Russischer Regisseur zur ISS gestartet: Zum Filmdreh ins All
Der russische Regisseur Klim Schipenko ist am Dienstag zur Raumstation ISS gestartet. Er will im Weltall einen Spielfilm drehen – als erster Mensch überhaupt.
Klim Schipenko ist also auch so ein Erster. Erster Regisseur der Welt, der nicht in irgendwelchen Studiokulissen auf der Erde einen Film übers Weltall dreht, sondern sich der Schwerelosigkeit, den Kopfschmerzen, der Enge einer Raumkapsel aussetzt, um eine Art Pionier zu sein. Der russische Kosmonaut Anton Schkaprelow reist mit ihm und der Schauspielerin Julia Peressild mit dem Raumschiff Sojus MS-19 zur ISS. Am Dienstag sind sie vom Weltraumbahnhof Baikonur in der Steppe von Kasachstan in Zentralasien gestartet.
Auf der Erde war Schipenko das Pionier-Dasein nicht gegönnt. Noch bevor sich der 1983 Geborene das rote sowjetische Halstuch hätte umbinden können, war die Sowjetunion zusammengebrochen. Als Sohn eines Theaterautors und einer Fernsehmacherin habe er bereits als Jugendlicher gewusst, dass er Filme drehen wolle, erzählte Schipenko einem russischen Unterhaltungsmagazin.
Seine Kindheit verbrachte er hinter Theaterbühnen und in Fernsehstudios. Sein Vater Alexei war Anfang der 1990er Jahre nach Deutschland gezogen, den Sohn zog es nach Amerika. Als 16-Jähiger kam er mit einem Schulaustauschprogramm nach Kalifornien. In Los Angeles studierte er später Filmproduktion und kehrte 2004 nach Russland zurück. Mit seinem eigenen Geld drehte er Kurzfilme, schrieb etliche Drehbücher. „Es war eine schwere Zeit, niemand in Russland hatte auf mich gewartet“, sagte er einst russischen Medien.
Erfolg mit einem Film über einen Oligarchensohn
Einen Namen machte sich der 38-Jährige vor allem 2019 mit seiner Komödie „Cholop“ („Der Knecht“). Der Film über einen reichen, verwöhnten, ungehobelten Oligarchensohn, der nichts besseres zu tun weiß, als sich nächtelang in Clubs herumzutreiben, Frauen anzumachen und schließlich als Geknechteter im 19. Jahrhundert landet, ist einer der erfolgreichsten russischen Filme in Russland der vergangenen Jahre.
Über den Weltall-Film, den Schipenko jetzt an Bord er Raumstation drehen will, ist relativ wenig bekannt. „Wysow“ lautet der Arbeitstitel, Herausforderung. Der Streifen soll von einer Ärztin (Julia Peressild) erzählen, die zur ISS fliegt, um einen erkrankten Kosmonauten – die Russ*innen sagen nicht Astronaut – zu retten. Zwölf Tage lang wollen Schipenko und Peressild oben sein.
Unten auf der Erde widmet ihnen das Staatsfernsehen derweil ganze Sendungen. Es lädt Kosmonauten und Kosmonautinnen ein, bespricht mit ihnen die Schwierigkeiten der Schwerelosigkeit für relativ Ungeübte, listet auf, was es an der ISS zu essen geben wird und wie fünf Leute sich die lediglich drei Schlafplätze zu teilen gedenken. Nach knapp drei Stunden Flug meldet die Flugleitzentrale in Baikonur in der Steppe von Kasachstan schließlich: „Das Andocken erfolgt manuell.“
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Bundestag bewilligt Rüstungsprojekte
Fürs Militär ist Kohle da
Stockender Absatz von E-Autos
Woran liegt es?
Kürzungen im Berliner Haushalt
Kultur vor dem Aus
Grüne über das Gezerre um Paragraf 218
„Absolut unüblich und respektlos“
BSW-Chefin im ZDF
Wagenknecht räumt Irrtum vor russischem Angriff ein
Erfolg gegen Eigenbedarfskündigungen
Gericht ebnet neue Wege für Mieter, sich zu wehren