Sachsen gegen tschechische Staustufe: Fatale ökologische Folgen für die Elbe
Die Elbe soll ganzjährig schiffbar werden. Nach Ansicht des Landes Sachsen wären die Auswirkung der in Tschechien geplanten Staustufe auf den Lebensraum schwerwiegend.
DRESDEN taz | Der Streit der Elbanrainer um den Ausbau des Flusses spitzt sich zu. Sachsen lehnt den Bau einer 220 Millionen Euro teuren Elbe-Staustufe beim grenznahen tschechischen Decin entschieden ab. Das Land sieht sich nach der Prüfung überarbeiteter Planungsunterlagen der tschechischen Seite in dieser Position bestätigt.
„Für mich wäre es ein Fehler, eine Staustufe bei Decin zu bauen“, sagte der sächsische Umweltminister Frank Kupfer (CDU) kurz vor Ostern. Kupfer stellte allerdings klar, dass sein Ressort nur eine ökologische Bewertung vorgenommen habe und die wirtschaftlichen Aspekte nicht kommentieren wolle.
Auch die tschechischen Korrekturen hätten die bereits vor einem Jahr geäußerten sächsischen Bedenken nicht zerstreut, bekräftigte Kupfer. Der entstehende Stausee würde die Ufervegetation überfluten und beispielsweise Biberpopulationen entlang des bis nach Mittelsachsen reichenden FFH-Gebietes am Elbufer behindern.
Die erwartete Verschlechterung der Wasserqualität verstoße gegen die EU-Wasserrahmenrichtlinie. Vor allem die Fisch-Schutzgitter vor dem geplanten Wasserkraftwerk fielen noch hinter die Standards des Preußischen Fischereigesetzes von 1880 zurück. Der endlich wieder in der Elbe heimisch gewordene Lachs hätte kaum eine Überlebenschance. Die Staustufe befände sich „an entscheidend ungünstiger Stelle“, so der Umweltminister.
Tschechien möchte eine nahezu ganzjährige Befahrbarkeit der Elbe gewährleisten. Am Oberlauf ist dies wegen des stärkeren Gefälles nicht durch Fahrrinnenvertiefung, sondern nur durch Staustufen und Wehre möglich – wie etwa auch an der Donau in Bayern, die weitgehend verbaut ist.
Illusorische Ziele
Sachsen lehnt den Bau von Staustufen an der Oberelbe ab. Es befindet sich mit dieser Auffassung im Einklang mit dem Bundesumweltministerium und dem Bundesumweltamt. Im sächsischen Elbabschnitt soll die angestrebte Schiffbarkeit an 345 Tagen im Jahr mit 1,60 Meter Wassertiefe durch Fahrrinnenpflege erreicht werden.
Der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) macht darauf aufmerksam, dass das Ziel einer ganzjährigen Schiffbarkeit der Elbe durch die immer stärker schwankenden Wasserstände illusorisch ist. In den letzten 15 Jahren wurde nur an durchschnittlich 192 Tagen im Jahr die erforderliche Wassertiefe für Frachtschiffe erreicht.
Eine Staustufe an der tschechisch-sächsischen Grenze sei deshalb auch wirtschaftlich sinnlos. Außerdem gehe der Güterumschlag an tschechischen Häfen kontinuierlich zurück. Ähnlich äußerten sich Abgeordnete der Grünen und der Linken im Sächsischen Landtag. Nach der jetzt erfolgten Umweltverträglichkeitsprüfung stehen weitere Konsultationen zwischen Tschechien und Sachsen an.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nahost-Konflikt
Alternative Narrative
Nach der Gewalt in Amsterdam
Eine Stadt in Aufruhr
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu
Wanted wegen mutmaßlicher Kriegsverbrechen
+++ Nachrichten im Nahost-Krieg +++
IStGH erlässt Haftbefehl gegen Netanjahu und Hamas-Anführer
Jeder fünfte Schüler psychisch belastet
Wo bleibt der Krisengipfel?
Krieg in der Ukraine
USA will Ukraine Anti-Personen-Minen liefern