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SPD-Nachwuchs gegen KoalitionsvertragJusos wollen keine GroKo

Partei-Chef Sigmar Gabriel hat auf dem Juso-Bundeskongress alles gegeben. Trotzdem wurde in Nürnberg gegen den Koalitionsvertrag gestimmt.

Die Juso-Vorsitzende Johanna Uekermann (l.) und ein sichtlich bedienter Sigmar Gabriel. Bild: dpa

NÜRNBERG afp | Trotz eindringlichen Werbens von SPD-Chef Sigmar Gabriel hat sich die Jugendorgansiation der Partei (Jusos) gegen die große Koalition ausgesprochen. Der entsprechende Antrag „Zukunft gestalten geht anders!“ wurde auf dem Bundeskongress der Jusos am Samstag in Nürnberg mit Mehrheit angenommen. Die neu gewählte Juso-Bundesvorsitzende Johanna Uekermann argumentierte, ein „echter Politikwechsel“ werde mit dem Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und CSU nicht umgesetzt.

Gabriel hatte zuvor für ein Ja beim Mitgliederentscheid der SPD über die große Koalition geworben. Die SPD dürfe die Menschen nicht vier Jahre lang auf „bessere Lebensbedingungen warten lassen“, sagte er vor den Delegierten der Jusos. Der Koalitionsvertrag beinhalte „nahe an 90 Prozent“ dessen, was im 100-Tage-Programm des Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück gestanden habe. In den Bereichen Arbeitsmarkt, Renten und Sozialpolitik finde ein "Richtungswechsel in die richtige Richtung" statt. Gabriel räumte ein, dass die angestrebte Koalition mit der Union „keine Liebesheirat“ sei, sondern eine „Koalition der nüchternen Vernunft“.

Der SPD-Chef rief seine Partei zudem dazu auf, selbstbewusst in die Koalition mit CDU und CSU zu gehen. „Es gibt nur eine Partei, die die SPD klein machen kann: Das ist die SPD selber.“ Er reagierte damit auf die Sorge vieler Sozialdemokraten, dass ihre Partei durch eine Koalition mit der Union unter Führung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) weiter geschwächt werden könnte.

In der Braunschweiger Zeitung vom Samstag nannte Gabriel ein Ergebnis von über 30 Prozent als Ziel bei der nächsten Bundestagswahl. Im September hatte die SPD 25,7 Prozent der Wählerstimmen bekommen.

Die neu gewählte Juso-Bundesvorsitzende Johanna Uekermann lehnte dagegen den Koalitionsvertrag ab und warb für den Initiativantrag mehrerer Landesverbände. „Das Ergebnis der Verhandlungen überzeugt mich ganz und gar nicht“, sagte sie mit Blick auf die abgeschlossenen Koalitionsgespräche.

Mögliche Koalition mit Linken und Grünen

Uekermann bemängelte insbesondere den Verzicht auf Steuererhöhungen für Besserverdienende, fehlende Bafög-Erhöhungen und eine „Abschottungspolitik gegen Flüchtlinge“. Die Juso-Chefin sprach sich stattdessen für Neuwahlen und eine mögliche Koalition mit Linken und Grünen aus. Sie betonte zugleich, dass ein Nein zum Koalitionsvertrag kein Nein zur Parteispitze sei.

Die 26-Jährige war am späten Freitagabend mit 69,69 Prozent der Stimmen zur neuen Vorsitzenden der Jusos gewählt worden. Ihr Herausforderer Hauke Wagner erhielt demnach 27,6 Prozent. Uekermann ist Nachfolgerin von Sascha Vogt, der seit 2010 an der Spitze der Jusos gestanden hatte und nicht wieder angetreten war.

Unterdessen bekräftigte SPD-Generalsekretärin Andrea Nahles, dass die SPD-Spitze fest mit einer Zustimmung beim Mitgliederentscheid rechne. „Wir sind alle sehr zuversichtlich“, sagte sie dem Berliner Tagesspiegel am Sonntag. Einen Plan B für den Fall eines Neins gebe es jedenfalls nicht. Die SPD-Mitglieder können noch bis Donnerstagabend über die Koalitionsvereinbarung mit der Union abstimmen. Das Ergebnis soll am kommenden Samstag bekannt gegeben werden.

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22 Kommentare

 / 
  • F
    Frennes

    Herrn Gabriel und seinen Genossen geht es doch in erster Linie um einen Ministerposten, denn sie wissen, dass sie niemals mehr die Gelegenheit dazu erhalten werden. Es ist schon erbärmlich mit anzusehen, wie sie sich für ihren Posten einsetzen, obwohl sie aus parteilicher Sicht selbst nicht überzeugt sind.

