr heute hier seid und nicht in der Schule?
Albert: Ja, klar, die Lehrer und Erzieher wollen mehr Lohn und deshalb streiken sie heute. Und wir machen deshalb heute eine Zeitungsseite.
Vera: Die haben ja schon mal gestreikt. Da waren sie aber nicht so erfolgreich. Aber es streiken ja auch nicht alle, die angestellten Lehrer streiken ja gar nicht.
Max: Nee, stimmt nicht! Andersrum: Die Angestellten machen die Demo, die anderen Lehrer sind in der Schule. Wie heißen die noch mal?
Die Beamten. Wie findet ihr es denn, dass die angestellten Lehrer streiken?
Albert: Ich finde das gut. Aber andererseits: Wir könnten auch in der Schule sitzen und etwas lernen. Eigentlich ist der Streik also auch doof.
Vera: Also, ich finde das zwar gut, dass wir keine Schule haben. Aber man will ja auch gute Noten und aufs Gymnasium und so. Ich will später mal Journalistin werden.
Vera, 9, aus Treptow-Köpenick
Moritz, 9, aus Pankow
Max, 7, aus Kreuzberg
Milan, 6, aus Schöneberg
Lenja, 9, aus Kreuzberg
Albert, 9, aus Lichtenberg
Albert: Bei uns fällt heute Kunst aus und das haben wir nur am Dienstag. Das finde ich schade.
Milan: Ich finde es blöd, dass die Hofpause und der Hort ausfallen.
Genau, die Erzieher streiken ja auch heute. Sie finden, dass es nicht genug Menschen gibt, die den Beruf machen wollen. Gibt es denn an euren Schulen genug Erzieher?
Moritz: Wir sind schon manchmal kurz alleine im Hort.
Albert: Ja, weil im Winter immer alle krank sind. Da ist unsere Klasse megabetroffen.
Die ErzieherInnen streiken, weil sie zu wenige sind. Und wisst ihr, warum sie außerdem noch demonstrieren?
Max: Sie wollen auch mehr Geld. Sie bekommen ja auch viel weniger Geld als die Lehrer.
Albert: Also, ich finde das auch gerecht so. Die Lehrer müssen ja studieren. Die Erzieher machen bloß Spiele und Spaß mit uns. Die müssen zum Beispiel bloß abstimmen, ob wir jetzt in die Mediathek oder raus auf den Hof gehen wollen. Und die Lehrer müssen viel mehr Unterricht vorbereiten und alles.
Vera: Wir werden ja von beiden betreut, von den Lehrern und von den Erziehern, also sollen auch beide gleich viel Geld bekommen.
Lenja: Ich finde, das stimmt nicht, was Albert gesagt hat. Die Lehrer müssen zwar ganz viel studieren. Aber es ist wichtig, dass die Erzieher streiken. Der Streik ist für die Erzieher wichtiger als für die Lehrer.
Moritz: Ich finde das auch nicht gerecht, dass sie unterschiedlich viel Geld bekommen.
Lenja: Na ja, es ist vielleicht doch richtig. Die Lehrer bringen uns ja wichtige Sachen bei, was wir später werden wollen oder so. Ich will mal Tierärztin werden.
Max: Ich finde es ungerecht, dass die Fußballspieler so wenig verdienen, nur eine Milliarde im Monat.
Mehr als 10.000 LehrerInnen, ErzieherInnen und SozialpädagogInnen haben laut Gewerkschaft GEW am Dienstag ihre Arbeit niedergelegt. Rund 20.000 Stunden fielen aus. Viele Schulen boten nur eine Notbetreuung an. Auch rund die Hälfte der 280 Landes-Kitas blieb zum Auftakt des zweitägigen Warnstreiks geschlossen.
Im bereits dritten Warnstreik in der seit Januar laufenden Tarifrunde für die Angestellten im öffentlichen Dienst der Länder werden 6,5 Prozent mehr Lohn gefordert, mindestens aber 200 Euro.
ErzieherInnen sind im Fokus in Berlin. Sie verdienen im TV-L mehrere Hundert Euro weniger im Monat als die ErzieherInnen in den anderen Bundesländern, die nach dem Tarifvertrag des öffentlichen Diensts (TVöD) bezahlt werden. Angesichts des drängenden Kitaplatzausbaus ein Problem: Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) betonte am Freitag, man habe im letzten Jahr 4.000 Kitaplätze geschaffen. Zugleich appellierte sie an Kitas, wenigstens bis August ein Kind mehr pro Kita aufzunehmen.
Das Elternbündnis Kitakrise Berlin kritisierte: Es fehlten immer noch Tausende Plätze, die Betreuungsquoten seien rückläufig. „Es fehlen nach offiziellen Angaben nach wie vor 3.000 bis 4.000 Kitaplätze für den aktuellen Bedarf, vom Wunsch- und Wahlrecht ganz zu schweigen”, sagte Sprecherin Katharina Mahrt.
