Russland-Ukraine Konflikt: Politischer Suizid
Das Minsker Abkommen wird abermals zum Spielball. Keine Seite zeigt den Willen, es zu verlassen oder umzusetzen. Der Krieg geht derweil weiter.
W ährend alle Welt rätselt, ob Moskau wirklich seine Truppen von der Grenze zur Ukraine abzieht und die Gefahr eines Krieges größeren Ausmaßes zumindest vorerst gebannt wäre, sprechen im Donbass wieder die Waffen. Dabei ist es müßig zu ergründen, wer dieses Mal zuerst den Finger am Abzug hatte.
Die ukrainische Regierung wirft Russland vor, das Minsker Abkommen gebrochen zu haben. Dass diese Anschuldigung gerade jetzt erhoben wird, ist kein Zufall. Kiew fühlt sich von Russland, aber auch vonseiten seiner westlichen Partner einem wachsenden Druck ausgesetzt, im Rahmen des Minsker Prozesses zu liefern. Will heißen: ein Statusgesetz für die beiden sogenannten Volksrepubliken Lugansk und Donezk auf den Weg und damit die Umsetzung des politischen Teils des Abkommens entscheidend voranzubringen.
Zu diesem Druck dürfte auch Bundeskanzler Olaf Scholz beigetragen haben, der bei seiner Ost-Tournee am Dienstag in Moskau ebenjene Bereitschaft der Ukraine vermeldete. Doch unabhängig davon, was Präsident Wolodimir Selenski und der Kanzler bei ihrem Kiewer Tête-à-Tête besprochen haben: Die Umsetzung des Abkommens käme für Selenski und seine gesamte Regierung einem politischen Selbstmord gleich. Das weiß auch Russland, das mit Minsk ein weiteres Instrument in der Hand hat, um die Politik der Ukraine auch künftig maßgeblich in seinem Sinne zu beeinflussen.
Deshalb vermeidet die russische Regierung auch eine Anerkennung der „Volksrepubliken“, obwohl die Duma sie fordert. Denn das wäre der Todesstoß für das Minsker Abkommen, das für Russland sehr vorteilhaft ist. Dennoch bleibt die Anerkennung eine ernst zu nehmende Drohung, weil sie die Verschiebung der ukrainischen Grenzen festschreiben würde. Wie also wird es weitergehen? „Zurück auf ‚los‘“: die Rückkehr in der Ostukraine zum Status quo, zu einem Krieg auf „kleiner Flamme“, der noch jahrelang dauern kann.
Leidtragende sind die Menschen in der Konfliktregion. Doch solche Kollateralschäden werden offensichtlich in Kauf genommen – von allen Seiten.
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