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Schäuble und Tsipras im WortgefechtDer Sturm, das Gewitter

Zwei Männer im Proszenium, Donnergrummeln, ein Streit: So entfaltet sich das Drama zwischen Schäuble und Tsipras – und ihr Dialog.

Bühnenbild mit Grrrr-Stimmung. Foto: dpa

Dorische Säulen zwischen Ruinen, trübes Licht. Zwei Männer sind im Proszenium. Der ältere namens Schäuble sitzt in einem zivil genutzten Streitwagen, der von Dienern in die Halle geschoben wurde. Tsipras, der jüngere, steht und schaut über die Landschaft, über der sich ein Gewitter zusammenzieht. Als Schäuble das Wort ergreift, dreht er sich um und wendet dem älteren den Blick zu.

Schäuble: „Mir tun die Griechen leid.“1)

Tsipras (scharf): „Es wäre besser, Völker zu bemitleiden, die mit hängendem Kopf gehen.“2)

Schäuble ist entrüstet, Widerspruch des Jüngeren will er nicht tolerieren. In der Ferne Donnergrollen. Auch dass der Jüngere seinem Blick standhält, gefällt ihm nicht. Seine Stimme klingt drohend:

„Sie haben alles Vertrauen zerstört. Das ist ein schwerer Rückschlag.“3) „Die, die entscheiden, haben sich nicht bewegt. Eher rückwärts bewegt. Deswegen bin ich nicht sehr zufrieden.“4)

Tsipras: „Ich übernehme die Verantwortung für alle Fehler, die ich möglicherweise gemacht habe.“5)

Die Zitatquellen noch einmal zur Übersicht

1) Deutschlandfunk 16.2.152) F.A.Z. 17.2.15 3) Konrad-Adenauer-Stiftung 16.3.15 4) Video Zeit-Online 25.6.15 5) ERT1 15.7.15 6) Konrad-Adenauer-Stiftung 16.3.15 7) Deutschlandfunk 16.2.15 8) F.A.Z. 17.2.15 9) ERT1 15.7.15 10) Spiegel-Online 14.7.15 11) ERT1 15.7.15 12) Deutschlandfunk 16.2.15 13) Spiegel Online 10.07.15 14) F.A.Z. 17.2.15 15) Deutschlandfunk 16.7.15 16) F.A.Z. 28.6.15

Tsipras’ Lakonie bringt Schäuble auf.

Schäuble: „Was wollen Sie denn?“ – „Es ist an der Zeit, dass das Land sich allmählich langsam an die Realität annähert.“6) „Man kann nicht auf Dauer über seine Verhältnisse leben und dann immer Vorschläge machen, was andere noch mehr bezahlen sollen. Das wird nicht funktionieren.“7)

Tsipras: „Jede neue Geburt hat ihre Schwierigkeiten.“8) „Dieses Europa gehört nicht Herrn Schäuble.“9)

Das ist zu viel für den Älteren. Er ballt die Faust gegen Tsipras. Seine Wut lässt ihn stottern. Ein Blitz lässt sein Gesicht auf gespenstische Weise aufleuchten.

Schäuble: „Wenn ihr wirklich ein bisschen anfangen wollt, Vertrauen zurückzugewinnen, tut doch einmal einfach die eine oder andere Maßnahmen, die ihr machen wollt, wenn wir, was weiß ich … (Verärgert) Macht einfach! Geht morgen in das neue Parlament und just do it!10)

Sturm kommt auf, Blitze und Donner nähern sich aus allen Himmelsrichtungen – eine bedrohliche, unwirkliche Kulisse.

Tsipras: „Ich habe ein Papier unterschrieben, an das ich nicht glaube. Aber ich werde mich daran halten. Das ist meine Pflicht.“11)

Schäuble: „Das ist alles ziemlicher Unsinn. (Ironisch) Wir sind ja auch nicht empfindlich, dass Sie ständig alle anderen beschimpfen, von denen Sie gleichzeitig unglaubliche Hilfe wollen“.12) „Ich habe diese Tage meinem Freund Jack Lew angeboten, dass wir Puerto Rico in der Eurozone übernehmen könnten, wenn die USA Griechenland in der Dollar-Union übernehmen würde. Er fand das einen Scherz.“13)

Schäuble verneigt sich, als wären Leute da, die ihm Bewunderung zollen. Aber nur Tsipras ist anwesend. Er geht auf ihn zu, lässt ihn spüren, wie es ist, über jemandem zu stehen. Um das Gewitter zu übertönen, müssen die Darsteller ihre Stimmen erheben.

Tsipras (laut): „Niemand kann mit Griechenland reden, als wäre es eine Kolonie.“14)

Das erträgt Schäuble nicht. Sein ganzer Körper gerät in Wallung, er zittert, er schreit:

„Ein freiwilliges Ausscheiden aus der Eurozone wäre für Griechenland der bessere Weg.“15)

Tsipras lässt sich nicht provozieren. Kühl antwortet er:

Die Würde eines Volkes ist kein Spiel. – Griechenland wird nicht aufgeben.“16)

Das Gewitter steht direkt über der Halle. Tsipras geht ab. Schäuble bleibt allein auf der Bühne. Vergeblich ruft er nach seinen Dienern. Langsam geht das Licht aus, nur Blitze erhellen das Proszenium, in dem der Ältere verharrt.

