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SEK-Einheit in KölnKlettern, fesseln, saufen

Hubschrauberübung statt Cookies und Bananen: Das Abschiedsgeschenk einer SEK-Einheit auf einer Kölner Brücke wird in NRW zum Politikum.

Der ideale Ort für eine Abschiedsparty. Foto: imago/manngold

Köln taz | Es war ein spektakulärer Anblick: Fünf Polizisten in SEK-Montur standen in 80 Meter Höhe auf dem Pfeiler einer Kölner Rheinbrücke, ungesichert, umkreist von einem Hubschrauber. Die offizielle Begründung der Spezialeinheit für die ungewöhnliche Aktion im August 2014: Es habe sich um eine normale Übung gehandelt.

Mittlerweile hat sich herausgestellt, dass das nicht so ganz stimmte. Der Einsatzleiter der Eliteeinheit stand kurz vor der Beförderung, da musste ein anständiges Abschiedsfoto her: die Führungskräfte der Spezialeinheit ergriffen die Gelegenheit für ein bisschen mehr Extravaganz. Ein Foto in luftiger Höhe über der mächtigen Severinsbrücke sollte es sein.

So wurde kurzerhand die Stadt informiert, man benötige den Zugang zum Pylon, einem der tragenden Pfeiler der Hängebrücke. Ein Stadtbeamter gab vor Ort eine Sicherheitseinweisung – im Glauben, es handle sich tatsächlich um eine Fortbildungsveranstaltung für Spezialkommandos. „Die Stadt wurde von den Beamten absichtlich getäuscht und hat unwissentlich das private Fotoshooting auf Kosten der Steuerzahler unterstützt“, sagt Gregor Golland (CDU), Mitglied des NRW-Innenausschusses. Golland hatte eine kleine Anfrage zu den Geschehnissen im August 2014 an Innenminister Ralf Jäger (SPD) gestellt.

Der antwortete in seinem Bericht, die Staatsanwaltschaft Aachen prüfe inzwischen die Aktion auf strafrechtliche Relevanz – wegen möglicher „Vermengung dienstlicher und privater Belange“. Geprüft wird auch, ob der Hubschrauber tatsächlich fachlich begründet um die Brücke kreiste. Das hatte zumindest das Kölner Polizeipräsidium angegeben. Vom Helikopter aus hätten Übersichtsaufnahmen von „einsatzrelevanten Örtlichkeiten im Stadtgebiet“ gemacht werden sollen, so die Behauptung. Die Alternative wäre laut Innenministerium allerdings, dass die Anforderung des Hubschraubers für die Aufnahmen „vorgeschoben war, um das eigentliche Ziel, (Privat-)Aufnahmen von der Übung zu fertigen, zu verdecken“. Hinzu kommt, dass der eingesetzte Hubschraubertyp in NRW nicht für Höhenübungen zugelassen ist.

Der Vorwurf gegen die Beamten: Vermengung dienstlicher und privater Belange

Unter Rechtfertigungszwang kommt nun auch Kölns Polizeipräsident Wolfgang Albers. Der hatte angegeben, vom privaten Hintergrund der Übung erst vor Kurzem erfahren zu haben. Albers steht ohnehin unter Beschuss: Denn es gibt einen zweiten Skandal um dieselbe Kölner Einheit. Es geht um Mobbing und fragwürdige Aufnahmerituale: Auszubildende sollen gefesselt und zu Besäufnissen im Indianerkostüm gezwungen worden sein. Albers hat nach eigenen Angaben auch davon nichts gewusst. Zuletzt stand er wegen der eskalierten Hogesa-Demonstration in Köln in der Kritik, weil das Polizeiaufgebot bei der gewalttätigen Demo im Oktober vergangenen Jahres zu klein war.

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