Schuldenkrise in Kuba: Russland verzichtet auf Altschulden
Die Pro-Kopf-Verschuldung Kubas ist die höchste der Welt. Nun sorgt Russland für Entlastung. Die Regierung in Havanna hat auch mit anderen verhandelt.
HAMBURG taz | Russland verzichtet gegenüber Kuba auf Altschulden in Höhe von umgerechnet 29 Milliarden US-Dollar. Im Gegenzug bekennt sich Kuba zu Restschulden von 3,2 Milliarden US-Dollar und sichert zu, diese binnen zehn Jahren in jährlichen Raten von 320 Millionen US-Dollar zu bedienen.
Dieses vorläufige Ende einer langen Schuldenkrise zwischen den beiden Ländern zeichnet sich jetzt ab. „Raúl Castro hat seit seiner Amtsübernahme darauf gedrängt, Kubas Finanzpolitik auf eine neue Basis zu stellen. Die Verhandlungen über die Altschulden sind ein Teil davon“, erklärt Omar Everleny Pérez, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Havanna.
Nun fehlt nur noch die Zustimmung der russischen Duma, nachdem die Verträge im Februar beim Kuba-Besuch von Premier Dmitri Medwedjew ausgehandelt und ganz diskret im Oktober in Moskau unterzeichnet wurden.
Zwanzig Jahre lang war es Moskau nicht gelungen, sich mit Havanna über die Modalitäten für die Altschulden aus sowjetischer Zeit zu einigen. Den Unterhändlern war irgendwann klar, dass auf der ökonomisch latent kriselnden Insel nichts zu holen war. Insofern ist der Vertrag ein Kompromiss für die Zukunft.
Mexiko und China
Dafür wurde Staatsratspräsident Raúl Castro im Juli 2012 in Moskau vorstellig, um die Beziehungen auf eine neue Basis zu stellen. Seitdem hat Havanna Flugzeuge und Ausrüstungen geordert, neue Kreditlinien zur Verfügung gestellt bekommen und russische Touristen in Empfang genommen. Für beide Seiten würde der Deal ein leidiges Thema beenden.
Doch nicht nur in Moskau war Havannas Zentralbank erfolgreich, auch mit Mexiko wurde Anfang November eine Einigung über die Bedienung von Altschulden in Höhe von 487 Millionen US-Dollar erzielt. Mexiko verzichtet auf siebzig Prozent der Summe, Kuba stottert die restlichen dreißig Prozent in den nächsten zehn Jahren ab. Auch mit China, wo Kuba mit rund 6 Milliarden US-Dollar in der Kreide stehen soll, und mit Japan wurden Umschuldungen vereinbart.
Ziel der Kubaner ist es, nicht länger als Paria auf den internationalen Finanzmärkten angesehen zu werden, so urteilen kubanische Finanzexperten wie Pavel Vidal, einst an der Zentralbank Kubas beschäftigt und heute an der Universität Javeriana im kolumbianischen Cali.
DDR-Schulden noch offen
Generell ist Kuba auf einem guten Weg. Das zeigt auch der Besuch zweier Finanzexperten vom Club of Paris, in dem sich zahlreiche Gläubigernationen zusammengeschlossen haben, die im Sommer in Havanna weilten. Ob dabei über Modalitäten einer Umschuldung oder gar eines Schuldenerlasses diskutiert wurde, ist unklar.
Unstrittig ist, dass Havanna aufgrund der schwierigen ökonomischen Situation kaum in der Lage ist, seine Altschulden zu bedienen. Auch die im Jahr 2000 umgeschuldeten Verbindlichkeiten gegenüber der DDR, rund 115 Millionen Euro, sind in der Vergangenheit laut dem Bundeswirtschaftsministerium nicht immer regelmäßig bedient worden.
Auf die Frage, ob Berlin Kuba ein Teil der Summe erlassen würde, war gestern jedoch keine Antwort mehr zu erhalten.
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