Sanftes Licht im Altonaer Volkspark: Es muss halt nur richtig leuchten
Abends im Altonaer Volkspark joggen? 48 Laternen laden dazu regelrecht ein. Bis ihr Licht jetzt angeknipst wurde, dauerte es allerdings monatelang.
Das ist Hamburgs größter öffentlicher Park, er liegt im Westen der Stadt, grenzt an das Volksparkstadion des HSV, die Trabrennbahn, Wohnstraßen mit Einfamilienhäusern aus Backstein, und er birgt schöne Dinge wie Europas ältesten Dahliengarten mit mehr als 40.000 Pflanzen. Seit 2002 steht der Kernbereich des Parks unter Denkmalschutz.
Grüne Lichtkringel flitzen vom baumgesäumten Weg Richtung Wiesenmitte und zurück. Immer hin und her. Hunde mit leuchtenden Halsbändern, die Bällen nachjagen, die die Herrchen vom Weg aus auf die Wiese pfeffern. Einer hat sogar einen grün leuchtenden Ball dabei, dem sein Hund nachhetzt. Die Farbe erinnert an die der atomverseuchten Stange, die Homer Simpson aus seinem Shirt pult.
Monatelang außer Betrieb
Die 48 Laternen beleuchten die Strecke erst seit der Zeitumstellung Ende Oktober, 400.000 Euro hat das Ganze gekostet. Nicht der Rede wert? Stimmt schon, aber es lohnt sich dennoch, diesen Laternen, die nummeriert um die Spielweise herum platziert sind, doch mal einen Jogging-Besuch abzustatten. Allein schon wegen der schieren Zeit, die es dauerte, bis sie endlich leuchteten. Die Laternen stehen da seit Februar 2022, leuchten sollten sie seit September vergangenes Jahr.
Die Besonderheit
Der Altonaer Volkspark ist Hamburgs größter öffentlicher Park, angelegt wurde er in den Jahren 1914 bis 1933. Hier sind zu jeder Jahreszeit viele Menschen unterwegs, die auch unter Laternen Zerstreuung suchen.
Die Zielgruppe
Leute, die nicht gern über ihre Füße stolpern, wenn sie nach Einbruch der Dunkelheit im Park joggen, Fans von Fledermäusen und alle, die sich über die Lichtverschmutzung in der Stadt sorgen, denn die neuen Leuchten sind insektenfreundlich.
Hindernisse auf dem Weg
Die Planung der beleuchteten Strecke begann 2018, lange stritt man sich in der Bezirksversammlung über das Vorhaben. Seit Frühjahr 2022 stehen die Leuchten, konnten aber nicht angeschaltet werden, weil die Stromkabel fehlten.
Doch es hatte sich niemand drum gekümmert, dass dafür Stromkabel verlegt und sie auch angeschlossen werden müssen. Darum klebten an den hübsch mattgrauen Laternen, die ihr Licht nur nach unten abgeben und nicht die Nacht verschmutzen, monatelang Aufkleber mit der Aufschrift: „Leuchte nicht in Betrieb“. Der Bezirk formulierte es so: Der Grund für die Verzögerung waren „behördeninterne Abstimmungsprozesse zu naturschutzfachlichen, denkmalrechtlichen sowie wegerechtlichen Aspekten“.
Neben der Stromversorgung war da noch das Problem mit den Insekten und dem Brut- und Flugverhalten der Fledermäuse. Die Leuchten sind nun durch Verwendung eines bestimmten Lichtspektrums insektenfreundlich und werden, weil zum Beispiel die Großen Langohrfledermäuse noch bis etwa Anfang Dezember aktiv sind, mindestens bis dahin jeweils ab 22 Uhr langsam heruntergedimmt und acht Minuten später abgeschaltet.
Wenn schon neue Lampen, dann solche. Die nicht stören. Denn in der Stadt ist es ohnehin zu hell. In Hamburg allein schon wegen des Hafens. Je mehr Wolken den Himmel verhängen, desto heller ist es, und vor allem im nassen Herbst fällt einem ständig der diffus leuchtende und zum Anfassen tief hängende Himmel auf den Kopf. Von unten leuchten dazu noch Werbetafeln und eine unüberschaubare Anzahl an Lichtern und Lampen auf privaten Geländen und an Fassaden – privat kann ja jeder so viel und so hell herumleuchten, wie ihr oder ihm es gefällt.
Grelles Flutlicht zum Vergleich
Auf der direkt an die Laufstrecke angrenzenden Trabrennbahn ist an diesem Sonntagabend richtig was los. Grell leuchtet Flutlicht durch die Baumreihen bis auf die Joggingstrecke. Problemlos kann man über einen Zaun auf die Rennbahn schauen, auf die vorbeiziehenden Sulkys und die Pferdeställe, in denen reger Betrieb herrscht, sonst sehen diese Stallungen immer aus, als wäre da seit Jahren niemand drin gewesen. Direkt gegenüber: das hell erleuchtete Hauptgebäude mit den Wetträumen und den Plätzen für die Zuschauer. Dort ist auch der Zieleinlauf.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Um dort hinzugelangen, muss man sich auf nicht beleuchtete Pfade begeben und um die Trabrennbahn herumlaufen. Der Volkspark ist in weiten Teilen Wald, hügelig bisweilen und durchzogen von Wegen. Zum Glück hängt der Novemberhimmel mal wieder tief und leuchtet diffus vor sich hin, das verringert die Stolpergefahr.
Und gruselig ist es auch nicht, weil die nahegelegene Straße rauscht und die Stimme des Stadionsprechers blechern aus den Lautsprechern hallt. Der Eintritt auf die Trabrennbahn ist frei, ein paar Dutzend Leute sind noch da, schauen das letzte Rennen des Tages und zerstreuen sich in den nieseligen Abend.
Das letzte Stück um die Trabrennbahn herum führt an einer Straße entlang, der Gehweg ist schmal, Autoscheinwerfer blenden, Straßenlaternen sind grell und das Licht bricht sich in den Pfützen. Zurück auf der beleuchteten Joggingstrecke wird klar, wie gut diese Laternen hier geraten sind. Sanftes Licht, blendet nicht, strahlt nicht unnütz nach oben, alles fein.
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