    Steinbrück hatte wenigstens das Kreuz, zu sagen, dass er nicht als Steigbügelhalter herhalten werde und hat auch danach gehandelt.

    Eine Pipi Langstrumpf als Bundesministerin ist für mich nicht vorstellbar!!

  • R
    RLS

    @Sören

     

    alle die hier kommentieren, wollen, dass Deine Königin regiert.

    Aber weil sie sich nicht von der Realität abgekoppelt hat, weiß Sie dass sie noch nicht ein Gesetz durchbringen kann gegen Rot Rot Grün.

    Sie mag zwar viele Stimme haben, aber ihr fehlt die Mehrheit.

    Sie müssen lernen dieses zu akzeptieren.

    Wir Sozialisten mussten deine Partei auch ertragen, auch wenn wir sie zum Kotzen fanden, dass ist Demokratie.

    Fantasie ist nur dein Kommentar.

     

    Jetzt kommt noch etwas gegen die Netiquette.

    Den meisten Konservative spreche ich die Mündigkeit ab. Angelika Merkel hat von der Krise profitiert, viele Ideen kamen dabei von Gewerkschaften und Linken.

    Wenn Rot Rot Grün regiert, und die GROKO Befürworter sehen dass die Welt nicht untergeht, wird der nicht fanatische Teil, dieses akzeptieren.

    Die Fanatiker oder besser gesagt, die Egoisten werden immer noch über die bösen Linken schimpfen.

    Viele wollen nur eine GROKO, weil sie keine eigene Meinung haben, Die Blödzeitung ist ihr Sprachrohr.

  • Mein Votum lautete NEIN zur sogenannten großen Koalition.

    Die Jusos nahm ich in der Vergangenheit oft nicht ganz ernst. Aber - @WAAGE69 - lebensabschnittsradikale Akademikerkinder sind sie auch nicht sooo.

    Sie denken einfach mit, ist mein wenn auch unmaßgeblicher Eindruck.

     

    Siieeechmar, halt Dich zurück !

  • M
    Michael

    Zitat:

    "Die Juso-Chefin sprach sich stattdessen für Neuwahlen und eine mögliche Koalition mit Linken und Grünen aus."

    Das hat sie SO sicher nicht gesagt, denn für rotrotgrün gibt es BEREITS JETZT eine Mehrheit - mit der überall dort, wo der Koalitionsvertrag nur faule Kompromisse enthält, ein wirklicher Politikwechsel möglich wäre.

    Darum ist es perfide, wenn Herr Gabriel behauptet, ohne die große Koalition müssten die Menschen vier Jahre lang auf „bessere Lebensbedingungen warten“ - das Gegenteil ist richtig!

    In einem sinnvollen Basis-"Wahlkampf" müsste die SPD eigentlich den Koalitionsvertrag mit den Überschneidungen der Parteiprogramme von SPD, Linken und Grünen vergleichen.

    Das Ergebnis wäre klar...

  • Jaja, die Jungsozialist_innen.

     

    Früher: lebensabschnittsradikale Proletarierkinder (z.B. Gerd Schröder)

     

    Heute: lebensabschnittsradikale Akademikerkinder...

  • M
    MDS

    Aha der Floristin, die 5 Euro und weniger verdient weiss Gabriel ohne die GroKo nicht was er sagen soll und die Leiharbeiter und Werksverträgler sind ihm egal.

     

    Mit Rot/Rot/Grün hätte er beiden besseres sagen könne als mit der GroKo!

  • J
    joHnny

    "jusos"

    schwaches wahlergebnis aber fdpartiges anspruchsverhalten, um sich an den gestrigen der maueraffinen ex-sed-partei zu orientieren:

    "zukunft gestalten geht

    anders"...

    • H
      Hans
      @joHnny:

      Woher haben Menschen wie Sie immer Ihre Bildung zur Partei "Die Linke"? Springer? Ihre Vorurteile sind historisch bedingt verständlich, doch sollten Sie mal überlegen sich ein Bild der aktuellen Partei zu machen.

