Schäuble setzt sich durch: Bundeswehr gegen den inneren Feind
Die Koalition ist sich einig über Einsätze der Bundeswehr zur Terrorbekämpfung im Inland. Die Armee kann damit bei Gefahren aus der Luft, zur See und zu Lande eingesetzt werden.
Die Bundeswehr soll künftig auch im Inland gegen Terroristen eingesetzt werden können. Auf eine derartige Grundgesetzänderung wollte sich der Koalitionsausschuss Sonntag Abend einigen. Innenminister Wolfgang Schäuble (CDU) verzichtete dabei auf manchen bisher umstritten Wunsch, dafür folgt die geplante "kleine Lösung" ganz seinen Vorstellungen.
Konkret geht es um eine Ergänzung von Artikel 35 des Grundgesetzes, der die Amtshilfe regelt. "Reichen zur Abwehr eines besonders schweren Unglücksfalles polizeiliche Mittel nicht aus, so kann die Bundesregierung den Einsatz der Streitkräfte mit militärischen Mitteln anordnen", lautet der Kernsatz der geplanten Änderung. Als abzuwehrender Unglücksfall gilt auch ein Terroranschlag.
Anders als von der SPD ursprünglich gefordert muss der Unglücksfall oder Anschlag nicht "unmittelbar" drohen; es genügt, dass die Polizei Indizien für einen zukünftigen Anschlag hat. Auch die zweite von der SPD einst geforderte Einschränkung entfiel. Eigentlich sollte die Bundeswehr nur zur Abwehr von Gefahren "aus dem Luftraum und von See her" eingesetzt werden. Jetzt ist auch der viel typischere Fall erfasst, dass Terroristen vom Boden aus agieren, also zum Beispiel einen Bahnhof in die Luft sprengen wollen.
Bisher darf die Bundeswehr vor und nach Unglücksfällen nicht mit militärischen Waffen eingesetzt werden. Dies hat das Bundesverfassungsgericht 2006 in seinem Urteil zum rot-grünen Luftsicherheitsgesetz entschieden. Um ein nur mit Terroristen besetztes Kleinflugzeug abschießen zu können, muss deshalb das Grundgesetz geändert werden. Auch der Abschuss eines unbesetzten Flugkörpers durch die Bundeswehr ist so möglich. Ausgeschlossen hat das Bundesverfassungsgericht nur den Abschuss entführter Passagierflugzeuge. Nicht einmal per Grundgesetzänderung dürfte eine solche Regelung demnach eingeführt werden.
Durch die geplante Vorschrift könnten auch Bundeswehreinsätze wie beim G-8-Gipfel von Heiligendamm legalisiert werden. Dort hatte die Bundeswehr mit Tornado-Flugzeugen die Camps der Globalisierungsgegner fotografiert. Außerdem kamen Panzerspähwagen zum Einsatz. Nach einer Serie von Brandanschlägen befürchtete die Regierung auch Terroranschläge auf den Gipfel. Rechtlich begründet wurden die Militäreinsätze damals nur mit "technischer Amtshilfe". Dabei darf die Bundeswehr aber nicht in Grundrechte der Bürger eingreifen. Der Grünen-Politiker Christian Ströbele wertete den Bundeswehreinsatz von Heiligendamm wegen seiner Einschüchterungswirkung als "verfassungswidrig".
Künftig könnte die Polizei im Fall einer Terrorwarnung gegen einen Staatsbesuch auch Panzer anfordern, zum Beispiel um Demonstranten in Schach zu halten, die Polizeimaßnahmen zum Schutz der Gäste behindern.
Innenminister Schäuble verzichtet im Gegenzug auf Bundeswehreinsätze zum Objektschutz, gegen Piraten und im Quasiverteidigungsfall, die von der SPD abgelehnt wurden.
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