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Schlechtes WahlergebnisZweckoptimismus beim BSW

Nach dem Höhenflug im vergangenen Jahr muss die Wagenknecht-Partei darum zittern, ob sie weiterhin Abgeordnete im Bundestag stellen wird.

Sahra Wagenknecht, Parteivorsitzende vom Bündnis Sahra Wagenknecht BSW, geht bei der Wahlparty vom BSW über die Bühne Foto: Jens Büttner/dpa

Berlin taz | „Wir werden noch zittern müssen“, sagte Sahra Wagenknecht, als sie am Sonntagabend um 18.30 Uhr vor ihre Anhänger trat. Es könne in den nächsten Stunden noch hoch und runter gehen, mahnte sie. Nach den unterschiedlichen Hochrechnungen um 19 Uhr von ZDF lag das BSW zu diesem Zeitpunkt bei fünf Prozent.

Das ersehnte Ampel-Aus habe die Partei auf dem falschen Fuß erwischt, gab Wagenknecht zu. Man habe aber auch alles versucht, „uns niederzuschreiben und kleinzumachen“, sagte sie. Doch das Ergebnis zeige nun, dass das BSW einen Nerv treffe und eine Repräsentationslücke fülle. „Neben der AfD sind wir die Einzigen, die auch von denen gewählt werden, die nicht auf der Sonnenseite des Lebens geboren werden“, sagte Wagenknecht. „Selbst wenn es am Ende nicht reicht, dann ist es eine Niederlage, aber es ist nicht das Ende des BSW“, betonte sie.

Im Wahlkampf hatte Wagenknecht auf den letzten Metern die Medien und andere Mächte für den Absturz ihrer Partei in den Umfragen verantwortlich gemacht. Auf ihrer Abschlusskundgebung am Donnerstag vor dem Brandenburger Tor in Berlin beklagte sie vor rund 800 Anhängern eine „Kampagne gegen uns“. Ihre Partei würde „runtergeschrieben“. Im Podcast „ungeskripted“ des E-Commerce-Unternehmers Ben Bernd, dessen Gespräch mit Wagenknecht kurz vor der Wahl veröffentlicht wurde, ging sie noch weiter und behauptete, die Umfragen würden manipuliert. „Die Medien“ würden „auf der Seite der Macht stehen“ und wollten sie aus dem „Bundestag raushaben“ und gar „killen“ wollen, weil sie mächtigen Interessen etwa der Waffenlobby entgegenstehe. Der deutsche Verfassungsschutz und auch andere Geheimdienste seien möglicherweise „sehr interessiert daran“, Parteien wie die ihre zu sabotieren, raunte sie.

Grimmiger Zeckoptimismus statt Euphorie

Noch am Sonntagnachmittag hatte Sahra Wagenknecht in den sozialen Medien versucht, ihre Anhänger zur Wahl zu motivieren. „Man versucht wirklich alles, um #BSW aus dem Bundestag zu drängen“, schrieb sie auf X. Auf der Plattform kursierten Prognosen, „die uns sehr niedrige Werte geben, um Leute von der Wahl abzuhalten“. Das sei ein „Fake“. Nach den ersten Hochrechnungen am Abend waren die Werte tatsächlich besser.

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9 Kommentare

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  • "Der deutsche Verfassungsschutz und auch andere Geheimdienste seien möglicherweise „sehr interessiert daran“, Parteien wie die ihre zu sabotieren, raunte sie."

    Einmal stramm gestanden und den Aluhut aufgesetzt, die große Parteivorsitzende mit geknickten Ego spricht zum Fußvolk.

  • Ironisch: Frau Wagenknecht hatte sich mal mit ihrer Ex-Partei Die Linke zerstritten, weil sie dieser vorgeworfen hat, sich zu wenig um klassische linke Themen zu kümmern. Ein Vorwurf, an dem damals auch durchaus etwas dran war.

