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Schattenbericht zur Entwicklungshilfe„Das ist ein Skandal“

Beim Etat für die deutsche Entwicklungsarbeit herrscht Nullwachstum. Die Hilfsorganisationen sind schwer enttäuscht. Eine Zukunftscharta soll helfen.

Der Welt-Hunger-Index 2012. Bild: dpa

BERLIN kna | Hilfsorganisationen haben die Bundesregierung zu mehr Einsatz in der Entwicklungspolitik aufgefordert. Der deutsche G7-Vorsitz, die anstehenden globalen Nachhaltigkeitsziele und die UN-Klimakonferenz in Paris markierten die notwendigen entwicklungspolitischen Weichenstellungen im kommenden Jahr, erklärten die Welthungerhilfe und Terre des Hommes am Donnerstag in Berlin.

Bei der Vorstellung des 22. „Schattenberichts“ zur deutschen Entwicklungspolitik beklagten die Verbände ein Nullwachstum des zukünftigen Entwicklungsetats, das 0,38 Prozent des Bruttoinlandsprodukts betrage. Ziel müsse weiterhin die Steigerung der Entwicklungsmittel auf 0,7 Prozent bleiben, so der Generalsekretär der Welthungerhilfe Wolfgang Jamann.

Hoffnung setzen die Verbände auf die Zukunftscharta, die Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) am 24. November vorstellen will. Es müsse dazu aber eine konsequente Neuausrichtung des Entwicklungsministeriums geben, damit es tatsächlich ein Ministerium für globale Zukunftsfragen sein könne. Ansonsten werde die Charta ohne große Wirkung verpuffen, befürchtet Terre-des-Hommes-Vorstand Danuta Sacher.

Auf Initiative von Minister Müller soll die Zukunftscharta „EINEWELT – Unsere Verantwortung“ allgemein verbindliche Entwicklungsziele festlegen. Diese sollen Handlungsgrundlage für das Entwicklungsjahr 2015 bilden und ein Beitrag zur Weiterentwicklung der Millenniumsziele der Vereinten Nationen sein. Im Vorfeld finden dazu zahlreiche Veranstaltungen im Bund, in den Ländern und in den Kommunen statt. Bürger können online unter zukunftscharta.dehttp://www.zukunftcharta.de mitdiskutieren. Beteiligt sind auch Wissenschaftler sowie Vertreter der Kirchen und der Wirtschaft.

Unterdessen fordert auch der Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen (Venro) die Regierung dazu auf, deutlich mehr in die Entwicklungspolitik zu investieren. Die Bundesregierung habe sich im Rahmen des EU-Stufenplans verpflichtet, bis zum Jahr 2015 einen Anteil von 0,7 Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE) für Entwicklungszusammenarbeit zur Verfügung zu stellen.

Deutschland werde seiner Verantwortung nicht gerecht. Das sei ein Skandal angesichts dringender Aufgaben wie der Bekämpfung von Ebola, der syrischen Flüchtlingsdramatik oder weltweiter Ernährungsknappheit, so der Vorstandsvorsitzende von Venro, Bernd Bornhorst.

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2 Kommentare

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  • Gut, dass es Organisationen gibt, ,die die Lage unserer Entwicklungspolitik kritisch überprüfen.

    Seit Jahren gibt es ein Ministerium, das den Eindruck zu erwecken sucht, dass uns die soziale Lage auf der Welt von Bedeutung ist. Tatsächlich ist dieses Ministerium mit minimalen Mitteln ausgestattet, wenn wir uns vor Augen führen, dass knapp jeder 7. Mensch auf der Welt hungert.

    Der soziale Zustand auf der Welt erfüllt meines Erachtens nicht mehr die Maßstäbe des 21. Jahrhunderts. Mit unseren Mobiltelefonen, Computern, Autos und dem Überfluss in der westlichen Welt müsste eigentlich jeder gut versorgt sein. Doch das ist nicht der Fall.

    Andererseits scheint uns die traurige Lage in anderen Ländern nicht sehr zu berühren. Wir haben Angst, dass uns jemand unsere subjektiv beschränkten Mittel noch nehmen will. Nur so ist das zögerliche Agieren unserer Regierung in Bezug auf Aufnahme weiterer Flüchtlinge aus Syrien zu verstehen.

    Doch ich denke, das ist ein Irrglaube. Zu meinen, wir werden glücklich, wenn wir unsere Mittel nicht teilen. Länder wie Libanon, Jordanien und Türkei zeigen uns, wie groß unserer Spielraum zu helfen ist. Irgendwann werden diese Länder Anerkennung für ihre großzügige Hilfe bekommen.

  • Entwicklungshilfe ist genau dann eine sinnlose Bluttransfusion, wenn man dem Körper seine lebenswichtigen Organe entnommen hat, so das er ansich nicht mehr selbsttätig funktioniert, das sind die Resourcen der Völker und ihre eigenen Wirtschaftsstrukturen.