Russlands Amnestiegesetz: Kreml-Kritiker drohen neue Verfahren
In Russland steht das Amnestiegesetz an. Michail Chodorkowskis Chancen auf Freilassung aber sinken. Gegen ihn werden weitere Strafsachen geprüft.
MOSKAU afp/ap | Die russischen Justizbehörden prüfen weitere Strafsachen gegen den seit 2003 inhaftierten Kreml-Kritiker und früheren Oligarchen Michail Chodorkowski, dessen Freilassung für kommenden August vorgesehen ist.
Einige Strafsachen könnten sich zu Justizverfahren entwickeln, sagte der stellvertretende Generalstaatsanwalt Alexander Swjaginzow am Freitag laut der Nachrichtenagentur Interfax. Seinen Äußerungen war zu entnehmen, dass er nicht mit einer Amnestierung Chodorkowskis durch den russischen Präsidenten Wladimir Putin in diesem Jahr rechnet.
Die Regierung müsse die öffentliche Meinung berücksichtigen, wenn sie entscheide, wen der Straferlass begünstigen soll. „Unser Volk möchte nicht jene begnadigen, die Gewaltverbrechen begangen haben, jene, die Verbrechen gegen die Gesellschaft begangen haben, inklusive Rowdytum“, sagte Ministerpräsident Dmitri Medwedew. „Das Volk möchte nicht Leute begnadigen, die Staatsverbrechen begangen haben, große Unterschlagungen.“
Es wird erwartet, dass das Amnestiegesetz in den nächsten Tagen an das Parlament übersandt wird. Es soll Tausende russischer Häftlinge begnadigen und gilt damit als die größte Strafverschonung der vergangenen 20 Jahre. Doch sind Präsident Wladimir Putin und das Parlament noch dabei, die Details zu klären.
Wer kann auf Amnesie hoffen?
Putins Menschenrechtsberater Michail Fedotow hatte diese Woche die Erwartung geäußert, Chodorkowski, der frühere Chef des russischen Erdölkonzerns Yukos, könne im Zuge der Amnestie auf freien Fuß kommen. Der einst reichste Mann Russlands war im Jahr 2003 festgenommen und zwei Jahre später wegen Betrugs und Steuerhinterziehung verurteilt worden.
Swjaginzow machte keine Angaben zu den Ermittlungen in anderen Strafsachen. Die Ankündigung der Amnestie wird für kommenden Donnerstag erwartet. Putin hatte darauf hingewiesen, dass „schwerwiegende Verbrechen“ nicht unter die Amnestie fielen.
Russische Menschenrechtsaktivisten drängen den Kreml, auch politische Häftlinge freizulassen. Medwedew bestritt jedoch, dass es in Russland politische Häftlinge gibt. Bei den so Bezeichneten handele es sich um Leute, die trotz ihrer regierungskritischen Ansichten „das Glück hatten, ins Rampenlicht zu kommen“, sagte der Regierungschef. „Sie sind nicht wegen ihrer politischen Ansichten in Haft. Sie sind in der Strafanstalt oder im Gefängnis, weil sie die öffentliche Ordnung verletzt haben.“
1994 hatte die Staatsduma Dutzende Gegner des damaligen Präsidenten Boris Jelzin begnadigt. Sie waren nach den politischen Wirren 1993 inhaftiert worden, bei denen letztlich das Parlament vom Militär besetzt worden war.
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