Schalke auf Trainersuche: Mächtiger Mitspieler

Auch der Boulevard macht sich dafür stark, dass bei Schalke der wenig charismatische Coach Jens Keller vom unerfahrenen Stefan Effenberg abgelöst wird.

Lässiger Schüler: Stefan Effenberg auf einem Trainerlehrgang. Bild: reuters

GELSENKIRCHEN taz | Extremsituationen in Trainerangelegenheiten sind nichts Neues für die Fußballprofis vom FC Schalke 04. Es ist nicht lange her, da verloren sie Ralf Rangnick, weil der ausgebrannt war, dann überwarf sich Huub Stevens derart mit der Mannschaft, dass eine Trennung die einzige Lösung blieb, und Felix Magath, von dem es heißt, er neige grundsätzlich zum Extrem, haben große Teile des Kaders auch noch lebhaft in Erinnerung.

Da erstaunt es kaum, dass sich jetzt wieder eine recht seltene Trainerkonstellation ergeben hat: Vieles deutet darauf hin, dass es die Mannschaft selbst in der Hand hat, ob sie auch mittelfristig unter dem Fußballlehrer Jens Keller, der im Winter als Zwischenlösung auf Stevens folgte, spielen darf. Keller und seine Spieler müssen in den letzten drei Saisonspielen, von denen das erste am heutigen Abend in Mönchengladbach stattfindet, Tabellenplatz vier verteidigen, dann könnte Keller sein Amt behalten. Andernfalls kommt wohl Stefan Effenberg.

Wobei die Effenberg-Sache mächtig an Fahrt aufgenommen hat in dieser Woche. Am Mittwoch hat Manager Horst Heldt sich nach Informationen der WAZ zu einem Vier-Augen-Gespräch mit dem ehemaligen Nationalspieler getroffen. Der Kandidat wurde mit dem Privatjet von Aufsichtsratschef Clemens Tönnies eingeflogen, auch der Fleischfabrikant mischt sich ja traditionell ein, wenn der FC Schalke einen Trainer sucht. Und er liebt große Namen.

In diesem Fall gibt es indes einen weiteren Mitspieler, der versucht, Einfluss zu nehmen. Denn eine Entscheidung für Keller, dem es ein wenig an Charisma mangelt, wäre eine Art Schreckensszenario für die Bild-Zeitung.

In den vergangenen Monaten litt die Ausgewogenheit der Berichterstattung in Deutschlands bevölkerungsreichster Region nämlich sehr, weil bei Borussia Dortmund ständig grelle Schlagzeilen produziert wurden, während es auf Schalke ganze Wochen gab, in denen es nichts Spannenderes zu berichten gab als das Neueste zur Genesung von Jefferson Farfan (der übrigens auch in Gladbach auszufallen droht).

Heldts Wunschkandidat: Streich

Das Interesse der bedeutsamen königsblauen Fraktion im Revier an einer Zeitung mit solch einem Ungleichgewicht ist naturgemäß nicht besonders groß. Insofern wäre der glamouröse, polarisierende und meinungsfreudige Effenberg ein Segen. Wie sehr sich das Boulevardblatt für Effenberg einsetzt, lässt sich am Inhalt der jüngsten Veröffentlichungen von Günter Netzer und Oliver Kahn im Bild-Umfeld ablesen.

Netzer behauptet in seiner Kolumne forsch: „Ja, das würde passen!“, und Kahn formulierte auf seinem Blog bei Bild.de:. „Ich kann mir gut vorstellen, dass Stefans Sieger-Mentalität für den Klub ein großer Gewinn ist.“ Effenbergs Mangel an Erfahrung könnte aufgefangen werden, indem Peter Herrmann, der gegenwärtige Assistent von Jupp Heynckes, Co-Trainer auf Schalke wird. Wobei Herrmann auch als möglicher Co-Trainer Kellers im gehandelt wird.

Erstaunlich ist, dass all diese Informationen an die Öffentlichkeit gelangten. Heldt sagt dennoch, Keller sei sein „erster Ansprechpartner“, während er Effenberg für einen „Trainer der Zukunft“ halte. Der Manager schätzt Keller sehr, aber er spielt auf Zeit und hält sich alle Optionen offen. Sollte Keller nämlich Platz vier verpassen, wäre er kaum mehr vermittelbar.

Der wahre Wunschkandidat Heldts war ohnehin ein anderer: der Freiburger Christian Streich. Im April gab es ein Treffen in Baden-Baden, aber Streich sagte ab. Während die Avancen an Streich geheim blieben, bis das Thema durch war, ist der Fall Effenberg zu einer hübschen Unterhaltungsserie geworden ist. Täglich gibt es eine neue Folge.

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