Schriftsteller und Schauspieler: Harry Rowohlt ist tot
Er war der Obdachlose in der „Lindenstraße“, hatte eine unverwechselbare Stimme und übersetzte die „Grüne Wolke“: Harry Rowohlt ist mit 70 Jahren gestorben.
Harry Rowohlt galt als Multitalent. Er war Übersetzer zahlreicher Bücher aus dem Englischen, Vorleser, Autor, Original, Botschafter des irischen Whiskeys und seit 20 Jahren der „Penner“ aus der Dauerserie „Lindenstraße“. Seine Markenzeichen waren die widerspenstige Mähne und der eindrucksvolle Bart.
Geboren wurde Harry Rowohlt am 27. März 1945 in Hamburg als Sohn des Verlegers Ernst Rowohlt und der Schauspielerin Maria Pierenkämper. Nach dem Abitur war er Lehrling im Suhrkamp Verlag. Danach volontierte er kurz im Rowohlt Verlag und fand es „schrecklich“, wie er wiederholt erzählte. Gegen den Willen des Vaters stieg er danach nicht ins Familienunternehmen ein, sondern ging für eine Weile nach Amerika. Zurückgekehrt nach Deutschland verdiente er sich seinen Lebensunterhalt zunächst mit Werbetexten.
Mit der Übersetzung des Kinderbuches „the last man alive“ wurde er schlagartig bekannt. Unter dem Titel die „Grüne Wolke“ schaffte das Werk als erstes Kinderbuch 1971 den Sprung in die Spiegel-Bestsellerliste. Rowohlts Übersetzungen von „Winnie-the-Pooh“ (Pu der Bär) wurden ebenfalls hoch gelobt, wie seine Übertragungen amerikanischer Literatur ins Deutsche. Als Kolumnist und Vortragskünstler war Rowohlt viele Jahre fast ebenso gefragt wie als Übersetzer.
Rowohlt, der mit seiner Frau Ulla in Hamburg-Eppendorf lebte, wurde auch als Vorleser und Schauspieler einem großen Publikum bekannt. So wurde er unter anderem für sein sechsteiliges Hörbuch „Pu der Bär“ ausgezeichnet, außerdem erhielt er den Sonderpreis des Deutschen Literaturpreises für sein Gesamtwerk.
Im Fernsehen war Rowohlt seit vielen Jahren in der Dauerserie „Lindenstraße“ zu sehen – als Penner Harry. Die Rolle erhielt er, weil er auf die Frage einer Zeitschrift nach seinem Lieblingsrestaurant vom „Akropolis“ in der „Lindenstraße“ sprach. Der Witz war folgenreich: Rowohlt erhielt die kleine Rolle und wurde festes Ensemblemitglied.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Historiker Traverso über den 7. Oktober
„Ich bin von Deutschland sehr enttäuscht“
Grünen-Abgeordneter über seinen Rückzug
„Jede Lockerheit ist verloren, und das ist ein Problem“
Elon Musk greift Wikipedia an
Zu viel der Fakten
Hoffnung und Klimakrise
Was wir meinen, wenn wir Hoffnung sagen
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Das Weihnachten danach
Der Fall von Assad in Syrien
Eine Blamage für Putin