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SPD-Landeschef in BaWü über Stuttgart 21"Votum der Bürger ist entscheidend"

Der SPD-Landeschef Nils Schmid begrüßt die Entscheidung der Deutschen Bahn AG für einen vorläufigen Baustopp. Damit sei der Weg zum Volksentscheid frei, meint Schmid.

Zwei Tage nach der Wahl stoppt die Bahn den Weiterbau von Stuttgart 21. Bild: dpa
Nadine Michel
Interview von Nadine Michel

taz: Herr Schmid, die Deutsche Bahn hat einen Bau- und Vergabestopp verhängt. Ist das in Ihrem Sinne?

Nils Schmid: Ich begrüße diesen Schritt. Er ist ein Zeichen dafür, dass die Bahn AG eine gute Zusammenarbeit mit der neuen Landesregierung sucht.

Aber Sie wollen doch das Projekt bauen. Erst einmal kommen die Grünen damit ihrem Ziel näher, den Bau ganz zu stoppen.

Nein, das ist kein Schritt zum Projektstopp. Er ermöglicht uns, den Weg zu einem Volksentscheid frei zu machen. Bis die Bürger das letzte Wort haben, sollten keine weiteren Fakten geschaffen werden.

Was wäre, wenn die Bahn jetzt Stuttgart 21 nicht mehr will? Die Grünen sagen, auf der Bahn habe bislang der Druck der schwarz-gelben Regierung gelastet.

Die Bahn plant ihr Schienennetz mit der Neubaustrecke nach Ulm. Sie hat Verträge unterzeichnet, die die Realisierung vorsehen. Und die Bahn hat noch einmal erklärt, dass sie das vollenden will. Damit sind wir auf einer Linie.

Bild: dpa
Im Interview: NILS SCHMID

NILS SCHMID 37, ist seit 2009 Landesvorsitzender der SPD in Baden-Württemberg und wird wohl als Juniorpartner der Grünen neuer Vizeministerpräsident. Er ist promovierter Jurist.

Das heißt, Sie stehen jetzt in der Koalition für die Sicherheit, dass das Projekt kommt?

Ich werde mich dafür einsetzen. Das letzte Wort sollen aber die Bürger haben.

Mehr Sicherheit können Sie den Investoren nicht bieten? Diese Rolle wollte die SPD doch in der neuen Regierung einnehmen.

Natürlich brauchen Investoren Sicherheit. Aber wir leben in einem demokratischen Rechtsstaat. Und das heißt, dass neue Mehrheiten auch gegebenenfalls Entscheidungen ändern können.

Auf Sie wird jetzt ein neuer Konflikt innerhalb der SPD zukommen. Die Formel Volksentscheid halfen Ihnen, durch den Wahlkampf zu kommen. Das wird jetzt nicht mehr reichen. Wie wollen Sie innerparteilich damit umgehen?

Das ist kein Formelkompromiss. Wir sind für einen Volksentscheid, um den gesellschaftlichen Konflikt zu lösen.

Der Baustopp wird das Projekt verteuern. Die Grünen rechnen nach dem Stresstest ohnehin mit Mehrkosten von etwa einer halben Milliarde Euro. Stehen Sie zur Sollbruchstelle von 4,5 Milliarden Euro, bei der auch Ministerpräsident Stefan Mappus aussteigen wollte?

Wir sollten jetzt das Ergebnis des Stresstests abwarten und nicht schon vorher mit Zahlen hantieren.

Stehen Sie zu der Kostengrenze, zu der sich auch die Bahn bekannt hatte?

Für mich ist das Votum der Bürger entscheidend. Wichtig ist aber, dass die Bürger in voller Kenntnis über die Kosten einer Fertigstellung, aber auch im vollen Bewusstsein der Kosten eines Ausstiegs entscheiden.

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13 Kommentare

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  • B
    bauesel

    Schon nicht mehr verwunderlich, wie kurzsichtig immer noch argumentiert wird.

    1. die Grünen in Ba-Wü haben die Wahl nicht wegen S21 gewonnen, obwohl der Konflikt dazu sicher eine wesentliche Rolle gespielt hat. Das können viele Zeitgenossen offensichtlich nicht aseinanderhalten. Schade! Mangelndes Differenzierungsvermögen führt nicht weiter.

    2. Die Schlichtung hat viele bisher mutwillig unter Verschluss gehaltene Fakten ans Licht gebracht, aber längst nicht alle. Die Kostenkalkulation der DB von 2002 mit 4,2 Mia Euro, die verlogenerweise als DM bezeichnet worden, ist noch keineswegs vom Tisch.

    3. Es stimmt was Schmid sagt: Ein Volksentscheid noch kompletter, wahrheitsgemäßer Offenlegung aller Fakten ist angesagt, aber sicher ohne NRW. Es ist hier schon viel zu viel gelogen, betrogen und vertuscht worden und wird noch weiterhin.

    4. Es ist aber andererseits sehr wahrscheinlich, dass die jetzt vorgegebenen Kosten, weil man das Projekt ja bauen will, auch nicht ansatzweise haltbar sind. Also erledigt es sich von selbst. Es hat genügend seriöse Gutachten gegeben, die die von der DB schöngerechneten Zahlen nicht bestätigt haben.

    5. Bei den AKWs wurde auch schöngeredet und jetzt ist plötzlich alles anders, obwohl hier gar nichts passiert ist.

  • F
    Fordler

    Auch nach einem Volksentscheid pro S21 werden gewisse Gruppen weiter dagegen auch gewaltsam vorgehen.

