Sachsens AfD-Spitzenkandidatin Petry: Liberales Aushängeschild
Energisch, eloquent, inhaltlich geschmeidig – Frauke Petry ist eines der bekanntesten AfD-Gesichter. Die Biografie der 39-Jährigen hat Höhen und Tiefen.
BERLIN taz | Es ist ihr Erfolg – auch wenn er nicht ganz so hoch ausfällt, wie sie gehofft hatte. Zweistellig werde die Alternative für Deutschland (AfD) in Sachsen werden, hatte Frauke Petry noch kurz vor der Landtagswahl vielerorts verkündet. Jetzt wird die Partei rechts von der Union mit 9,7 Prozent in den sächsischen Landtag einziehen. Einstellig also. Aber das Ergebnis ist für die AfD trotzdem ein Meilenstein. Erstmals erobert die AfD ein Landesparlament. Und das hat sie zum Großteil Frauke Petry zu verdanken.
Die 39-Jährige mit der dunklen Kurzhaarfrisur ist eine energische Frau, die weiß, was sie will. Gerne zeigt sie, dass Probleme dazu da sind, um sie zu lösen. Die Landeschefin und Spitzenkandidatin ist auch eine der drei SprecherInnen der Bundespartei, und das bereits von Anfang an.
Dort fiel sie gleich auf: eine junge Frau unter älteren Männern. Petry tritt souverän auf, ist eloquent und klug und fand schnell ihren Platz in den Medien. Längst ist sie – wie sonst nur ihr Ko-Vorsitzender Bernd Lucke und der ehemalige BDI-Präsident Hans-Olaf Henkel – eines der bundesweit bekannten Gesichter der AFD.
Inhaltlich ist Petry geschmeidig, bei Auftritten nimmt sie geschickt die Stimmung des Publikums auf. Mal betont sie, in der DDR sei ja nicht alles schlecht gewesen. Dann will sie die Drei-Kind-Familie zu Norm erheben und mit einer Volksabstimmung das Abtreibungsrecht verschärfen. Vieles aber lässt sie offen. So bleibt die AfD für Rechtsaußen wählbar, aber auch für enttäuschte Anhänger von CDU und FDP sowie politisch heimatlose Protestwähler.
Mit ihrer freundlichen Art und ihrem Macherinnen-Image als vierfache Mutter und erfolgreicher Jungunternehmerin hat Petry es dennoch geschafft, als liberales Aushängeschild ihrer Partei zu gelten. Die gläubige Christin wuchs in der DDR auf. Kurz vor der Wende kam der Vater von einer Dienstreise in den Westen nicht zurück.
Einserabitur, Bundesverdienstorden, Insolvenz
Petry, damals 14, zog mit Mutter und Schwester nach, die Familie ließ sich in Bergkamen am Rande des Ruhrgebiets nieder. Es folgten Einserabitur als Jahrgangsbeste, Englandaufenthalt mit Chemiestudium, Promotion, die Hochzeit mit ihrem heutigen Mann, einem Pfarrer, den sie schon in der Schule kennengelernt hatte.
Dann siedelte die Familie nach Leipzig über. Mit Hilfe eines Patents, das ihre Mutter, wie die Tochter Chemikerin, in den 90er-Jahren angemeldet hatte, gründete Petry eine Firma. Die Jungunternehmerin wurde prompt mehrfach ausgezeichnet, 2012 erhielt sie für die Entwicklung eines ökologischen Kunststoffs sogar den Bundesverdienstorden.
Doch dann gab es Probleme, die Petry nicht lösen konnte: Die Firma ging pleite, Petry musste Insolvenz anmelden. Zwei Tage vor der Wahl wurde bekannt, dass deshalb nun die Staatsanwaltschaft ermittelt. Es geht um den Vorwurf der Insolvenzverschleppung, Petry wies das zurück. Sie steht zudem vor einer Privatinsolvenz.
Ihre Ko-Vorsitzenden, die gerne mal über die Pleite-Griechen herziehen, stärkten ihr kurz vor der Wahl dennoch den Rücken. Auf die nette Frau Petry kann die AfD nicht verzichten.
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