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SPD nach der Wahl im SaarlandAusgefallene Party

Die Sozialdemokraten wollten mehr – entsprechend groß war die Enttäuschung. Ein bisschen Häme gegen die Grünen blieb immerhin noch.

War nichts: Vizechefin der Saar-SPD Anke Rehlinger Foto: dpa

Saarbrücken taz | Der saarländischen Bildungsminister Ulrich Commerçon, SPD, wollte am Wahlabend eigentlich eine Siegesfeier der SPD moderieren. Die Sozialdemokraten hatten den zweitgrößten Saal des Saarbrücker Kongresszentrums gebucht. Dort waren rot illuminierte Luftballons verteilt, rote Rosen schmückten die Stehtische.

Doch dann kamen die ernüchternden Zahlen. Die SPD abgeschlagen auf Platz zwei, keine Mehrheitsoption außer der Fortsetzung der ungeliebten großen Koalition. Immerhin wieder 17 Landtagssitze, das Ergebnis von 2012 gehalten, bei höherer Wahlbeteiligung. Obwohl die SPD an der Saar im Januar noch bei 22 Prozent gelegen habe, „das war eine großartige Aufholjagd“, rief Commerçon den GenossInnen zu. Da gab es das erste Mal richtig Beifall.

Hämisches Gelächter kam auf, als Commerçon die Rücktrittsankündigung von Grünenchef Hubert Ulrich bekanntgab. „Eine gute Nachricht“, sagte der Sozialdemokrat. Die SPD hat Ulrich nicht verziehen, dass er 2009 trotz rechnerischer rot-rot-grüner Mehrheit eine Jamaikakoalition mit CDU und FDP aushandelte.

Als der aus Berlin zugeschaltete Parteivorsitzende und Kanzlerkandidat Martin Schulz den Saarländischen GenossInnen aus dem Willy-Brandt-Haus zurief: „Unser Ziel haben wir nicht erreicht, unser Ziel ist der Regierungswechsel im Bund, das ist ein Langstreckenlauf und kein Sprint“, kam Jubel auf.

Oberlöwin Rehlinger

Trotz der gedämpften Stimmung hielten fast alle Partygäste durch, auch als die vage Hoffnung geschwunden war, die Briefwahlergebnisse könnten das Ergebnis noch umdrehen. Es blieb dabei, die Grünen raus, die AfD drin, keine Mehrheit für Rot-Rot.

Nach der Tagesschau, wie angekündigt pünktlich um 20.30 Uhr, zog schließlich die SPD-Spitzenkandidatin Anke Rehlinger in den Saal ein. „Wir haben gekämpft wie die Löwen, du bist die Oberlöwin“, rief Commerçon. Minutenlanger Beifall folgte. „Wir dürfen ein bisschen traurig sein, wir hatten uns mehr vorgenommen“, räumte Rehlinger ein und bedankte sich für die große Unterstützung durch die Partei.

„Wir haben in der Landesregierung eine gute Arbeit gemacht und das sollten wir auch in den nächsten fünf Jahren fortsetzen“, sagte Rehlinger schließlich, der auch in der nächsten Legislaturperiode nur das Amt der Vizechefin bleibt. Viel Beifall. Dann wurde die Bühne abgebaut.

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8 Kommentare

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  • 3G
    36855 (Profil gelöscht)

    Die SPD wurde nicht mehrheitlich gewählt, da weder im Saarland noch durch St. Martin im Bund eine klare Ansage erfolgte, was sich denn ändern würde.

    Warum soll ich SPD wählen, wenn ich nicht weiss wozu?

    • 8G
      81331 (Profil gelöscht)
      @36855 (Profil gelöscht):

      Ja, so ist es. Die SPD, der Wolf im Schafspelz (zu sehen im Saarland).

  • 2G
    23138 (Profil gelöscht)

    Schulzes Vergangenheit auf EU-Ebene scheint sich nun zu rächen. Schließlich stand er da in Reih und Glied mit anderen Hardlinern, welche anti-sozial agieren, wie gegen Griechenland etc. Außerdem: die Menschen wollen, dass Worten auch Taten folgen, und die hat er in Bezug auf die große Wahl erst mal weit hintangeschoben. Das mögen die Leute nicht.