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11 Kommentare

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Kommentarpause ab 30. Dezember 2024

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  • Wau! Danke Frau Luciana..! Herrlich ist, das die TAZ sich dem `ästhetischen Denken´ (mit Fantasie und so..) øffnet !

    Im Text: Des Herrn Schäubles Entwurf von "Realität" , als rationales Axiom für Wahrheit- humpelt ja... während Herr Tsipras mit seinem ethischen Gefühl für Wahrheit dem `aufrechten Gang´ entspricht..

    Das Grollen des Sturmes, mit Donner und Blitz .. erinnert an die Katastrophe des Untergangs Atlantis´..

    .. die Natur rebelliert...

    Es bleibt dem Leser überlassen die eigene Fantasie spielen zu lassen.. hihi..

  • @CELSIUS

    Adenauer sagte aber auch: wir haben kein Mandat des Volkes sondern einen Auftrag der Alliierten.

    wir haben auch keinen Friedensver- trag, tyrannisieren wir Europa mit unseren Vorgaben. Im Auftrag der Alliierten? Oder sind die jetzt auch unter dem Kuratel des Großkapitals. Darüber sollten wir uns mal Gedanken machen. Griechenland ist nur das erste Opfer, nicht das Letzte.

    Dieser Artikel soll das wohl verniedlichen. Als Freund ist Deutschland eine Natter an der Brust, wie Brutus.

    • @Rita Dütsch:

      "Im Auftrag der Alliierten? Oder sind die jetzt auch unter dem Kuratel des Großkapitals. Darüber sollten wir uns mal Gedanken machen."

       

      So ist es. Die Gedanken sind bereits gemacht. Schon die Stamokap-Fraktion der Jusos wusste in den Siebzigern, dass die Regierungen bloß die Agenturen des Großkapitals sind. Auch Jean Ziegler bezeichnet die Regierenden, die sich in Elmau trafen als "Befehlsempfänger der Konzerne". Das ist längst keine Theorie mehr. Es ist offensichtlich.

  • Huch, bin ich hier auf der Schüler-TAZ gelandet?

  • vielleicht denken die beiden und all die anderen mal daran, dass es hier nicht um SElbstdarstellung geht sondern um das Wohl und Wehe von Millionen Menschen

    • @Georg Schmidt:

      Ganz genau!

  • Himmlisch - ja

     

    Zwei Männer im Proszenium, Donnergrummeln, ein Streit: So entfaltet sich das Drama zwischen Schäuble und Tsipras – und ihr Dialog.

     

    kurz - Beide ab ins -

    Proseminar Varoufakis/Krugman/Stieglitz/Bourdieu et al

    Assistentin: Ulrike Herrmann als Ronja Räubertochter!¡

     

    Dann - ja dann mag der Sprung über den

    Querriß du europe -

    Zum Europa 2.0 gelingen.

     

    Besser is das - & dabei

    Masseltov uns allen.

    • @Lowandorder:

      Nochens besser is -

       

      Ulrike Herrmann as -

      Queen of the Board

  • Adenauer knüpfte noch Völkerfreundschaften - wie zum Beispiel mit Frankreich, die unterschiedliche politische Meinungen in den Ländern überdauerten. Die derzeitige CDu geht da ganz andere Wege. Es wird Hass gesät War es einst der Hass, der "nur" den Pressesprecher Offer erwischte, hat Schäulbe ihn jetzt an dem Regierungsmitglied eines anderen Landes ausgelebt. Er müsste schnellstens ausgewechselt werden.

     

    Warum duldet die Kanzlerin die aufkeimende Völkerfeindschaft? Gehört das auch zu ihrer Politik? Ist Schäuble nur der Handlanger, damit sich die Kanzlerin nicht die Hände schmutzig macht???

    • @Celsus:

      Macht die Merkel doch immer.

      ANGEBLICH sei (ihrer Eigenaussage zufolge) die Merkel von der 'Wende' (1989/1990) "überrascht" gewesen.

      Als Schabowski die Grenzen zum überschreiten von Allen freigegeben hatte, habe Merkel (ihrer eigenen Aussage zufolge) in der Sauna gesessen. Wer's glaubt, wird (un)seelig.

      Merkel kommt immer erst dann, wenn sie sieht, dass sie gewinnt.

      Und so schiebt sie eben auch jetzt andre Leute vor. So sehe ich das.

      Merkel duldet ja bereits in der Ukraine aufkeimende Völkerfeindschaft. Die Madam kann richtig wütend werden, unter anderem im Zusammenhang mit ihren (jedenfalls im Rampenlicht praktizierten) Ausfälligkeiten, was Putin anbelangt.

    • @Celsus:

      Möglich. Aber nicht besonders wahrscheinlich.

       

      Schäuble ist nicht Merkels Handlanger. Er ist Finanzminister und als solchern Handlanger von Leuten, die zu viel Geld, Einfluss und Ego haben und den Hals nicht voll kriegen können. Die Kanzlerin steckt vermutlich zu tief im politischen Alltag fest. (Doch, doch, auch KanzlerInnen haben einen Alltag, der sie manchmal überfordert. Man braucht sie bloß anzuschauen, dann weiß man das.) Schäubles Altersstarrsinn ist wahrscheinlich nicht Merkels erste Sorge, wenn sie morgens aufwacht, und ihre letzte Sorga am Abend ist er wahrscheinlich auch nicht. Noch nicht.