„Sause-Krause“ fährt ein

Der letzte Wende-Macher und Ex-Verkehrsminister landet da, wo er nicht hinwollte: in der Justizvollzugsanstalt

Ibrahim Böhme ist tot. Günter Schabowski ist Rentner. Peter-Michael Diestel ist verurteilt. Wolfgang Schnur sitzt im Knast. Nun hat es endlich auch Günther Krause erwischt: Das Landgericht Rostock verordnete gestern dem Exvereinigungsschmied, Exverkehrsminister, Exbankenchef drei Jahre schwedische Gardinen. Das Gericht befand den 49-Jährigen des Betrugs, der Untreue und versuchter Steuerhinterziehung für schuldig.

„Sause-Krause“, „Raststätten-Günther“ – das immerhin muss man Günther Krause lassen: Von alle den skrupelfreien Wende-Wichtigmachern hat er es am weitesten gebracht. Krause hatte es nie nötig, wie Günter Schabowski ständig aus dem Off zu nörgeln. Krause war Macher: Als letzter Staatssekretär der DDR betrieb er die Verhandlungen zu einem schnellen Beitritt mit einer Härte, die selbst von politischen Freunden als „Ausverkauf der DDR“ gegeißelt wurde. Um Macht genießen zu können, musste Krause nie wie Peter-Michael Diestel Präsident eines Fußballvereins werden. Während die West-CDU nämlich den ständig quer schießenden DDR-Innenminister aufs Abstellgleis schob, stellte sie für Krause die Weichen ganz nach oben: Kohl machte ihn zum ersten gesamtdeutschen Verkehrsminister. Um in die Schlagzeilen zu kommen, musste Krause auch nicht erst als Stasi-Spion entarnt werden – wie der Ost-SPD-Gründer Ibrahim Böhme. Krause ist von anderm Format: Er ließ sich seinen Umzug vom Steuerzahler finanzieren, die Putzfrau vom Arbeitsamt. Krause musste auch nicht wie sein einstiger Weggefährte Wolfgang Schnur zur Bank gehen, um mit gefälschten Wertpapieren aufzufliegen. Krause war selbst die Bank.

Wenn schon nicht als Bundeskanzler, dann wollte er doch als Musterunternehmer reüssieren. Genügend Startkapital hatte er ja. Nach seinem Rauswurf aus der Regierung im Mai 1993 standen Krause 410.000 Mark aus der Bundeskasse zu. Neben der „Aufbau Invest AG“ gründete er davon auch die „Aufbau-Invest GmbH“, wurde Aufsichtsrat der „IG Farbenindustrie“, 50-prozentiger Besitzer der Bank „Compagnie Nord“. Doch offenbar sind für Finanzgeschäfte andere Qualitäten notwendig als für den Bau von Betonpisten: Schon bald gerieten Krauses Unternehmungen ins Trudeln. Zuerst musste er sich von seinen Compagnie-Anteilen trennen. Dann „sparte“ er sich bis 1995 die Sozialabgaben seiner Angestellten, was ihm 1998 die Verurteilung durch ein Amtsgericht einbrachte. Schließlich stellten seine Gläubiger Haftantrag, um ihn zur Offenlegung seiner Vermögensverhältnisse zu zwingen.

Jetzt muss Krause erkennen: Wer auf der politischen Bühne mit Baugenehmigungen für Autobahnen jongliert, geht in der Regel straffrei aus. Wer mit fremden Geld hantiert, dagegen nicht. Nach Ansicht der Richter hat Krause als Geschäftsführer seiner Aufbau GmbH den Großteil eines 11-Millionen-Mark-Kredits der Bayerischen Landesbank veruntreut. Der wirtschaftliche Schaden soll 6,5 Millionen Euro betragen.

Krause ist nicht so dumm wie Schnur, nicht so dreist wie Böhme, nicht so querulatorisch wie Diestel. Er teilt aber ihr Schicksal: in Zeiten des politischen Umbruchs bis ganz nach oben gespült, von Anerkennung, Blitzlichtern und Macht verwöhnt, um schließlich dort zu verschwinden, wo er nicht hinwollte: ganz unten. NICK REIMER