Ausgeweitet wird der Streik am Mittwoch auch auf die Jugendämter. Die nächsten Verhandlungen sind Ende März geplant. (taz)
Vera: Die verdienen richtig viel Geld! Ich habe mal ein Video angeguckt, was Ronaldo macht, wenn er nicht Fußball spielt. Der hat ein richtig teures Haus, eigene Köche und in den Ferien war er die ganze Zeit auf seiner richtig krassen Yacht. Und es gibt ganz viele Obdachlose auf der Welt, die könnten das Geld teilen.
Albert: Wenn das Geld gerecht verteilt wäre, dann würde jeder Geld haben.
Findet ihr denn, dass das Geld gerecht verteilt ist?
Albert: In Lebenskunde haben wir einen Film über Obdachlose geguckt. Einer hat sein Bein gebrochen, er musste zwei Monate ins Krankenhaus, dann wurde er gefeuert, weil er zu lange weg war, dann konnte er sich die Miete nicht mehr leisten. Die meisten finden Ronaldo ja cool …
Max: Der ist kacke!
Albert: Also die meisten sind Fans von ihm und sehen sich gar nicht in der negativen Welt um. Beim Alexanderplatz, da sind ja auch viele Bettler. Also wenn das Geld richtig verteilt wäre, dann würde es vielleicht nur ein paar Arme geben.
Max: Es wäre aber auch ungerecht, wenn die Obdachlosen viel Geld bekommen, weil die arbeiten ja auch nicht für das Geld. Da könnte man sich ja gleich selbst auf die Straße stellen und nach Geld fragen.
Sollte man den Obdachlosen denn gar nichts geben?
Max: Man sollte die halt arbeiten lassen.
Albert: Aber für die meiste Arbeit braucht man eine Adresse, wenn man ihnen zum Beispiel einen wichtigen Brief schreiben will.
Max: Aber wenn er arbeiten dürfte, könnte er auch irgendwo wohnen.
Wer kann denn dafür sorgen, dass das Geld gerechter verteilt wird?
Milan: Die Polizei!
Albert: Vielleicht die Regierung, aber die können Ronaldo auch nicht das ganze Geld wegnehmen, die müssen ja auch einen Grund haben. Ich glaube nicht, dass Ronaldo das freiwillig hergeben würde.
Vera: Es würde reichen, wenn Ronaldo ein Auto hätte, zum Beispiel einen Lamborghini.
Milan: Auf dem Weg hierher haben Mama und ich zwei Bettler schlafen sehen. So was sehe ich fast nie.
Hast du mit deiner Mama darüber geredet?
Milan: Nein, wir waren auf dem Fahrrad. Bei uns in der Nähe gibt es auch Bettler, die kennen wir schon. Die sagen: Bitte gib mir Geld. Bisschen tun sie mir leid. Aber ich weiß auch nicht, ob sie vielleicht doch Diebe sind.
Vera: Es ist ja nicht so, dass sie gar nicht arbeiten. Sie versuchen auch Jobs zu machen, zum Beispiel Musik. Es gibt auch Hartz IV. Die können auch bei anderen als Putzmann arbeiten.
Albert: Wenn die als Putzmann arbeiten würden, würden die auch nicht so viel Geld kriegen. Die meisten wollen auch keine Obdachlosen als Putzfrau. Ich finde auch scheiße, dass die Obdachlosen sich für das Geld kein Essen kaufen, sondern Zigaretten, Drogen und Bier, sie färben sich die Haare, irgendwie so.
Max: Sie könnten sich Wasser und Essen kaufen.
Vera: Sie sparen auf eine Wohnung, auf die Miete.
Albert: Nein, ich weiß, warum die das machen, die wollen einen schönen Rausch haben. Das ist nicht gesund. Die könnten auch zum Baumarkt fahren, Nägel, Hammer und Holz kaufen und sich ein kleines Haus bauen.
Max: Also ich würde eher Decken kaufen und in der Bushaltestelle schlafen.
Der Bürgermeister in Mitte sagt: Eigentlich müsste man die Obdachlosen und ihre Zelte wegräumen. Die sollten besser in Notunterkünfte gehen.
Milan: Ich finde, die Obdachlosen dürfen selber entscheiden, wo sie schlafen sollen.
Und wenn der Bürgermeister sagt, sie dürfen das da nicht?
Max: Die Obdachlosen sind genauso wichtig wie der Bürgermeister. Sie müssen nicht auf ihn hören, sie sind ja nicht seine Diener. Das müssen sie dann sagen. Oder eine Demo machen.
Albert: Ich kann verstehen, warum sie nicht in Notunterkünfte wollen, da wird geklaut. Manche beklauen Obdachlose, das ist echt feige, das macht man einfach nicht.
Lenja: Ich finde es gemein, wenn der Bürgermeister die wegschickt, weil die wollen ja auch einfach nur wohnen, nur dass sie es nicht können, weil sie kein Geld haben.
Vera: Im Sommer können sie draußen bleiben. Aber im Winter sollten sie vielleicht wirklich in so eine Unterkunft gehen. Auf der Straße werden sie auch beklaut. Die merken auch gar nicht, wenn es ihnen draußen ganz schlecht geht und nehmen noch mehr Alkohol.
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