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Schlagende Türen im Supermarkt

Bewegungsmelder an automatischen Eingängen ignorieren kleine Kinder  ■ Von Kaija Kutter

Moderne Supermärkte sorgen sich schon um ihre allerkleinsten KundInnen. Bereits am Eingang von MiniMal, Eurospar oder Edeka stehen Schlangen von Mini-Einkaufswägelchen, die schon von Zweijährigen durch die Gänge geschoben und mit Süßem gefüllt werden können. Vorbei ist der Spaß jedoch, wenn Töchterchen zu langsam durch den Eingang tippelt. Rrrumps, schwenkt der Metallbügel an Kleinkinds Kopf. Klar, dass da geheult wird.

Weil ihr dies gleich zweimal passierte, hat Töchterchen vor diesen Schranken gehörigen Respekt. Doch ein Jahr später, mit 97 Zentimetern immer noch nicht groß, dafür aber so eigenständig, dass sie beim Verlassen des Marktes nicht mehr von den Eltern getragen werden möchte, kommt ein neues Problem hinzu: Der Bewegungsmelder der automatischen Ausgangstür bemerkt die Kleine nicht. Zwei Schritte trottet sie hinter Mutter und Einkaufswagen her, und der motorbetriebene Hebel schlägt ihr die Tür vor der Nase zu. Und auch mit aller Kraft kriegt die Dreijährige sie nicht auf. Seither hält die junge Kundin Abstand von allem, was automatisch auf und zu geht. Zugegeben, verletzt wurde sie bisher nicht. Aber Bequemlichkeit für die Allgemeinheit geht hier auf Kosten kindlicher Bewegungsfreiheit.

Besagte Ausgangstür befindet sich an einem Miminal-Markt in Rahlstedt, hergestellt von der Hamburger Firma „Dorma“. „Eigentlich reicht der Bewegungsmelder bis zum Fußboden“, versichert „Dorma“-Mitarbeiter Rainer Szymczak auf Nachfrage. Würden Kinder nicht erfasst, sei dieser „nicht richtig eingestellt“.

Gemäß der „Richtlinien für kraftgesteuerte Türen“, so ist auch am Eingang des Aldi-Markts an der Rahlstedter Höhe zu lesen, werde diese Tür einmal jährlich überprüft. Trotzdem ignoriert das neue Modell vom Typ „Power Swing“, hergestellt von der süddeutschen Firma Besam, kleine Größen.

Einer, der regelmäßig Türen in Supermärkten checkt, ist Wolfgang Mohr von der Harburger Wartungsfirma „Bemo“. Bei älteren Türen, so räumt Mohr ein, sei es schon möglich, dass Kinder nicht bemerkt werden, bei neueren hingegen nicht: „Der Raum wird ständig vom Radar neu gemessen.“ Aber auch bei diesen könnten „Breite, Tiefe und Höhe“ variiert werden. Die Türen seien aber allesamt mit einer „Revisierung“ versehen, „wenn da ein Fuß zwischen kommt, wird der nicht eingequetscht“. Der Techniker erinnert einen Fall, bei dem ein Kind auf der Kante einer Drehtür stand und sich den Finger klemmte, aber das war seiner Meinung nach „Vernachlässigung der elterlichen Aufsichtspflicht“.

Und die staatliche Aufsicht? Von sich aus kümmern sich Hamburger Behörden nicht um Töchterchens Eingangsproblem. Wenn automatische Türen eine bundesweit erteilte „Zulassung“ haben, können sie überall eingebaut werden, erklärt Rainer Schönbeck von der Wandsbeker Bauprüfabteilung. Beschweren sich Bürger, würden die örtlichen Bauprüfer einzelne Türen angucken. Am besten aber, so Schönbeck, wende man sich an die Marktleiter: „Die haben ja ein Interesse an zufriedenen Kunden.“

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