SPD nach den Landtagswahlen: Hauptsache in der Regierung
Erstaunlich gelassen nehmen die Sozialdemokraten ihre neue Rolle als Juniorpartner der Grünen hin. Denn diese haben eine schwere Aufgabe vor sich.
BERLIN taz | Man hätte denken können, Sigmar Gabriel sei an diesem Montag in der eigenen Parteizentrale Chef der Grünen, nicht der SPD. Die Erfolge der Konkurrenzpartei bei den Landtagswahlen nannte er, fast euphorisch, einen "gerechten Lohn für jahrzehntelange Arbeit". Das müsse man anerkennen. "Hohn und Spott" hätte die Partei schließlich jahrelang für den Anti-Atom-Kurs kassiert. Es fehlte eigentlich nur noch das Glas Sekt und ein anerkennendes Prosit in Richtung Grünen-Parteizentrale.
Was Gabriel mit den Worten gar nicht klar genug demonstrieren konnte, spiegelt die Haltung der SPD wider: Bei dieser Landtagswahl in Baden-Württemberg hat sich die Partei mit der Rolle als Juniorpartner der Grünen abgefunden. Das liegt auch an den Protagonisten vor Ort: Für die Bundes-SPD ist es akzeptabel, wenn sich der bis vor kurzem noch unbekannte Spitzenkandidat Nils Schmid dem großväterlichen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann unterordnet.
In den SPD-Gremien am Montagmorgen war die Stimmung entsprechend unaufgeregt. Immer wieder wurde die Sondersituation hervorgehoben, in der in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gewählt wurde. Japan hat alles überschattet, analysierten die Sozialdemokraten. "Energiepolitik bleibt ein sozialdemokratisches Thema", gab sich der hessische Landesvorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel optimistisch. Am Ende freute man sich trotz der Verluste über die geretteten Regierungsbeteiligungen. "Man wird daran gemessen, ob man gestalten kann, nicht an Prozentzahlen", sagte Präsidiumsmitglied Ralf Stegner.
Baden-Württemberg zu regieren wird nicht leicht, das wissen die Sozialdemokraten. Mancher hofft, dass die Grünen in Verantwortung wieder an Zustimmung verlieren. Und da mit den Abgeordnetenhauswahlen in Berlin im September schon das nächste Kopf-an-Kopf-Rennen mit den Grünen bevorstehen könnte, käme so eine Entwicklung gelegen.
Sigmar Gabriel fand im Willy-Brandt-Haus für diese Situation seine eigenen Worte. Er beobachte die Entwicklungen mit einem "hohen Maß an Gelassenheit". Der Grünen-Sympathisant war weg. Da war er wieder, der SPD-Parteichef.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Geschasste UN-Sonderberaterin
Sie weigerte sich, Israel „Genozid“ vorzuwerfen
Prognose zu Zielen für Verkehrswende
2030 werden vier Millionen E-Autos fehlen
Fußball-WM 2034
FIFA für Saudi-Arabien
Vertrauensfrage von Scholz
Der AfD ist nicht zu trauen
Mord an UnitedHealthcare-CEO in New York
Mörder-Model Mangione
MLPD droht Nichtzulassung zur Wahl
Scheitert der „echte Sozialismus“ am Parteiengesetz?