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SPD-Vorschlag zu WindrädernBürgergeld für Windwutbürger

Für die Rettung der Energiewende: Die SPD will Gemeinden und Anlieger für Windräder „belohnen“. Es sind aber weniger Klagemöglichkeiten geplant.

Mit mehr Geld weniger Stress: Windräder in Gemünd in der Eifel Foto: dpa

Mit einem sogenannten Windbürgergeld will die SPD den Widerstand gegen den Bau von Windkraftanlagen abmildern. „Diejenigen, die Windräder in ihrer Nachbarschaft akzeptieren und damit den Ausbau der erneuerbaren Energie ermöglichen, sollen belohnt werden“, sagte SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch der Neuen Osnabrücker Zeitung (paid).

Dies könne einerseits durch Zahlungen an die Kommunen geschehen. Doch SPD-Umweltexperte Miersch denkt noch weiter: „Wir müssen auch direkte finanzielle Anreize für die Bürger schaffen, die in solchen Gebieten leben.“ In einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe würden derzeit mehrere Konzepte geprüft, um die Akzeptanz gegenüber Windrädern zu erhöhen. Im ersten Quartal 2020 wolle sich die Koalition einigen.

Zugleich will die SPD die Möglichkeiten einschränken, mit Klagen Windräder zu verhindern. „Langatmige Planungsprozesse wie jetzt werden wir uns nicht mehr erlauben können, wenn wir die enorme Transformation bewältigen wollen“, sagte Miersch. Deswegen werde man „über eine Reform des Planungsrechts reden, also über höhere Hürden, gegen die Windkraft vorzugehen“.

Auslöser der Vorstöße ist die Erkenntnis, dass der Einbruch beim Ausbau der Windkraft das Ziel der Regierung gefährdet, den Anteil der Erneuerbaren im Strommix bis 2030 auf 65 Prozent zu erhöhen. Im Jahr 2019 lag ihr Anteil, bezogen auf den Bruttostromverbrauch, bei etwa 43 Prozent. Allerdings wurden bis einschließlich November bundesweit nur 160 neue Windkraftanlagen gebaut – der tiefste Wert seit zwanzig Jahren.

„Prüfstein für die Große Koalition“

Miersch bezeichnete seine Pläne als „nächsten großen Prüfstein für die Große Koalition“. Von Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) erwartet er zudem eine flexiblere Entfernungsregelung anstelle der derzeit geplanten 1.000 Meter Mindestabstand aller Anlagen zu Wohngebieten. Speziell die Definition der Wohnbebauung, die derzeit ab fünf Häusern greift, steht dabei in der Kritik.

Die Vorschläge aus der SPD-Bundestagsfraktion sind nicht gänzlich neu. Die Idee, mit Geldzahlungen an Anrainer die Konflikte durch Windräder einzudämmen, wurde in einigen Bundesländern bereits umgesetzt: Mecklenburg-Vorpommern hatte 2016 beschlossen, dass bei neuen Windparks mindestens 20 Prozent der Anteile den Gemeinden und den Bürgern in einem Umkreis von fünf Kilometern zu den Anlagen anzubieten sind.

Im vergangenen Sommer hatte auch das Land Brandenburg ein Gesetz beschlossen, um „die Akzeptanz für Windenergieanlagen zu erhöhen und die regionale Wertschöpfung zu steigern“. Das soll geschehen, indem Betreiber jeder neuen Windkraftanlage 10.000 Euro im Jahr als Sonderabgabe an Gemeinden im Umkreis von 3 Kilometern abführen müssen. Das Geld soll so ausgegeben werden, dass „für die Einwohner ein Bezug zu den aus der Windenergieerzeugung generierten Geldmitteln erkennbar“ ist. Kritiker bemängeln dagegen, die Gemeinden könnten auch durch die Gewerbesteuer ausreichend von den Anlagen profitieren.

Die Grünen, die im Bundesrat bei vielen Gesetzen mitreden können, begrüßten Mierschs Vorstoß: „Wir sind gerne bereit, mit der Union und SPD über finanzielle Beteiligungsmöglichkeiten zu sprechen“, sagte Fraktionsvize Oliver Krischer. Dafür müsste aber die 1.000-Meter-Abstandsregelung vom Tisch. Protest kam dagegen von der FDP: „Die SPD möchte den Menschen ihre politische Meinung zur Energiewende mit dem Geld des Steuerzahlers abkaufen“, sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Marco Buschmann.

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10 Kommentare

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  • Es gibt so viel Platz in Deutschland für ein Vielfaches an Windrädern. Aber müssen die denn unbedingt immer direkt neben der Autobahn oder in der Nähe der Häuser stehen? Da, wo sie niemanden stören, gibt es keine.



    Ein wenig Landschaftsplanung würde wirklich nicht schaden!

  • Bisher waren die Prozeßhansel aber doch meist im Grünen Umfeld zu finden. DUH, NABU, und wie sie alle heißen. Irgendein Käfer, Lurch, Vogel fand sich immer, um Bauvorhaben lahm zu legen.

    Und nun, wo Otto Normalverbraucher auch mal sein Klagerecht nutzt, wird der Spieß ganz schnell umgedreht? Pfui!

  • prima , dann bleiben die reichen unter sich und die plebejer können ja fernsehen oder ins museum , wenn sie landschaft erleben wollen. der süden hat genug geld. auch die autobahnen werden endlich freier , bei gleichem konzept kann man den porsche ausfahren. und auch beim personal kann man auswählen , die willigsten und hübschesten dürfen dann auch da wohnen. der rest dann nach uckermark oder pott . da soll noch einer sagen die linken verstünden nichts vom wesen des geldes .

