„Sandy“ verwüstet US-Küste: Supersturm schlägt zu
Der Wirbelsturm „Sandy“ ist mit voller Wucht auf die Ostküste der USA getroffen. 16 Menschen starben, ein AKW wurde in Alarmzustand versetzt.
NEW YORK taz/dpa | Der Sturm Sandy ist am Montagabend auf die Ostküste der USA getroffen. Bislang soll es insgesamt 16 Tote in New Jersey, New York, Maryland, North Carolina, West Virginia, Pennsylvania und Connecticut gegeben haben. Laut der Polizei in der kanadischen Hauptstadt Toronto wurde eine Frau von umherwirbelnden Trümmern erschlagen. Wie CNN am Dienstagmorgen meldete, traf ein Ast nach Polizeiangaben im US-Staat Pennsylvania einen achtjährigen Jungen und tötete ihn.
Außerdem wurden Bäume umgerissen, Straßen überschwemmt, U-Bahnen geflutet, der Strom fiel an vielen Orten aus. In New Jersey wurde ein Atomkraftwerk wegen der steigenden Wasserpegel in Alarmzustand versetzt. In New York erreichten die Flüsse historische Pegelstände. Regen und Sturm hatten am Nachmittag eingesetzt. Am Abend gab die Stadt New York die ersten Katastrophenwarnungen heraus. Gegen acht wurden die Bewohner aufgefordert, nach drinnen zu gehen und ihre Häuser nicht mehr zu verlassen.
Es folgten Aufrufe, die Straße nicht mehr zu betreten und auch nicht Auto zu fahren. Rund 3.000 Menschen waren in Notunterkünfte gebracht worden, die sich vor allem in Schulen befanden. Auf den Straßen von New York patrouillierten Polizisten. Mehrere Menschen in den Staaten New Jersey, Connecticut, Virginia und New York wurden von Bäumen erschlagen. Eine Frau starb, als sie in eine Pfütze trat und einen Elektroschlag bekam. Im New Yorker Stadtteil Queens wurde ein Mann in seiner Wohnung erschlagen, als ein Baum auf sein Haus stürzte.
In der New Yorker Notrufzentrale gingen zeitweise 10.000 Anrufe in einer halben Stunde ein. Im New York Medical Center fiel der Strom aus und auch der Generator funktionierte nicht. Im Laufe des Abends drang Wasser in die U-Bahnschächte, das nur aus manchen abgepumpt werden konnte. Die Behörden rechnen damit, dass es Tage dauern könnte, bis die U-Bahnen wieder fahren. Zahlreiche Brücken wurden gesperrt. Mehr als 2,8 Millionen Menschen in 11 US-Staaten waren laut CNN zwischenzeitlich ohne Strom, manche werden erst nach mehreren Tagen wieder mit Elektrizität versorgt werden können. Manche Teile New Yorks, Brooklyn etwa, blieben bis Mitternacht hell erleuchtet, auch wenn der Wind Stromkabel an die Häuserwände peitschte und die Baumwipfel aufwirbelte.
Keine U-Bahn mehr
Der Bürgermeister von New York, der Gouverneur des Staates New York und etliche andere Politiker warnten die Menschen, zu Hause zu bleiben. Auch Präsident Barack Obama hatte in einer Ansprache am Montagnachmittag alles US-Bürgerinnen gemahnt, auf die Anweisungen der Behörden zu hören.
Trotzdem waren in Brooklyn bis zum späten Abend vereinzelt Menschen auf den Straßen zu sehen. Flughäfen wurden geschlossen. Tausende Flüge fielen aus. Seit Sonntagabend fuhr in New York weder eine U-Bahn noch ein Bus. Auch die Züge in etlichen anderen Staaten an der Ostküste standen still.
Die Fluten des East Rivers stiegen in New York so hoch wie seit 1960 nicht mehr. Der Sturm erreichte Montagnacht eine Geschwindigkeit von etwa 120 Kilometer pro Stunde und bewegte sich mit knapp 30 Kilometer pro Stunde vorwärts. Auf dem Weg von Kuba an die Ostküste der USA hatte er mehr als 60 Menschen getötet. Der Sturm gilt auch wegen seiner großen Ausdehnung als einer der schwersten in der Geschichte der USA. Er erstreckt sich von South Carolina bis zur kanadischen Grenze.
Post-tropischer Wirbelsturm
Das Nationale Hurrikan-Zentrum stufte den Sturm zwar als post-tropischen Wirbelsturm ein. Das machte ihn aber nicht weniger gefährlich: Seine Böen hatten immer noch Hurrikan-Stärke. Die Wetterbehörde sagte ein Erstarken des Sturms, Böen in Hurrikan-Stärke an der Künste und heftige Schneefälle in den Appalachen voraus. Neun Bundesstaaten riefen den Notstand aus. Insgesamt dürften rund 50 Millionen Amerikaner von dem Sturm betroffen sein. Er dürfte nach Nordwesten weiter ziehen und auch über die Großstädte Washington, Baltimore und Philadelphia fegen.
Meteorologen zufolge handelt es sich bei "Sandy" um einen sehr seltenen Supersturm, bei sich dem arktische Luftströme um den aus den Tropen kommenden Wirbelsturm wickeln. Die Kombination dieser beiden Wetterphänomene an sich ist schon gefährlich genug. Doch droht über dem Festland der Zusammenschluss mit einem dritten Sturm, der sich aus dem kalten Norden von Kanada aus nähert.
Damit würde sich der Sturm nur noch langsam bewegen und lange über der Region toben. Die Folge können unter anderem sintflutartige Regenfälle mit bis zu 30 Zentimetern Niederschlag sein. In den Höhenzügen kann bis zu einem Meter Schnee fallen. Vom Zentrum des Sturms bis zu seinen entferntesten Ausläufern liegen mehr als 800 Kilometer – ein enormes Ausmaß, für das „Sandy“ als einmalig eingestuft wird.
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