Schock nach US-Wahl: Wir dürfen die Hoffnung nicht aufgeben
Die Nachricht von Trumps Wiederwahl hat viele geschockt. Er wird die multiplen Krisen in der Welt nicht mildern, sondern verstärken. Wie bloß weitermachen?
A ls am Mittwochmorgen klar wurde, dass Donald Trump die US-Wahl haushoch gewonnen hat, fing ich an zu putzen. Ich faltete die Wäsche und räumte sie in die Schränke, ich sortierte die Zeitschriften und wischte die Tische. Ich staubsaugte die Wohnung, ich wischte sogar den Boden, ich hatte frei, und das schaffen wir sonst nicht so oft. Wenn schon die Welt da draußen ins Chaos schlittert, möchte ich wenigstens zu Hause das Gefühl haben, alles ist in Ordnung. Es hilft mir, nicht ganz in der Trübsal zu versinken.
Das will ich nicht, auch wegen der Kinder. Eine der ersten Fragen, die mir nach der Nachricht vom Wahlsieg Trumps in den Sinn kam, war diese: Wie können wir den Kindern jetzt noch Zuversicht vermitteln?
Realistisch betrachtet wird der Kampf gegen die Klimakrise noch mal um einiges schwerer. Trump wird vermutlich hart gegen Migrant*innen vorgehen und gegen politisch Andersdenkende. Ob die US-amerikanische Demokratie seine Amtszeit übersteht, ist längst nicht ausgemacht. Er wird sich voraussichtlich auch aus internationalen Verträgen verabschieden. Seine Wiederwahl ist ein schwerer Schlag für die USA und für die gesamte westliche Welt.
Ohne Hoffnung erstarrt man
Die Kinder sind alt genug, um das zu begreifen. Und doch möchte ich ihnen Hoffnung machen, dass es schon nicht so schlimm kommt. Ich wehre mich dagegen, ihnen zu sagen: Alles wird scheiße. Schließlich geht es im Wesentlichen auch um ihre Zukunft, um die Welt, in der sie leben werden. Dass sie die gut gestalten können, diesen Mut will ich ihnen nicht nehmen.
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Ohne Zuversicht geht es nicht. Das gilt für die Kinder, aber wenn man ehrlich ist, auch für uns Erwachsene. Man braucht schon ein bisschen Optimismus, ein wenig Hoffnung, um weiterzumachen, um die Dinge anzugehen. Ansonsten verharrt man, erstarrt man.
Im eigenen Umfeld lässt sich der Schwermut leichter entkommen. Das Chaos in der Wohnung kann man beseitigen. Man kann glückliche Momente schaffen, etwa mit Freund*innen oder der Familie. Man kann bei der Arbeit etwas Tolles auf die Beine stellen, etwas Gutes bewirken. Es fällt leichter, positiv in die Zukunft zu schauen, wenn man im Kleinen erlebt: Das Leben ist auch schön, und wir können etwas dafür tun, dass das so ist.
Gesamtgesellschaftlich sieht das anders aus. Die Klimakrise, die Kriege und die Wirtschaftskrise haben Spuren hinterlassen, die Deutschen blicken heute pessimistischer in die Zukunft als noch vor ein paar Jahren: 2020 sagten in einer Umfrage 58 Prozent, bei ihnen überwiege die Zuversicht, inzwischen stehen für 54 Prozent die Sorgen im Vordergrund. Knapp die Hälfte der Deutschen glaubt, dass es ihnen in zehn Jahren schlechter gehen wird als jetzt.
Die multiplen Krisen lösen Ohnmachtsgefühle aus, dem etwas entgegenzusetzen ist viel schwieriger als im Privaten. Es gibt viele, die manchmal bewusst keine Nachrichten konsumieren, weil sie die schlicht nicht mehr ertragen.
Wir haben es zuvor schon überlebt
An Trumps Wahlsieg werden aber auch diese Menschen nicht vorbeikommen. Wie nun also damit umgehen? Ein Kollege erzählte, im Familienchat habe angesichts der Schocknachricht irgendwann jemand sinngemäß geschrieben: Wir haben das schon mal vier Jahre überlebt, wir werden es wieder überstehen.
Man kann das naiv finden, verharmlosend. Aber wahrscheinlich ist so ein Zweckoptimismus in dieser Situation genau das Richtige. Er ist jedenfalls allemal besser, als sich ganz vom politischem Geschehen abzuwenden. Denn auch hierzulande steht ja nun bald eine Neuwahl an, auch hier müssen wir einen Umgang finden mit all jenen, die mit dem politischen System fremdeln und Protestparteien wählen. Die Hoffnung aufzugeben, dass dabei noch etwas zu retten ist, wäre die schlechteste Option.
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