SPD Landesparteitag: Michael Müller macht sich warm
Der Spitzenkandidat der SPD will die AfD am liebsten aus dem Abgeordnetenhaus heraushalten. Müller warnt auch vor einem Bündnis von CDU und Grünen.
Mit einer Kampfansage an die AfD und einer überraschenden Warnung vor einem grün-schwarzen Bündnis hat SPD-Spitzenmann Michael Müller beim Landesparteitag am Freitagabend seine Partei auf den Wahlkampf eingestimmt. „Warum nehmen wir die Frage so selbstverständlich hin, ob das Ergebnis der AfD ein- oder zweistellig wird“, fragte Müller in seiner mehr als halbstündigen Eröffnungsrede. Seine Antwort war eine Kampfansage an die Rechtspopulisten und eine Aufforderung an die eigene Partei, sich nicht mit bescheidenen Zielen zufrieden zu geben: „Ich will die AFD raushalten aus den Parlamenten.“ Am Ende der Rede standen die 240 Delegierten auf und zollten dem Regierenden Bürgermeister, Landesvorsitzenden und Spitzenkandidaten minutenlangen Beifall.
Müller kämpft
Einfach war die Lage für Müller nicht gewesen. Als er vor rund einem Monat antrat, den Parteivorsitz von Jan Stöß zurückzuerobern, kam er auf ein Ergebnis von 81,7 Prozent. Ein „ehrliches Ergebnis“, wie ein Sozialdemokrat damals kommentierte. Mehr aber auch nicht. Hinzu kommt, dass die Sympathiewelle, auf der Müller nach seiner Wahl als Nachfolger von Klaus Wowereit surfte, inzwischen abgeebbt ist.
Müller musste also kämpfen, und er kämpfte. „Es sind noch 115 Tage, in denen sich entscheidet, ob Berlin eine soziale Stadt für alle bleibt“, begann er seine Rede in der „Station“ im ehemaligen Dresdener Bahnhof am Gleisdreieck. Müller erinnerte an die „erfolgreiche Regierungsarbeit der letzten 15 Jahre“, auf die man „mit Stolz“ zurückblicken könne.
Umfrage: Vielleicht warnte Michael Müller auch deshalb so vor den Grünen, weil er bereits die Ergebnisse einer Forsa-Umfrage kannte. In der Befragung für die Berliner Zeitung vom Samstag liegt die SPD zwar mit Abstand auf Nummer eins, allerdings würden sich nur 26 Prozent der WählerInnen für sie entscheiden.
Die Überraschung: An Nummer zwei liegen laut Forsa die Grünen mit 20 Prozent, gefolgt von der CDU mit 18 Prozent. Die Linken kommen auf 14 Prozent.
Und sonst: Mit 8 Prozent liegt die AfD nur im einstelligen Bereich, die FDP ist mit 5 Prozent nicht sicher im Abgeordnetenhaus. (taz)
Gleichzeitig räumte er ein, dass die Berlinerinnen und Berliner erwarteten, dass ihre Verwaltung auch Dienstleister sein müsse. „Da müssen wir besser werden“, sagte Müller vor dem Hintergrund des Terminchaos in den Bezirksämtern. „Wir müssen beim Thema Smart City auch in der Verwaltung Vorreiter sein.“ Dabei kündigte der SPD-Spitzenkandidat mehr Jobs an. „Ins Wahlprogramm habt ihr geschrieben, wir brauchen 110.000 Beschäftigte im öffentlichen Dienst: Genossen, seid doch mal mutig, weg mit der Obergrenze!“
Am Wahlprogramm, dass die Delegierten am Freitagabend als Regierungsprogramm verabschiedeten, hat diesmal auch die Basis mitgeschrieben. Auf mehr als 100 Seiten wird aufgelistet, was die SPD gerne tun würde, wenn sie allein regierte. Der sozialdemokratische Wunschzettel reicht von 2.500 Lehrkräften pro Jahr, mehr als 40.000 neuen Jobs jährlich, einer gebührenfreien Kita ab dem ersten Lebensjahr bis zu 100.000 neuen städtischen Wohnungen.
Warnung vor Grün
Michael Müller, SPD-Chef und Spitzenkandidat für den 18. September
Sollte es auch nach dem 18. September 2016 zu einem Zweierbündnis reichen, sagt man Michael Müller – anders als der SPD-Fraktion – eine gewisse Vorliebe für Rot-Grün nach. Davon war am Freitag freilich wenig zu spüren. Stattdessen nutzte Müller die Gelegenheit, vor einem Bündnis zwischen Grünen und der CDU zu warnen.
Den Vorwand gab ihm dabei der Koalitionsvertrag beider Parteien in Baden-Württemberg. „Die Interessen von Vermietern und Mietern dürfen nicht in eine Schieflage geraten“, zitierte Müller aus der grün-schwarzen Vereinbarung und wetterte: „Ja, es gibt eine Schieflage, aber nicht auf der Seite der Vermieter, sondern aufseiten der Mieter.“
Auch bei der Bildungspolitik ließ Müller kein gutes Haar an der Stuttgarter Koalition: „Grüne und Schwarze wollen Chancengleichheit reduzieren, wir wollen sie ausbauen.“
Erneut kritisierte Müller die Grünen als Partei der Volks- und Bürgerentscheide. „Das Wichtigste ist ihnen mehr Bürgerbeteiligung“, so der SPD-Chef. „Was mich stört, ist die Unterscheidung in eine gute und eine schlechte Demokratie. Die gute sind Volksentscheide und die schlechte gibt es in der BVV und im Abgeordnetenhaus.“ Demgegenüber betonte Müller: „Auch die Parlamente gehören dazu.“
Müller beendete seine Rede mit einem Bogen, den er zwischen dem Nachkriegsberlin und der Gegenwart schlug. Damals sei Berlin eine Stadt der Freiheit gewesen gegen die Unfreiheit jenseits der Mauer. Diesmal aber gelte es, die Freiheit gegen Intoleranz und Diskriminierung zu verteidigen. „Ich will, dass wir am 18. September sagen können: Berlin bleibt die Hauptstadt der Freiheit.“
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