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S 21 kostet 1,1 Milliarden Euro mehrDie Bahn will zahlen

Die Kosten für das umstrittene Bauprojekt Stuttgart 21 sprengen deutlich die festgelegte Obergrenze. Mehrkosten von über einer Milliarde Euro fallen an.

Neuer Kostenvoranschlag im Projektbriefkasten: Der Bahnhofsumbau in Stuttgart wird nun 5,62 Milliarden Euro verschlingen. Bild: ausdemweltall/photocase.com

BERLIN dapd | Das Bahnhofsprojekt „Stuttgart 21“ wird deutlich teurer als geplant. Die Mehrausgaben in Höhe von voraussichtlich 1,1 Milliarden Euro will die Bahn übernehmen. Bahn-Infrastrukturvorstand Volker Kefer nannte die neue Kostenprojektion für das umstrittene Projekt am Mittwoch in Berlin nach einer Sitzung des Bahn-Aufsichtsrats. Hinzu kämen Risiken von mehreren Hundert Millionen Euro durch externe Faktoren.

Bisher war eine Obergrenze von maximal 4,5 Milliarden Euro angepeilt worden. Kritiker des Neubaus gehen inzwischen von Gesamtkosten zwischen sechs und zehn Milliarden Euro aus. Der Bund und das Land Baden-Württemberg hatten bereits klargemacht, dass sie sich nicht an Mehrkosten beteiligen werden. Bahnchef Rüdiger Grube will trotzdem an dem neuen Bahnknoten festhalten.

„Wir stehen zu 'Stuttgart 21', wir werden diesen Bahnhof bauen“, hatte er der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" am Dienstag gesagt. Als einen Grund für die Kostensteigerung nannte Grube Verzögerungen durch Proteste und Schlichtung in Stuttgart.

Die Bahn teilte mit, der Aufsichtsrat habe sich vom Vorstand ausführlich über den aktuellen Stand der Kosten- und Terminentwicklung des Projekts informieren lassen. Die Information sei auf der Grundlage des Sechs-Punkte-Programms erfolgt, das im April dieses Jahres vom Vorstand gestartet wurde. Wesentliche Bestandteile dieses Programms seien die Überprüfung der Kostenbasis, die Erarbeitung von Einsparpotenzialen sowie die Entwicklung optimierter Ablaufprozesse und neuer Projektstrukturen gewesen. Dabei sei die Bahn durch ein externes Beraterkonsortium unterstützt worden.

Erhöhung des Finanzierungsrahmens

Durch die Erhöhung des Finanzierungsrahmens auf 5,626 Milliarden Euro seien alle in dem Programm herausgearbeiteten Mehrkosten abgedeckt, hieß es weiter. Der Aufsichtsrat habe die Ergebnisse und Vorschläge aus dem Sechs-Punkte-Programm zur Kenntnis genommen und werde zeitnah darüber beraten.

Zudem sei der Aufsichtsrat über zusätzliche Risiken informiert worden, die sich künftig aus externen Einflussfaktoren ergeben könnten, beispielsweise der Änderung von Auflagen und Genehmigungsverfahren oder aus Forderungen nach Zusatzleistungen, etwa dem Filderdialog, aus dem der Bau des Flughafenbahnhofs hervorging. Diese Risiken könnten sich auf eine Höhe von mehreren Hundert Millionen Euro summieren.

In diesem Zusammenhang habe der Aufsichtsrat den Vorstand aufgefordert, die Interessen der Deutschen Bahn AG zu sichern und diese mittels der sogenannten Sprechklausel durchzusetzen. In dem Finanzierungsvertrag von 2009 steht eine „Sprechklausel“, wonach die Projektpartner Gespräche führen müssen, wenn der Kostendeckel von 4,5 Milliarden Euro überschritten wird.

Die baden-württembergische Landesregierung ist nach den Worten von Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) der Auffassung, dass aus der „Sprechklausel“ keine Verpflichtung zur weiteren Zahlung über den Kostendeckel hinaus resultiert, „sondern lediglich eine Verpflichtung zum Sprechen, der sich die Landesregierung nicht verschließen wird“, wie er am Mittwoch sagte.

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8 Kommentare

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  • H
    hätte

    "Hätten sich bei der Volksabstimmung die Befürworter des Ausstiegs durchgesetzt hätten sie dann auch mit 5% ihres Bruttogehaltes für die Kosten des Ausstiegs einstehen können."

    Ja, und die anderen zahlen für den Atommüll und die Gesundheitskosten.

