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Schonfrist für die PDS ist vorbei

■ Noch immer hat die PDS keinen Kandidaten für den wichtigen Berliner Wahlkreis Mitte/Prenzlauer Berg. Basis liest Parteivorstand die Leviten

Berlin (taz) – „Mich kotzt da alles an!“ Für Klaus Lederer, Bezirskverordneter der PDS im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg und einer der jungen und zornigen Vertreter seiner Partei, ist die Schonfrist zu Ende. „In den letzten Jahren ist die Arroganz und Ignoranz beim Parteivorstand gewachsen“, sagte er seinem Parteivorsitzenden Lothar Bisky am Samstag ins Gesicht.

Bisky hatte keinen leichten Stand bei seinem Ausflug nach Prenzlauer Berg. Grund für den Aufstand der Basis war die bislang erfolglose Suche des Bundesvorstands nach einem prominenten Kandidaten für den Berliner Wahlkreis Mitte/Prenzlauer Berg. In dem Wahlkreis, den 1994 der Schriftsteller Stefan Heym gegen den SPD-Kandidaten Wolfgang Thierse gewonnen hat, wird wohl auch im September über den Wiedereinzug der PDS in den Bundestag entschieden. Entsprechend groß war der Druck, unter den sich die Parteispitze gesetzt hat. Ein prominenter, ein überraschender Kandidat sollte es sein; einer, der der bundespolitischen Bedeutung dieses Wahlkreises gewachsen ist.

Doch daran glaubt an der Basis keiner mehr. Obwohl die Parteiführung angekündigt hatte, am Wochenende einen Kandidaten zu nennen, stand Parteichef Bisky vor den Bezirksgenossen einmal mehr mit leeren Händen da. „Ich kann euch ja verstehen“, versuchte er den Ärger an der Basis zu dämpfen, „aber wir verhandeln noch. Und Namen kann ich nicht nennen.“ Genau die wollte die Hauptversammlung Prenzlauer Berg aber hören. Immerhin sollten die 61 Delegierten jene Mitglieder benennen, die auf einer gemeinsamen Vertreterkonferenz mit Mitte die Kandidatur schlußendlich absegnen sollen.

Namen nennt nun – ganz zum Ärger der Genossen von der Parteispitze – die Basis. „Wenn es wirklich der Arbeitslosenpräsident Klaus Grehn sein sollte“, so ein Bezirksfunktionär, „dann stellen wir unseren eigenen Kandidaten auf.“ Die Drohung, einem ungeliebten Namen des Parteivorstands mit einem Kandidaten der Basis zu begegnen, war ernst gemeint. Per Beschluß verpflichtete die Hauptversammlung Prenzlauer Berg den Parteivorstand, bis zum 16. März einen „tragfähigen“ Kandidaten zu nennen. Andernfalls begebe sich der Bezirksvorstand selbst auf Kandidatensuche. „Warum soll sich die Basis am Ende nicht zwischen mehreren Vorschlägen entscheiden dürfen“, unterstützt auch der Kreisvorsitzende Prenzlauer Berg, Michael van der Meer, die Option einer nunmehr offenen Kandidatensuche.

Bisky übte sich unterdessen immer noch in Zweckoptimismus. „Für die PDS“, sagte er, „wird sich in wenigen Tagen eine Person bewerben, die geeignet ist, die Wahl gegen Thierse, Nooke und Birthler zu gewinnen.“ Uwe Rada

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