      Zumal besteht die CDU z.B. aus ehemals DDR-CDU, die loyale Opposition in der DDR gespielt hat und hat nach dem Krieg vielen NSDAPlern Parteiunterschlupf gewährt (ähnlich wie die FDP und SPD).

      http://de.wikipedia.org/wiki/Liste_ehemaliger_NSDAP-Mitglieder,_die_nach_Mai_1945_politisch_t%C3%A4tig_waren

  • Seit Jahrzenten die erste gute Nachricht aus dieser Partei! Weiter so, liebe Jusos. Am besten Ihr übernehmt gleich den ganzen Laden.

  • S
    Sören

    Wer mit 25% der Stimmen 100% seines Wahlprogramms durchsetzen möchte hat im harmlosen Fall ein Problem mit Zahlen. Im schlimmsten Fall hat er keinen Respekt vor einem demokratischen Ergebnis.

     

    Die SPD hat die Wahlen verloren, und kann jetzt trotzdem viele Dinge durchsetzen, etwa den Mindestlohn. Wer das nicht begreift, lebt in einer Fantasiewelt, abgekoppelt von der Realität. Die Leute haben bei der Wahl deutlich gemacht, wer Bundeskanzlerin bleiben soll, und sie sind nach den Umfragen mit dem Koalitionsvertrag einverstanden.

     

    Bei der Wahl gab es keine rot-rot-grüne Mehrheit in der Bevölkerung. Scheitert die Große Koalition gibt es Neuwahlen, darüber sollte man sich keine Illusionen machen. Und dann gibt es entweder eine absolute Mehrheit für die Union, oder AfD und / oder FDP ziehen ins Parlament ein.

    • @Sören:

      Es gibt eine linke Mehrheit im Bundestag, also haben doch diese Wähler (Mehrheit wohlgemerkt!) klargemacht, wer aus ihrer Sicht nicht Bundeskanzlerin sein soll. Soviel mal dazu. Warum ist es nicht möglich, dort anzusetzen und die CDU einzige Oppositionspartei sein zu lassen?

       

      Mal ganz davon abgesehen ist dieses parlamentarische System, wie wir es leben, auf Dauer nicht mehr tragbar. Diese ganze Fixierung auf feste Koalitionen, Fraktionen und Fraktionszwänge behindert mehr als daß es dem Volk nutzt. Regierungen sollten so zusammengesetzt werden, wie es die Sitzverteilung im Bundestag vorgibt. Also alle Parteien müssen an der Regierung beteiligt sein. Dann ist man auch gezwungen, ständig themengebundene Mehrheiten auszuhandeln. Dies setzt natürlich viel mehr Eigenverantwortung und Angegement der Parlamentarier voraus, als es derzeit üblich ist.

       

      Der Bundestag ist zwar verpflichtet, Mehrheiten zu schaffen. Aber es muß nicht zwangsläufigerweise auf dem derzeit üblichen Weg geschehen.

      • S
        Sören
        @keulix:

        Die Mehrheit ergibt sich aus dem Wahlrecht; aber insgesamt haben die Konservativen über 50% der Stimmen bekommen. Und zwischen Union und SPD liegen über 15%-Punkte, somit wurde indirekt deutlich gemacht, welcher Kanzlerkandidat bevorzugt wird.

         

        Die rot-rot-grüne Mehrheit existiert nur auf dem Papier. Realistisch gesehen werden weder SPD noch Linke garantieren können, dass alle ihre Abgeordneten bei einer Kanzlerwahl mit Ja stimmen werden. Die theoretische Mehrheit ist aber so kanpp, dass maximal eine handvoll Abgeordnete dagegen stimmen dürfen. Und die Grünen, die in solche Überlegungen ganz selbstverständlich einbezogen werden, haben in Hessen ein solches Experiment gerade erst nicht mittragen wollen.

        • HW
          Herr wirft Hirn
          @Sören:

          Mist, verfehlt!

  • A
    Apokalyptiker

    Es gibt also noch Hoffnung auf eine SPD !

  • U
    ubm

    Gut, wie ich finde. Das war der Juso-Bundeskongress, ich hoffe, das geht bundesweit so weiter. Ich freue mich auf Rot-Rot-Grün. Sigmar, bitte krempel die Ärmel hoch, das Kanzleramt wartet.

    • N
      noeffbaux
      @ubm:

      Falls RRG, müsste man doch erst einmal die Führung der SPD verjagen. Diese ganzen Agenda2010-Deppen gehören ins Nirvana der Geschichte verfrachtet!

  • R
    RLS

    Liebe Juso Chefin

     

    Sokrates hat gesagt:

    Wer die Wahrheit sagt, muss sterben.

     

    Du bist zu jung um politischen Selbstmord zu begehen, deshalb verzeihe ich Dir auch die kleine Lüge mit dem Nein zur Parteispitze.

