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Schadstoff-Analyse nach WerftbrandWie schädlich war der Lürssen-Brand?

Tagelang hat die Lürssen-Werft im September gebrannt. Die Belastung der Umgebung war bisher kaum Thema. Nun haben Umweltaktivist*innen Proben analysiert.

Großbrand in der Lürssen-Werft: Nachbar*innen sollten Türen und Fenster schließen Foto: dpa

Bremen taz | Hat der Brand der Lürssen-Werft bis heute Auswirkungen auf die Natur und die Gesundheit von Anwohner*innen? Die örtliche Umweltorganisation „Aktion Krötenschutz“ jedenfalls hatte große Bedenken und nahm Proben aus der Umgebung in Bremen-Nord. Nach deren Analyse gibt es Hinweise auf mögliche Umweltbelastungen infolge des Großfeuers.

Mehrere Tage brannte es im September auf der Werft – eine fast fertiggestellte Jacht fing Feuer. Die Polizei, so teilt deren Pressestelle mit, ermittelt bis heute zur Brandursache.

Der Rauch sei in Bremen-Nord über Vegesack und Blumenthal gezogen, erinnert sich Thomas Garz, Sprecher der Aktion Krötenschutz. Die Feuerwehr forderte die Bürger*innen damals auf Grundlage von Daten der Luftmessung auf, die Fenster und Türen in unmittelbarer Nähe der Werft geschlossen zu halten. „Weitere Warnungen ergingen nicht“, sagt Garz und meint, das sei zu wenig gewesen.

Rauchwolken und Brandgeruch ließen ihn zweifeln. Er entschloss sich, die Umwelt- und Gesundheitsbelastung selbst zu ermitteln. Im Vegesacker Stadtgarten und auf nahegelegenen freien Flächen seien Aschestücke zu finden gewesen. Diese schickte er mit seinem Verband nach Delmenhorst – zum „Labor für Chemische und Mikrobiologische Analytik“ (Lafu).

Die Rückstände des Werftbrands

Auf der Lürssen Werft in Bremen-Nord hat es im September über mehrere Tage lang gebrannt.

Die Umweltorganisation „Aktion Krötenschutz“ hat nun Ascherückstände im „Labor für chemische und mikrobiologische Analytik“ in Delmenhorst untersuchen lassen.

Schwermetalle wurden in der Probe in erhöhten Mengen festgestellt, so etwa Zink und Blei.

AOX („adsorbierbare organische Halogene“) ist ein Sammelbegriff für chemische Stoffe, zumeist Chlorverbindungen. Viele von Ihnen wurden in den Proben in erhöhten Mengen gefunden, darunter Jod und Brom.

Auch nach PAK, also „polycyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen“ wurde in der Probe gesucht, jedoch kein erhöhtes Vorkommen festgestellt.

„Wir haben die Asche auf verschiedene Stoffe analysieren lassen, die die Feuerwehr nicht erfasst hat: AOX, PAK und Schwermetalle“, so Garz. AOX und PAK sind Sammelbegriffe chemischer Stoffe, zu denen Chlor oder Brom gehören. Diese sind in gewissen Mengen stark umweltbelastend, ebenso verhält es sich mit Schwermetallen.

Das Ergebnis der Probenanalyse: „Insbesondere Aluminium, Antimon, Blei, Barium, Titan und Phosphor konnten in erheblichen Mengen nachgewiesen werden, außerdem ein enorm hoher Zinkanteil“, so Garz. Stoffe, die etwa als Bestandteile von Farben und Beschichtungen auf der Werft verwandt würden.

Auch Gary Zörner, Geschäftsführer des Labors, erklärte: „Dass die nachgewiesenen Stoffe unbedenklich sind, kann man sicher nicht sagen.“ Als Fachkraft für technischen Umweltschutz und Ingenieur für Lebensmitteltechnologie sieht Zörner ein hohes gesundheitliches Risiko, sollten die festgestellten Stoffe vermehrt in die Luft oder ins Grundwasser gelangt sein.

Und davon, so Garz, könne man im Falle des Brandes ausgehen. Für die Gesundheit der Anwohner*innen habe dies verschiedene Folgen. Aluminium etwa bedingt in erhöhten Mengen Krebserkrankungen, Osteoporose oder Arthritis. Viele weitere Gesundheitsrisiken seien durch die Umweltbelastungen denkbar, denn die meisten der ausgewerteten Stoffe sind in gewissen Mengen sehr giftig.

Offen bleibt, wie stark die in der Asche gefundenen Stoffe bereits Boden, Luft oder Wasser kontaminiert haben. Die damalige Empfehlung der Behörden sei es gewesen, die Asche in den Hausmüll zu werfen, sagt Garz. Er hält das für fahrlässig.

Zu Konsequenzen aus den neuen Befunden verweist die Pressestelle der Gesundheitsbehörde an den Umweltsenator. Dort aber heißt es, die stationären Luftmessgeräte der Behörde hätten beim Brand keine alarmierenden Ergebnisse geliefert. Daher sehe man keine Veranlassung zu handeln, erklärte eine Sprecherin.

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