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Schalke verliert in SchönheitDie Defensivdeppen

Viel Haudrauf und wenig Taktik: Bei Bremens 5:1 gegen Schalke 04 überdeckt der Unterhaltungswert nicht einmal mehr notdürftig gewaltige taktische Defizite der Bundesliga-Elite.

Genoss es, offene Schalker Türen einzurennen: Sanogo kurz vor dem 2:0 für Bremen. Bild: dpa

Bremen taz Nach einer guten halben Stunde zeigte die Anzeigetafel im Bremer Weserstadion ein 5:3 für Schalke 04 an. Das galt zwar nur für das Eckenverhältnis, hätte zu diesem Zeitpunkt aber auch ohne weiteres den Spielstand dokumentieren können. Von Anfang an erinnerte das Spiel an die Verlängerung eines Pokalkrimis, in dem beide Mannschaften taktische Erwägungen und Mittelfeld längst aufgegeben haben und jeder Angriff in einer Torchance mündet. Der Unterhaltungswert so einer offenen Spielweise ist hoch. Wenn der sich aber in einem Duell um die deutsche Vizemeisterschaft zu einem Großteil taktischer Unzulänglichkeiten verdankt, wird klar, warum die Bundesliga in den letzten Jahren stets zugucken muss, wenn die Champions League entschieden wird.

Tatsächlich stand es nach einer halbe Stunde 2:0 für die Bremer, weil sie zumindest einen Teil der ihnen großzügig angeboten Einschussmöglichkeiten nutzten. Borowski und Frings adelten nach dem Spiel ihre vorher stark kritisierten Stürmer gar mit dem Prädikat "eiskalt." Das ist zwar übertrieben, dennoch genossen es Sanogo, Rosenberg und Klasnic sichtlich, endlich einmal nicht gegen Duisburger oder Bielefelder Beton anzulaufen, sondern offene Schalker Türen einzurennen.

Den Schalker Stürmern gelang es dagegen wieder einmal nicht, ihren Ruf als Chancenvernichter zu korrigieren. Kuranyi und Altintop versiebten fast jeden der Bälle, den das Mittelfeld in emsiger Laufarbeit nach vorne transportierte und trafen dazu noch auf einen glänzenden Tim Wiese, der später zum "Man of the Match" gewählt wurde. Nach einer Stunde zahlten die Schalker den Tribut für ihren Powerfußball und ermöglichten den Bremern, wieder spielerische Sicherheit zu gewinnen.

Bleibt die Frage, warum die Schalker ausgerechnet nach dem kräfteraubenden Barcelona-Ausflug einen laufintensiven und für den bisherigen Saisonverlauf atypischen Hurra-Stil zelebrierten. Der erfreute zwar die Zuschauer, musste aber fast zwangsläufig zum konditionellen Einbruch führen. Fast sah es so aus, als habe sich Trainer Mirko Slomka entschieden, in Schönheit unterzugehen. Nach dem Spiel zeigte er so deutlich wie selten, wie sehr ihn die Kritiker nerven, die ihm trotz hervorragendem Tabellenstand nüchternen Ergebnisfußball vorwerfen. "Ich habe keine Lust mehr mich zu verteidigen", giftete Slomka und legte damit gleichzeitig eine der prägnantesten Spielanalysen aller Zeiten hin: Von Verteidigung konnte bei seiner Mannschaft tatsächlich nicht die Rede sein.

Es war rührend, wie Werders Trainer Thomas Schaaf seinem Kollegen auf der Pressekonferenz zur Seite sprang. Sonst lehnen es Trainer immer ab, sich in die inneren Angelegenheiten anderer Vereine einzumischen und nur Peter Neururer bricht dieses ungeschriebene Gesetz der Branche regelmäßig. Diesmal sprach auch Schaaf Klartext und schimpfte: "Ich habe da kein Verständnis für, dass er immer wieder in Frage gestellt wird, dass er in der Kritik steht und dass man immer wieder an ihm kratzt."

Schaaf hat im Gegensatz zu Slomka den Kopf so frei, sich sogar über das Schicksal des größten Konkurrenten Gedanken zu machen - das zeigt, auf welche Qualitäten Werder im Saisonen-Endspurt zählen kann. Während sich Schalke und Hamburg in der entscheidenden Saisonphase in Trainerdiskussionen verstricken und selbst demontieren, wird an der Weser trotz Krisengerede im Umfeld ruhig weitergearbeitet. Schaaf war auch der einzige im Weserstadion, der sich das eigene Spiel nicht durch das Ergebnis schön reden ließ. Während sogar einige Journalisten bereits wieder vom "alten Werder" schwärmten, hob Schaaf zu Recht die "holprige Spielweise" in der ersten Stunde hervor.

Aber auch der genügsame Schaaf genoss das Bonbon, das der eingewechselte Ivan Klasnic seiner Mannschaft kurz vor Schluss spendierte. Mit einem Beinschuss düpierte er vor dem Treffer zum 5:1 seinen ehemaligen Mitspieler Mladen Krstajic, der vor Jahren gemeinsam mit Ailton dem Ruf Rudi Assauers ins Revier gefolgt war. "Ich habe ja lange mit Krstajic zusammengespielt, ich weiß, wie er funktioniert", sagte der Torschütze spitzbübisch und Kollege Fran Baumann analysierte zutreffend: "Ein typischer Ivan".

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