    Und jetzt war es bei dieser Wahl ausgerechnet die Partei von Wagenknecht, die klassisch linken Themen eine untergeordnete Rolle gegeben hat, während Die Linke den Vorschlag jetzt ohne Frau Wagenknecht befolgt und damit stärker als das BSW abgeschnitten hat.

    Und jetzt fängt Frau Wagenknecht an derartig stark mit dem Vorwurf von Verschwörungen gegen ihre Person um sich zu werfen, wie man das sonst nur von Trump kennt.

  • Sarah Wagenknecht nominiert für die "Beleidigte Leberwurst des Jahres 2025"

    Das sie das Wahlergebnis nun auch noch anzweifelt und prüfen lassen will passt zu Ihr wie die Faust aufs Auge.

  • Dann hoffe ich mal, dass die Linke jetzt bei der Mitgliederaufnahme aufpasst. Nicht dass Sarah sich jetzt wieder in die Linke hinein beantragt. 😁



    Obwohl ich mir gestern Abend schon ein wenig gewünscht habe, dass das BSW es hinein schafft. Allerdings nur damit Merz und Söder mit Rot UND Grün regieren müssen. 😉

    • @Nansen:

      Das mag man jetzt auf einer Ebene durchaus nachvollziehen, aber 5% mehr für das „rechte“ Lager (hier weitergefasst) möchte ich dann ganz sicher nicht haben. Und ich würde Encantado sofern zustimmen, als das es eher mehr Probleme nach sich ziehen dürfte.



      Da ist der sozial regressive Wunsch nach „Bestrafung“ mehr ein abzulehnender Reflex. Verbuch es auch eher als Erfolg das eine Populistenpartei mit wohl rechtswidriger zwei Klassen Kaderstruktur taz.de/Leak-zu-Zwe...beim-BSW/!6071183/ scheitert. Im Wahlkampf konnt man ja sehen das es generell an Populisten und Populismus nicht mangelt, und in Verbindung mit dem Wahlergebniss dürfte es die Gesellschaft eher schneller statt langsam zerlegen.

      Claus Leggewie erläutert das Elend auch ganz passend taz.de/Schwierige-...in-Sicht/!6068311/. Was mir aber bei Encantado fehlt ist die Betrachtung der Wähler, die in der Vergangenheit im Kälbermarsch www.youtube.com/watch?v=v3fizKhHvF0 ganz schön gefasst wurde. Das sieht heute ähnlich aus wenn man z.b. Wählerbefragungen anschaut.

      • @serious?:

        Keine Sorge. Dieser kleine gemeine Wunsch war nur wegen Söder da. 😁 Und auch nur ganz kurz.



        Allerdings fürchte ich, dass die nächsten vier Jahre trotzdem nicht ruhig werden. In Söder steckt eine Menge Lindner-Potenzial.

    • @Nansen:

      "Obwohl ich mir gestern Abend schon ein wenig gewünscht habe, dass das BSW es hinein schafft. Allerdings nur damit Merz und Söder mit Rot UND Grün regieren müssen."



      Oder eben dann doch zumindest bei einigen Abstimmungen mit der AfD.



      Genau dieses Parteigezänk und die zugehörige Denke hat doch entscheidend zur Misere beigetragen!

  • "Selbst wenn es am Ende nicht reicht, dann ist es eine Niederlage, aber es ist nicht das Ende des BSW“, betonte sie."

    Stimmt, jetzt folgt der langsame Abstieg in die Bedeutungslosigkeit. Sarah war schon in Die Linke eine Rohrkrepiererin.

    Aber das ist auch gut so. Wir haben mit der AfD ohnehin schon eine fünfte Kolonne zuviel.

  • Nach der Lektüre ihres Buchs "Die Selbstgerechten", sicherlich eine der besten Gesellschaftsanalysen der Republik der letzten 20 Jahre, war ich absolut auf der Seite von Wagenknecht.

    Dann kam ihre Außenpolitik. Da musste ich dann leider Abstand nehmen, insbesondere als das BSW die Antisemitismus-Resolution des Bundestags nicht unterschrieben hat.