    Das ist deren Verständnis von Demokratie.

    Damit darf sich dann aber Grün/Rot herumschlagen.

    Wenn ich lese, daß eine S21 Gegnerin über den vorläufigen Baustopp ausruft: "Ich könnte heulen vor Glück", wohlgemerkt hier geht es um Geld, nicht um Menschenleben. Dann denke ich, die hat nicht alle Tassen im Schrank.

  • MH
    Martin Härer

    Im Wahlkampf haben sowohl SPD als auch die Grünen für den Volksentscheid geworben. Den Grünen dämmert nun, dass sie diese Abstimmung wohl verlieren werden. Wo liegt nun bitte das Problem, wenn Nils Schmid zu seiner Wahlaussage steht?

  • J
    Jackfn

    wenn man die wahlergebnisse mal anschaut sind die knapp 25% der Grünen und die 3% der Linken die MINDERHEIT! Also hat sich BaWü eindeutig mit den Stimmen von CDU FDP und SPD klar für S21 entschieden. Die Parkschützer sollten mal lieber wieder in die Grundschule(die es wahrscheinlich in BW dank Grün nicht mehr geben wird) gehen und rechnen lernen

  • DP
    Daniel Preissler

    Da S21 nur bis zu den genannten Kosten legitimiert ist und diese nie und nimmer eingehalten werden können, der Landtag zudem mehrfach belogen oder nicht informiert wurde (Leistungsfähigkeit), ist es absolut möglich diesen Schwachsinn zu stoppen. Der alte BHF ist besser, davon haben auch die Bürger in NRW mehr!

    Keine Airbags für die Mafia!

  • CB
    Claus Brod

    Ob die Bahn das mit dem Baustopp wirklich so ernst meint, ist noch nicht raus. Aktuelle Beobachtungen am Bahnhof legen nahe, dass zumindest derzeit munter weitergebaut wird, siehe http://www.parkschuetzer.de/statements/74285 . Fazit des Beobachters:

     

    "Es werden massiv die Arbeiten für den neu anzulegenden Querbahnsteig, der 140m entfernt vom bisherigen Querbahnsteig in Richtung Gleisvorfeld angelegt werden soll vorangetrieben. Mit diesem Querbahnsteig ist der Bau eines neuen provisorischen Südeinganges und dem dazugehörigen Steg in den Park Richtung Stadtbahnhaltestelle Staatsgalerie verbunden. Dieser Zugang soll zwischen dem ersten und dem zweiten Vorbau des Südflügels geschaffen werden, hierzu muss der Südflügel an dieser Stelle ganz oder teilweise zerstört werden.

     

    Es werden weiter Fakten geschaffen !!!"

  • U
    unjust

    Schon merkwürdig wie Herr Schmid ständig versucht im medialen "Aufwind" seine Person in den Vordergrund zu stellen. Herr Kretschmann ist unser neuer "Landesvater"

    und ich denke er wird seine Sache gut machen.

     

    liebe Grüße aus dem sonnigen BW

  • BI
    Bürger in NRW

    Ein Volksentscheid ist absolut wünschenswert, aber nicht nur in Baden-Württemberg, sondern in ganz Deutschland, ich will durch S21 hier in NRW auch profitieren und will auch Pro-S21 abstimmen!

  • R
    reblek

    Noch nicht 40 Jahre alt und redet auf fast jede Frage drumherum, der Herr Schmid.

    "Die Formel Volksentscheid halfen Ihnen, durch den Wahlkampf zu kommen." Es handelt sich bei "Formel" bekanntlich um einen Singular.

  • R
    ryba

    Was würde eigentlich passieren, wenn bei einem Volksentscheid z.B. 60% für Stuttgart21 sind?

    Gibt's dann einen Bürgerkrieg?

  • G
    GuteNachtBW

    Ich verstehe die Logik nicht ganz.

     

    Die Verträge sind unterschrieben. Die Bahn hat einen Rechtsanspruch darauf, dass S21 gebaut wird. Darüber kann man sich nicht hinwegsetzen.

     

    Eine Volksabstimmung ist daher überflüssig, aber muss wohl stattfinden, um auch die grüne Minderheit zu überzeugen. Interessant zu sehen ist es, wie Grüne versuchen, den Willen der Mehrheit und bestehende Verträge und damit rechtsstaatliche Prinzipien durch juristische Winkelzüge und marodierende Radikale auf den Straßen auszuhebeln.

     

    Wohl ein Vorgeschmack auf Grün-Rot in BW.

  • EB
    Ein Bürger

    Als Bürger in BW würde ich gerne von Herrn Schmid wissen wer an der Volksabstimmung teilnehmen kann.

    Nur die Stuttgarter, die Ulmer, die Freiburger, die Hotzenwälder, die Hohenzollern, die ... oder alle zusammen ???

  • R
    Ram

    Das ist mal wieder typisch SPD. Sie steht auf Seiten der Kapitalinteressen und der Unterschied zur Union besteht darin, diese Kungelei unter dem Mantel von Demokratischen Spielregeln und geheucheltem Interesse an den Bedürfnissen der Menschen zu verstecken.

    Noch immer gilt:

    Wer hat uns verraten - Sozialdemokraten !

     

    eine gute Zeit noch

    Ram

     

    Im übrigen bin ich der Meinung, dass das bedingungslose Grundeinkommen sofort einzuführen ist.br