    • @23138 (Profil gelöscht):

      Mitte Januar lag die SPD im Saarland noch bei 25%, bei der Wahl schrammte sie knapp an der 30%-Marke vorbei.

       

      Die SPD-Herausforderin Anke Rehlinger konnte den Vorsprung der amtierenden Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer in der Beliebtheit in den letzten Wochen von von 44% auf 14% um etwa zwei Drittel verkürzen, einholen konnte sie diese aber nicht mehr.

       

      Insofern haben Sie Ihre Wahl-"analyse" doch recht exklusiv, entspricht sie doch offensichtlich lediglich ihrer persönlichen Einstellung und nicht irgendwelchen objektiven Tatsachen.

      • 2G
        23138 (Profil gelöscht)
        @cursed with a brain:

        Ich orientiere mich eben nicht an Zahlen, Prognosen u.ä.. vielmehr am Ausdruck einer Persönlichkeit und ob diese vertrauenserweckend erscheint. Auch bei unserem österr. BK und Sozialdemokraten Kern kann man solche Dinge beobachten: erst Worte aussprechen, welche sozialdemokratisch klingen und um's Handumdrehen anders handeln. Standhaftigkeit wäre gefragt, sonst erfüllt man nur die Forderungen der Rechten unter dem Deckmantel einer sozialen Ausrichtung.

  • „Wir haben in der Landesregierung eine gute Arbeit gemacht und das sollten wir auch in den nächsten fünf Jahren fortsetzen“

     

    Und deswegen glauben die Wähler nicht an diesen Wechsel-Schwindel. Die SPD und die CDU sind wie eine Partei und haben nur marginal andere Positionen. Warum sollte jemand jetzt die SPD wählen und darauf hoffen, dass sich an der Saar daraus positive Veränderungen ergeben? Das ist doch ganz klar das Problem: Es gibt kein echtes Wechselmotiv. Und die SPD wird mit der CDU nochmals zusammen regieren. Einzig und alleine die AfD und ihre Wählermobilisierung hat eine Wirkung - kleinere Parteien sind dadurch anteilig unter die Fünfprozenthürde gefallen und müssen viel machen, um in fünf Jahren wieder in den Landtag zu kommen.

  • Was für ein Geschnatter ! Im kleinsten Flächenland hat eine Große Koalition nach Bürgermeinung eine gute Arbeit gemacht und ist im Grunde einfach wieder gewählt worden. Ist doch ok so.

     

    Warum nun die große Aufregung und das Spekulieren um die bundespolitische Bedeutung ? Wie gesagt, dies ist ein sehr kleines Bundesland und regionale Aspekten waren entscheidend !

     

    Die Bundestagswahl ist in 6 Monaten und wird nicht in der Provinz an der französischen Grenze entschieden !

  • Andeutungen unter Schulz, einiges in Richtung soziale Gerechtigkeit und bei der Agenda 2010 ändern zu wollen, haben der SPD Auftrieb gegeben. Und die SPD war anscheinend ja auch im Saarland zu einem rot-roten Bündnis bereit. Was in den Fernsehsendungen nicht thematisiert wurde, waren aber die Zerwürfnisse der SPD mit den Grünen wegen der Jameika-Koalition. Haben die Grünen nicht auch deswegen wichtige Stimmen verloren? Leute, die halt die kleineren Koalitionspartner gewünschter Koalitionen wählen, wenn sie die große Koalition nicht wollen?

     

    Und pseudowissenschaftliche Begründungen wurden doch abgelassen, dass der SPD das Streben nach einer rot-roten Mehrheit geschadet habe. Was für ein Unfug, wenn wir uns die Herkunft des Schulz-Effekts anschauen. Aber den Zuschauern sollte es eingeredet werden - wohl mit dem Ziel einer auf Bündnisse mit der Union allein fixierten SPD. Eine Koalitionsaussage, die die SPD unter Gabriel dem Niedergang nahebrachte.