Schließung von US-Botschaften: Raus aus dem Jemen
Ein mitgeschnittenes Telefonat zwischen Al-Qaida-Größen hat offenbar zur Schließung von US-Landesvertretungen geführt. Nun ziehen die USA Botschaftsmitarbeiter ab.
WASHINGTON ap/dpa | Ein Telefonat zwischen Al-Qaida-Chef Ajman al Sawahri und dem Leiter seiner Organisation im Jemen hat die USA zu dem großen Terroralarm bewogen, wegen dem bis kommenden Samstag 19 diplomatische Vertretungen geschlossen wurden. Das erfuhr die Nachrichtenagentur AP aus US-Geheimdienstkreisen und von einem nahöstlichen Diplomaten.
Die USA und Großbritannien forderten am Dienstag ihre Bürger zum sofortigen Verlassen des arabischen Landes auf. London zog das Personal seiner Botschaft in der jemenitischen Hauptstadt Sanaa vorübergehend ab, Washington ordnete die Ausreise aller Botschaftsmitarbeiter an, die nicht dringend benötigt werden. Das US-Außenministerium begründete die Maßnahmen mit einer „hochgradigen Sicherheitsbedrohung“.
Die vor einigen Wochen abgefangene Botschaft war an den Chef der Al-Qaida auf der arabischen Halbinsel, Nassir al Wahischi, gerichtet und schien sich zunächst lediglich mit speziellen jemenitischen Themen zu befassen.
Die Bedrohungslage wurde im Zuge der Ermittlungen auf amerikanische und andere westliche Einrichtungen ausgeweitet: Ziel eines Anschlags könnte eine einzelne Botschaft oder mehrere Vertretungen oder auch eine andere Einrichtung sein, sagten die Gewährsleute. US-Kongressabgeordnete haben gesagt, die Anschlagsplanung sei in der Endphase gewesen, haben aber keine Details genannt.
Namen von gesuchten Al-Qaida-Mitgliedern veröffentlicht
Al-Sawahris Telefonat mit Wahischi veranlasste die USA am Sonntag zur Schließung von fast zwei Dutzend diplomatischen Vertretungen von Mauretanien in Westafrika bis über den Nahen und Mittleren Osten nach Bangladesch und Richtung Süden bis Madagaskar. 19 Vertretungen bleiben bis kommenden Samstag geschlossen, stark befestigte Botschaften wie in Kabul und Bagdad wurden wieder geöffnet.
Jemenitische Behörden veröffentlichten unterdessen die Namen von 25 gesuchten mutmaßlichen Al-Qaida-Mitgliedern. Diese Verdächtigen planten in Sanaa und anderswo im Land Terrorangriffe auf „ausländische Büros und Organisationen und jemenitische Einrichtungen“. Die jemenitische Regierung erhöhte am Montag die Sicherheitsmaßnahmen für Regierungseinrichtungen und an Kontrollpunkten.
US-Regierungsvertreter wollen nicht sagten, welcher Geheimdienst – CIA, NSA, DIA oder ein anderer – den Telefonanruf Al-Sawahris entdeckt habe. Aus US-Geheimdienstkreisen verlautete aber, dass die von Geheimdienst-Enthüller Edward Snowden öffentlich gemachten Spähprogramme keine Rolle bei dem ersten Hinweis spielten. Erst als die Verschwörung aufgedeckt worden sei, konnten mit der Telefon- und Internetdatenerfassung der NSA weitere Einzelheiten ermittelt werden, hieß es weiter.
Die Schließung der US-Vertretungen bis Samstag fällt in die Zeit des 15. Jahrestags der Anschläge auf US-Botschaften in Kenia und Tansania am 7. August 1998. Im Jemen wurden auch die deutschen und britischen Botschaften geschlossen. Norwegen schränkte den Zugang zu 15 Botschaften im Nahen Osten und Afrika ein.
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