  • Werde ich jetzt als Stadtbewohner an den Gewinnen der Autoindustrie beteiligt?



    .



    Geld fürs zustimmen bei notwendige Infrastruktur Massnahmen? Ausgleich für Anwohner von Kohlekraftwerken, Stromtrassen, Autobahnen, als Stadtbewohner... s.o.



    .



    "Heiliger St.Florian..." scheint das einzige von chr. Leid(t)kultur, das übrig geblieben ist in "diesem unserem Lande!"



    .



    Gut das die "Betroffenen" noch nie in ihrem Leben andere gebraucht haben, usw.



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    Bin mal gespannt, wie lange es dauert, das bei diesen Ego-Ansätzen wieder "Schranken" an den Stadtmauern stehen. Mir gehen die Dieselstinker aus dem Umland nicht auf die Nerven, sondern auf die Gesundheit!



    .



    Brummt Sikasuu

  • Die blinkenden Windkraftanlagen berühren das Landleben. Dort wo führer sächsische Adelige und ihre gleichberechtigten Mannen mit den Franken viele Jahrzehnte Krieg führten, bis am Ende Kompromisse gefunden wurden und das Kreuz aus dem römischen Reich hier eingeführt. Dort stehen heute die neuen Symbole einer Klimareligion, die ganz germanisch Wind und Sonne verehrt. Noch im Dreißigjährigen Krieg wurde im Haus der Sachsen der Westfälische Frieden geschlossen, der den Papst aus ihrer Region fernhielt. Die römischen Kreuze waren schwer einzuführen. Ihre heutigen Windräder hat Enercon weit verbreitet und wurde oft kopiert, genau wie Solarworlds Sonnenmodule. Eine Naturreligion erobert die Welt. Soviel Satire muss sein. Vielleicht gibt es schon ein Windrad im Vatikan, eine Solaranlage ganz sicher. Vor der Religion der Gegenwart kann Rom sich nicht verschließen. Die Atomkraft war noch sehr zentralistisch.



    Die göttliche Energie wird weiterfliessen.

  • "Mit einem sogenannten Windbürgergeld will die SPD den Widerstand gegen den Bau von Windkraftanlagen abmildern."

    "Zugleich will die SPD die Möglichkeiten einschränken, mit Klagen Windräder zu verhindern."

    Ist ja schon spät, deswegen Verzeihung für die Verständnisfragen: Will Herr Miersch die Bevölkerung mit ihren eigenen Geld in die Akzeptanz von Windkraftanlagen bestechen? Und wenn sie dann immer noch dagegen ist will er ihnen ihre Rechte nehmen?

  • Die Kehrseite ist die Einschränkung der Klagemöglichkeiten. Die werden überall abgebaut, wo "die Großen" was durchziehen wollen. Gleiche Augenhöhe für Energiewirtschaft und Bürgern gibt in unserer Wirtschaftsform nicht und wo es Rechte für uns gab, die sich als lästig für Gewinnerwartungen erweisen, da heißt es "weg damit".



    Die Rechte werden auch da abgebaut, wo es nicht um Energiewende, sondern um sinnlose, ressourcenfressende Großprojekte geht. Also das Gegenteil von Klimaschutz.

    Der Vogelfänger lockt die Vögelchen mit süßen Flötentönen in die Falle. Wie schön das klingt.....

  • Der eine fährt Mist und der andre spazierren, das kann doch zu nichts gutem führen (Wilhelm Busch)



    Der eine stellt Windräder auf und streicht Gewinne ein, der andere hat seine schöne Aussicht verloren und hört ständig das Rauschen, aber vom Gewinn kriegt er nix ab.

    Man fragt sich natürlich wer das steuert, dass die Leute gegen Windräder so ziemlich erfolgreich vorgehen können, ein Schelm, wer die alten Energiekonzerne verdächtigt!

    Bei Autobahnen ist das viel schwieriger, wir schauen mit Zorn auf die Isentalautobahn (und viele andere Autobahnen) , gegen die 30 Jahre gekämpft worden ist, die absolut überflüssig ist, weil sie parallel zu einer Bundesstraße läuft und verkehrlich wäre es viel nötiger gewesen, die Eisenbahnlinie endlich 2-spurig und elektrifiziert zu machen als die Zerstörung eines sehr ruhigen und landschaftlich schönen Tals mit viel erhaltenswerter Natur.

    Bei Windrädern sind Vögel plötzlich schützenswert, bei industrieller Landwirtschaft, Lichtverschmutzung, Hochhäusern mit Glasfassaden redet man nicht davon.

    Bei Windrädern ist Lärm ein prima Gegenargument, beim Tempolimit auf der Autobahn oder der Zulassung von Sportwagen und Motorrädern aber nicht, bei Windrädern rechnen sie dir jedes Gramm verbauten Stahl dreimal vor, der Beton für die Autobahn regnet anscheinend ganz emissionsfrei vom Himmel.

    Windräder und andere alternative Energien sind erfolgreich und bei den Bürgern akzeptiert, wenn die Gemeinde Bauherr ist, wenn der finanzielle Ertrag ihnen zufließt, wenn alle Bürger einen direkten Nutzen sehen, zB. eine renovierte Schule.

    So zumindest haben wir es Beelitz erfahren (tourdenatur.net/node/195)

  • Grünlinke haben sich in der Vergangenheit vehement für eine Bürgerbeteiligung, Klagemöglichkeiten etc. eingesetzt. Nun geht es um eine Beschneidung von Kontrollrechten - weil die Kläger nicht zu den "Guten" gehören. Peinlich.