Saskia Esken gibt SPD-Vorsitz auf: Bärbel Bas folgt auf Esken
Die SPD-Vorsitzende hat ihren Rückzug aus der Doppelspitze angekündigt. Co-Chef Lars Klingbeil wird wohl wieder antreten. Bärbel Bas folgt Esken als SPD-Vorsitzende.
Es gilt als sicher, dass Vize-Kanzler und Finanzminister Lars Klingbeil sich erneut zur Wahl zum Parteichef stellen wird. In der Partei gibt es allerdings Kritik, wie etwa in Nordrhein-Westfalen an seiner Machtfülle, zumal er die Wahlniederlage mitverantworten muss. Bas gehört zwar wie Esken dem linken Parteiflügel an, genießt aber auch bei der konservativen Parteiströmung des „Seeheimer Kreises“ Respekt. Zudem kommt sie aus dem starken Landesverband Nordrhein-Westfalen, der sich in der letzten Wahlperiode zu wenig in Berlin berücksichtigt sah.
Esken hatte am Sonntagabend in der ARD angekündigt, dass sie beim Parteitag Ende Juni nicht mehr antreten wird. Sie habe die Entscheidung getroffen, um Platz für Erneuerung zu schaffen, sagte die 63-Jährige im „Bericht aus Berlin“. Ihr Bundestagsmandat will sie behalten.

Esken ist seit 2019 SPD-Chefin, seit 2021 führt sie die Partei zusammen mit Klingbeil, der inzwischen als Vizekanzler und Finanzminister in die schwarz-rote Bundesregierung gewechselt ist.
Stegner: Umgang mit Esken „kein Ruhmesblatt“
Zahlreiche SPD-Politiker zollten Esken Respekt für ihre Entscheidung. Zugleich gibt es aber auch Kritik am parteiinternen Umgang mit ihr. „Der Versuch, sie zum Sündenbock für unser miserables Wahlergebnis zu machen, war kein Ruhmesblatt und entsprach weder im Inhalt noch im Stil der Debatte den Grundwerten der SPD“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner dem Handelsblatt.
Juso-Chef Philipp Türmer sagte, Esken beweise mit ihrer Entscheidung „eine Größe und ein Verantwortungsbewusstsein, das ich mir von manchen ihrer Kritiker in den letzten Wochen gewünscht hätte“. Mit vielen ihrer Forderungen wie etwa nach einem 500-Milliarden-Investitionsprogramm habe sie eine Weitsicht bewiesen, die vielen in der deutschen Politik gefehlt habe, so Türmer im Handelsblatt.
Klingbeil dankte Esken für ihre Verdienste und „die enge und immer vertrauensvolle Zusammenarbeit an der Spitze unserer Partei“. Es seien sechs sehr intensive Jahre mit ihr gewesen – erst als ihr Generalsekretär, dann als ihr Co-Vorsitzender.
„Wir haben die SPD zusammen durch Höhen und Tiefen geführt. Das hat uns gegen viele Widerstände zusammengeschweißt“, so Klingbeil. Die erfolgreiche Bundestagswahlkampagne mit Olaf Scholz sei ein ganz besonderer Höhepunkt gewesen. „In Momenten, in denen niemand an uns geglaubt hat, haben wir gezeigt, was man im Team meistern kann.“
Esken für Beibehaltung der Doppelspitze
Die SPD war bei der Bundestagswahl im Februar auf 16,4 Prozent abgestürzt und fuhr damit ein historisch schlechtes Ergebnis ein. Trotzdem griff Klingbeil noch am Wahlabend nach dem Fraktionsvorsitz und baute seine Machtbasis so weiter aus. Inzwischen ist der 47-Jährige Vizekanzler und Finanzminister im Kabinett von Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU).
An Esken wurde in den vergangenen Wochen und Monaten hingegen immer wieder deutliche Kritik laut. In ihrem Wahlkreis Calw in Baden-Württemberg holte sie als Direktkandidatin nur 12,9 Prozent der Erststimmen. Über die SPD-Landesliste zog sie trotzdem in den Bundestag ein. Bei der Kabinettsbildung ging sie aber leer aus.
Auf die Frage, ob sie sich in den vergangenen Wochen mehr Unterstützung von Klingbeil gewünscht hätte, sagte Esken im ARD-„Bericht aus Berlin“: „Ich habe diese Unterstützung an meiner Seite immer gehabt.“ Sie kenne Klingbeil seit zwölf Jahren. „Es war immer eine gute, enge und vertrauensvolle Arbeit.“ Esken sprach sich dafür aus, die Doppelspitze in der SPD beizubehalten. „Ich finde, die Doppelspitze als Konzept hat sich bewährt.“
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