Schärferes Gesetz in der Türkei: AKP will Alk ächten
Kein Alkohol im Supermarkt zwischen 22 Uhr und 6 Uhr, keiner in der Werbung oder in der Nähe von Moscheen und Schulen: Kritiker fürchten eine Islamisierung der Türkei.
ANKARA afp/ap | Das Parlament in Ankara hat am Freitag ein Gesetzespaket gebilligt, das ein striktes Werbeverbot und strengere Regeln zum Verkauf vorsieht. Bei Beratungen des Parlaments über einen Gesetzentwurf, der unter anderem ein Werbeverbot für alkoholische Produkte vorsieht, habe die AKP in letzter Minute weitere Verbote vorgeschlagen, berichtete die türkische Presse am Freitag.
Demnach sollen Geschäfte und Supermärkte künftig zwischen 22 Uhr abends und 6 Uhr morgens keinen Alkohol mehr verkaufen dürfen. Auch bei Trunkenheit am Steuer drohen härtere Strafen. Staatspräsident Abdullah Gül muss noch zustimmen, damit das Gesetzespakt in Kraft treten kann. Die türkische Opposition spricht von einer Islamisierung.
Im Parlament legte die AKP auch einen zusätzlichen Passus vor, nach dem im Fernsehen bei Filmen, Serien oder Musikvideos alle Bilder von alkoholischen Getränken gerastert werden müssen, damit sie nicht mehr zu erkennen sind. Die zulässige Alkohol-Schwelle im Straßenverkehr soll von 1,0 auf 0,5 Promille gesenkt werden. Bei Übertretung droht ein Führerscheinentzug von einem halben Jahr. Die Alkohol-Novelle wird mit Gesundheits- und Jugendschutzargumenten begründet.
Neben dem Werbeverbot für Alkohol sieht das Gesetz auch räumliche Einschränkungen für den Alkohol-Ausschank vor. Laut ursprünglichen Plänen der AKP sollte der Ausschank im Umkreis von 100 Metern um Gotteshäuser und Bildungseinrichtungen generell untersagt werden. Da dies aber in Innenstädten wie der von Istanbul viele tausend Kneipen und Restaurants betroffen hätte, stellte die AKP später klar, dass sich für bestehende Etablissements nichts ändern werde.
Die Opposition wirft der Regierung vor, sie wolle den Türken einen islamisch-konservativen Lebensstil aufzwingen, was die AKP zurückweist. Kritik an dem Gesetzentwurf kommt auch von der Tourismusbranche, die eine abschreckende Wirkung auf die jährlich rund 30 Millionen ausländischen Gäste in der Türkei befürchtet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Putins Atomdrohungen
Angst auf allen Seiten
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
James Bridle bekommt Preis aberkannt
Boykottieren und boykottiert werden
Stromversorgung im Krieg
Ukraine will Atomkraft um das Dreifache ausbauen
Krise der Linke
Drei Silberlocken für ein Halleluja
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Biden genehmigt Lieferung von Antipersonenminen