SPD und Linkspartei: Linke Ministerpräsidenten erlaubt
Die SPD öffnet sich erstmals seit Jahren für einen Ministerpräsidenten der Linkspartei. Diese hat derweil einen Zankapfel aus ihrem Europa-Programm beseitigt.
![](https://taz.de/picture/123912/14/fahimi.jpg)
HAMBURG/BERLIN afp/rtr | Die SPD will die Wahl eines Politikers der Linkspartei zum Ministerpräsidenten eines Bundeslands nicht mehr grundsätzlich ausschließen. „Da ist der Landesverband völlig autonom“, sagte SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi dem Spiegel. Bislang ist die SPD Koalitionen mit der Linken auf Landesebene nur dann eingegangen, wenn sie selbst als größerer Partner den Regierungschef stellte.
Bei der Landtagswahl in Thüringen im September könnte Umfragen zufolge eine Situation entstehen, in der die SPD als Juniorpartner eine Mehrheit mit der Linkspartei hätte. Der Linken-Politiker Bodo Ramelow rechnet sich dort Chancen aus, als erster Politiker seiner Partei Ministerpräsident zu werden. Der damalige SPD-Vorsitzende Franz Müntefering hatte bei der letzten Landtagswahl in Thüringen 2009 eine linke Führungsrolle noch strikt abgelehnt.
Fahimi will als Generalsekretärin auch das Gespräch mit der Linkspartei auf Bundesebene suchen. „Es ist mein Auftrag, während der Großen Koalition die Gespräche zu allen anderen Parteien sicherzustellen“, sagte sie dem „Spiegel“. „Ich setze auf das Gespräch und auf belastbare Kontakte, weil ich glaube, dass die Koalitionsfrage am Ende eine Vertrauensfrage ist.“
Koalitionen seien nicht nur eine Frage der Beschlussfassung, sagte Fahimi. „Sie brauchen Personen, die sich am Ende anschauen und sagen, ich kann mich darauf verlassen, dass wir gemeinsam den verabredeten Weg gehen.“
Europa nicht länger „neoliberale, militaristische und weithin undemokratische Macht“
Der Vorstand der Linkspartei hat derweil einen für die Europawahl umstrittene Passage aus seinem Programmentwurf gestrichen und damit eine Woche vor ihrem Parteitag einen Zankapfel beseitigt. Auf die Wertung der Europäischen Union als „neoliberale, militaristische und weithin undemokratische Macht“ in der Präambel sei verzichtet worden, bestätigte Parteisprecher Alexander Fischer am Sonntag Angaben aus Parteikreisen. Fraktionschef Gregor Gysi hatte bereits öffentlich diese Formulierung als überzogen kritisiert. Die Wortführerin der Fundamentalisten in der Linkspartei, Sahra Wagenknecht, verteidigte dagegen die jetzt gestrichene Passage.
Bundesgeschäftsführer Matthias Höhn teilte auf seiner Facebook-Seite mit, dass viele Änderungsvorschläge in den Entwurf des Vorstandes eingearbeitet wurden. „Das wird ein guter Programmparteitag – und auch für die vieldiskutierte Präambel zeichnet sich ein guter Weg ab“, erklärte Höhn.
In der Partei wurde befürchtet, dass anhand der jetzt gestrichenen Formulierung der Streit zwischen Pragmatikern und Fundamentalisten wieder offen ausbrechen könnte. Seit Jahren ringt die Linkspartei mit sich, wie weit sie SPD und Grünen entgegenkommen sollte, um eine Regierungsbeteiligung zu ermöglichen. Die Pragmatiker sind eher zu Zugeständnissen bereit – etwa eine auch für andere Parteien zu akzeptierende Wertung der EU. Die Fundamentalisten fürchten dagegen einen Verrat sozialistischer Ideale.
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