Schuldenbremsen-Politik in Hamburg: Unterm Damoklesschwert des Senators

Hamburg plant für 2024 nur mit 1,5 Prozent Tarifsteigerung. Viel zu niedrig, kritisieren Linke und DGB. Außerdem sollen neue Regeln Kosten bremsen.

Menschen demonstrieren mit Schildern auf der Straße

Ab 2024 nur 1,5 Prozent Tarifanhebung? Beschäftigte müssen wohl wieder auf die Straße Foto: Bodo Marks/dpa

Hamburg taz Mit „good news“ trat der Hamburger Senat bei der Vorstellung des Doppel-Haushaltes 2023/24 vor die Presse: Die Stadt hat weniger Schulden wegen Corona gemacht als befürchtet, die Steuern sprudeln wie vor der Krise. Und ab 2024 hält Rot-Grüne in Hamburg die Schuldenbremse ein – und setzt trotzdem Schwerpunkte bei Bildung, Mobilität, Kultur und Klima.

Dennoch schwört der Entwurf aufs Sparen ein. So soll künftig eine „Personalkostenbremse“ wirken. Dahinter verbirgt sich laut einem Papier, das der taz vorliegt, folgende Formel: Die Stadtoberen gehen davon aus, dass Hamburg jedes Jahr etwa 10.000 Einwohner hinzugewinnt. Pro 1.000 Menschen soll es nicht mehr als 34,5 neue Stellen geben. Da es aber vor allem mehr Kinder gibt, müssen die meisten Stellen mit Lehrkräften besetzt werden. Für anderes ist wenig übrig.

In der Pandemie war unstrittig, dass den Bezirken Personal fehlt. Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) gleicht nun deren „Personalkostendefizit“ und das dreier weiterer Behörden noch mal aus. Doch fortan müssen alle „Entwicklungspfade“ vereinbaren, damit das Personal nicht stärker wächst als die Bevölkerung.

Analog dazu hob der Senat bereits die „Raumkostenbremse“ aus der Taufe, um die Mietkosten zu drosseln. Die Stadt setzt auf Digitalisierung, Homeoffice und effiziente Nutzung. Büroräume seien künftig „Begegnungswelten der Kollaboration“. Was das bedeute, müsse verhandelt werden, sagt Ver.di-Sekretärin Sabine Meyer. Aus Beschäftigtensicht seien beide Bremsen „Damoklesschwerter“.

Drei Prozent Sparquote für jedes Ressort

Es gibt weitere Sparschrauben: Jede Behörde soll drei Prozent „globale Minderkosten“ erwirtschaften. Die Pläne dazu kommen im September. Hier bangen zum Beispiel die Anbieter der offenen Kinder- und Jugendarbeit um ihre Finanzierung. Solche Quoten bewirkten, dass freie Stellen nur schleppend besetzt werden, sagt Norbert Hackbusch, Finanzpolitiker der Linken. Das gehe „zu Lasten der übrigen Beschäftigten und der öffentlichen Aufgaben“.

Das heißeste Eisen im Haushaltsplan berührt die Inflation: Die Personalkosten basierten auf den aktuellen Tarifanpassungen bis 2023, heißt es dort – und ab 2024 auf einer „Steigerungsrate von 1,5 Prozent“. Das nennt Hackbusch angesichts von sieben Prozent Inflation einen „direkten Angriff auf die Beschäftigten“. Entweder sollte die Inflation nicht ausgeglichen werden, oder die Behörden würden dafür zum Stellenabbau gedrängt.

„Wenn der Senat mit Tarifabschlüssen von 1,5 Prozent rechnet, bedeutet das de facto einen Reallohnverlust“, sagt auch die Hamburger DGB-Vorsitzende Tanja Chawla und verweist darauf, dass die Verhandlungen für 2023 noch ausstehen.

Und wenn die Tarifsteigerung 2024 höher ausfällt? Prognosen hierzu seien derzeit „spekulativ“, teilt die Finanzbehörde mit. Es bleibe abzuwarten, welche Abschlüsse erzielt werden. Die Behörden seien im Übrigen schon jetzt aufgefordert, „Konzepte zur Bewirtschaftung“ zu entwerfen.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.