    Natürlich müssen diese Neandertaler weg, sie stehen deiner neuen Zukunft im Weg.

     

    Auch widerspreche ich dir mit Neuwahlen. Was Gabriel in einem Monat angestellt hat, dafür würde es von beiden Seiten "Links wie rechts" böse Schläge geben. Warum auch es gibt immer noch eine Mehrheit für RRG. Die sich dagegen ausgesprochen haben, sind bei einem Nein politisch tot, und sollten ihre Klappe halten.

     

    Liebe Uekerman,

    die älteren Genossen in deiner Partei, sind nur noch daran interessiert in ihren letzten Jahren eine sichere Rente zu bekommen, aber wie soll dieses funktionieren ohne ein Systemwechsel.

    Jeder kann an Monopoly erkennen, dass dieses System nie funktionieren kann.

    Am Anfang hatten wir Millionäre, dann waren es hundertfache Millionäre. Dann Milliardäre, und in ein paar Jahren dann vielleicht Billionäre?

    Um ein Systemwechsel zu erreichen muss man die Schlossallee und die Parkstrasse entfernen.

    Ein Spitzensteuersatz ist muss um einen neuen Weg in eine andere Gesellschaft einzuläuten.

    Du musst den alten Genossen klar machen,

    wenn ihr eure Rente wollt, müsst ihr uns die Möglichkeit geben, neue Spielregeln einzuführen. Keiner kann mit 8,50 Euro, mit Leiharbeit, ohne dass man die Reichen daran beteiligt, eure Rente erwirtschaften.

    Ihr bekommt eure Rente, wir legen den Fahrplan dafür zurecht.

    Zudem gibt ihr diesen beiden Parteien eine Chance, die eure Rente sinnlos verpulvert haben, und uns wollt ihr sagen, was wir zu tun haben.

    Altersweisheit hat es bei den Indianer gegeben, dort wurden Häuptlinge nicht durch die Bildzeitung geprägt, deshalb gehe deinen Weg.

    Du hast mehr Hirn wie Gabriel, der sich durch sein tägliches Geschwätz verdummt hat.

  • N
    noeffbaux

    Jaha, es geht doch! Die Jusos sollen diesen Vorstand dann nach dem Scheitern endlich zum Teufel jagen und die SPD von unten her wieder sozialdemokratisieren!

     

    Das ist endlich mal eine gute Nachricht aus dieser Partei!

  • "Zukunft gestalten geht anders!" und "ein echter Politikwechsel werde mit dem Koalitionsvertrag zwischen SPD, CDU und CSU nicht umgesetzt" bringt es voll und ganz auf den Punkt. Warum nutzt man die endlich bestehende linke Mehrheit im Bundestag nicht für intelligente Regierungsansätze? ...wahrscheinlich ist es bis dahin mit unserem die "heile Welt" liebenden Volk noch ein weiter, weiter Weg... Wenn man die Augen aufmacht und sich die linke Mehrheit genau ansieht, dann stellt man fest, daß hier ein sehr breites Spektrum der Bevölkerung repräsentiert wird, von bürgerlich, gut situierten bis unterhalb der Armutsgrenze.

    • M
      marx-engels-1847
      @keulix:

      '... ein sehr breites Spektrum der Bevölkerung repräsentiert wird ...'

       

      politiker vertreten aber nicht die interessen der menschen (das volk) sondern die der wirtschaft (das kapital)

       

      und das könnten sie bei der jetzigen konstellation der groko ohne opposition viel hemmungsloser tun als wenn sie sich mit der volkspartei der neuen bundesländer vereinen würden

      • J
        johnny
        @marx-engels-1847:

        Wessen Interessen Politiker vertreten kann man immer daran sehen, wohin sie gehen, wenn sie a.D. sind. Bei der SPD sind das dann gerne Putin-treue Großkonzerne, bei der CDU/CSU/FDP irgendein DAX-Aufsichtsrat und bei den Grünen ist es der Aufsichtsrat eines Energieversorgers. Bei der Linken hört nie jemand wirklich auf, und falls doch, macht er/sie es den CDU-Leuten nach: man will ja auf Augenhöhe sein!

      • @marx-engels-1847:

        in Bezug auf manche alten Köpfe in der SPD von heute magst du recht haben... aber was hat denn die SPD in ihrer Anfangszeit für Interessen vertreten? Die der Wirtschaft mit sicherheit nicht. Und was wollen die JuSo's?