    Sehr gerne!

  • A
    Alreech

    gute Idee, mit dem Abführen von 5% des Bruttogehaltes.

     

    Das sollte man grundsätzlich bei jeder Volksabstimmung so halten, das die Seite die sich durchsetzt dann die Kosten dafür tragen muß, und nicht der Steuerzahler.

     

    Schließlich ist eine Volksabstimmung weniger demokratisch legitimiert als ein Parlament und darf deswegen nicht über die Verwendung von Steuergeldern entscheiden, oder ?

     

    Natürlich müsste man dann auch den Abstimmungsmodus ändern, statt einer freien und geheimen Wahl werden Abstimmungsverhalten und Person eindeutig erfasst und sollte für mindestens 20 Jahre archiviert werden.

     

    Solche Regeln könnten der Demokratie in Deutschland nur helfen !

    Hätten sich bei der Volksabstimmung die Befürworter des Ausstiegs durchgesetzt hätten sie dann auch mit 5% ihres Bruttogehaltes für die Kosten des Ausstiegs einstehen können.

  • Z
    Zuffenhäuser

    Liebe taz, es sind nicht 1,1 Milliarden, sondern -wie McKinsey festgestellt hat- 2,3 Milliarden Mehrkosten, insgesamt soll das ganze nun 6,8 Milliardeb Euro kosten. Die weiteren 1,2 Milliarden will sich die Bahn nur vom Land bezahlen lassen.

  • H
    Hannah

    5% mindestens. Ich stimme Lehmann vollkommen zu. Ansonsten wird der/die Autonormalbürger/in auf den höher entstehenden Kosten sitzen. Und der/die Bürger/in zahlt doch schon durch die Verflichtungen, die der Bund eingegangen ist, durch die Parteikassen, die der Steuerzahler finanziert, etc.

    Wer FÜR etwas stimmt, sollte sich darüber Gedanken machen, was das für Konsequenzen haben könnte. Bei Unsicherheiten stimme ich dagegen. Also 5% vom Bruttogehalt der Befürworter mindestens bevor der Autonormalbürger für die Kosten aufkommen muss!

  • VJ
    Volker Juchtenkefer

    Das Schlimme ist doch, dass diese Mehrkosten dann für andere - deutlich sinnvollere - Projekte nicht mehr zur Verfügung stehen. Eine vernünftige Anbindung Ingolstadt - München, Würzburg - Frankfurt, Mannheim - Frankfurt oder Fulda - Frankfurt würde sicherlich eine wesentlich größere Wirkung (für mehr Menschen) erzielen.

  • WS
    Wer soll das bezahlen?

    Wer soll das bezahlen,

    Wer hat das bestellt,

    Wer hat so viel Pinke-pinke,

    Wer hat so viel Geld?

     

    ... Die Mehrkosten sollten 1:1 die Projektbefürworter bezahlen, da diese diesen Wahnsinn immer weiter vorantreiben. Aus den Parteikassen von CDU, SPD ... als auch die Politiker als Privatpersonen, ProS21-Initativen, S21- Befürworter wie dieser Werte Herr Pfarrer, die Bahn usw. sollten hier zur Kasse gebeten werden. Dasselbe gilt für jeden Einzelnen der bei der Volksabstimmung für den Tiefbahnhof gestimmt hat. Hätte man die Volksabstimmung so gestaltet das sich jeder der sich für S21 entscheidet auch zur Übernahme der Mehrkosten verpflichtet, dann wäre die Abstimmung aber ganz anders ausgefallen. Aber jetzt wills ja keiner gewesen sein. Ich will nicht mit meinen Steuern bezahlen, die sollen lieber in Bildung, Gesundheit und Soziales investiert werden als in so einen Wahnsinn. Liebe Befürworter wer A sagt muss auch B sagen!!!

  • H
    Humakapital

    Ich bete zu allen Göttern und dem heiligen Atheismo, dass Bund, Länder, die Stadt Stuttgart und der Aufsichtsrat nicht einknicken.

     

    Bitte, bitte, bitte!!

  • L
    Lehmann

    Es läuft alles nach Plan. Genau wie erwartet.

    Warscheinlich wetten auch schon etliche Bänker gegen das Projekt.

    Ich finde, die Befürworter sollten 5% ihres Bruttogehaltes abführen, bis der Bahnhof fertig ist.

    Die anderen Milliarden werden ja bereits von allen Lagern bezahlt.

    Das wäre zwar nicht sehr demokratisch, aber fair.