Russischer Aufkauf eines Flughafens: Des Oligarchens Konsum

Ein russischer Investor will den Flughafen Hahn kaufen. Das beschäftigt auch Robert Habeck: Der Minister will den Vorgang prüfen.

Blick durch eine veregnete Glasscheibe auf das Gebäude eines Flghafens

Der insolvente Flughafen Hahn im Hunsrück Foto: Thomas Frey/dpa

FRANKFURT AM MAIN taz | Bekommt ein russischer Oligarch Zugriff auf den deutschen Zivilflughafen Hahn, einst Basis der US-Airforce, auf der bis zum zweiten Golfkrieg Kampfjets der Nato stationiert waren?

Am Rande seines Arbeitsbesuchs in der US-Hauptstadt Washington musste Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck am Montagabend einräumen, dass er über den möglichen Verkauf des Flughafens im Hunsrück an einen russischen Investor nachdenkt. „Wir screenen das gerade“, erklärte der Grünen-Politiker, der die kritische Infrastruktur „potenziell berührt“ sieht.

Habeck bat um „ein paar Wochen“ für die Prüfung des brisanten Vorgangs. Die hessische Landesregierung, die eine kleine Minderheitsbeteiligung am Hahn hält, hatte Habeck aufgefordert, den Zuschlag zu verhindern. Am Dienstagnachmittag tagte eine Gläubigerversammlung beim Insolvenzgericht in Bad Kreuznach. Im Anschluss an das Treffen sagte Insolvenzverwalter Jan Markus Plathner, dass das Angebot des Höchstbietenden vorerst nicht genehmigt werde. Die endgültige Entscheidung über den Verkauf des Flughafens kann erst nach der Prüfung durch das Bundeswirtschaftsministerium erfolgen.

Der mögliche Einstieg des russischen Milliardärs Viktor Charitonin beim defizitären Hunsrück-Flughafen sorgt seit dem Wochenende für aufgeregte Schlagzeilen. Der Pharmamogul und Oldtimerfan hatte vor Monaten mit seiner Nürburgring-Holding (NR-Holding) ein Kaufangebot abgegeben, allerdings war es nur das zweitbeste. Das deutsch-britische Joint Venture „Swift Conjoy“ mit Sitz in Frankfurt am Main hatte zunächst alle Mitbewerber ausgestochen. Bis zum vereinbarten Stichtag war beim Insolvenzverwalter der mit Swift notariell vereinbarte Kaufpreis allerdings nicht eingegangen, was den Russen erneut auf den Plan ruft.

Mainzer Immobilienunternehmen hat ebenfalls Interesse

Neben ihm verhandelt als Drittplatzierte die Mainzer „Richter-Gruppe“, ein Immobilienunternehmen, das auf die Verwertung von Konversionsflächen oder ehemaligen Unter­nehmensstandorten spezialisiert ist. Dem Vernehmen nach haben sowohl die NR-Holding als auch die Richter-Gruppe den jeweiligen Kaufpreis auf einem Anderkonto des Insolvenzverwalters hinterlegt. An mangelnder Liquidität dürfte der Deal mit diesen Bietern nicht mehr scheitern.

Als großer Minderheitseigner sitzt auch das Land Rheinland-Pfalz bei den vertraulichen Verhandlungen mit am Tisch. Julia Klöckner, CDU-Politikerin aus Rheinland-Pfalz, ging schon einmal vorsorglich auf Konfronta­tionskurs. Charitonins Aufstieg zum wichtigen Player im russischen Pharmageschäft sei nur mit dem Segen Putins möglich gewesen, so die ehemalige Bundesministerin. In der kommenden Woche wird sich der Innenausschuss des Mainzer Landtags mit dem Fall beschäftigen.

Über den umstrittenen Investor ist wenig bekannt, außer dass er auf der Forbes-Liste der reichsten Weltbürger mit einem Vermögen von 1,4 Milliarden Dollar als „Viktor Xharitonin“ geführt wird.

Privatisierung des Flughafens ist eine Pleite-Geschichte

Angeblich steht er auch auf der „Putin-Liste“ der US-Regierung, als Vertrauter des russischen Präsidenten. Mit seiner NR-Holding führt er seit 2014 erfolgreich Regie im Freizeitzentrum „Grüne Hölle“ samt Achterbahn, traditionsreicher Rennstrecke und legendärer „Nordschleife“. Mit seinem Einstieg dort hatte der Milliardär die Mainzer Landesregierung von einem krachend gescheiterten Projekt befreit, das bis dahin Hunderte Millionen an Steuergelder verschlungen und ständig für Negativschlagzeilen gesorgt hatte.

Die Privatisierung des Flughafens Hahn ist eine Pleite-Geschichte. 2016 scheiterte der Verkauf an einen chinesischen Investor, der sich als dubiose Garagenfirma erwies. Brisant war auch 2017 der umstrittene Verkauf an den chinesischen Luftfahrtkonzern HNA, der von einem Staatsbetrieb der Volksrepublik kontrolliert wird und gleichwohl inzwischen pleite ist.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen mehrere Beteiligte wegen des Verdachts der Insolvenzverschleppung und des Subventionsbetrugs. Der mögliche Einstieg des Russen mit Putin-Connection wäre angesichts dessen Angriffskriegs gegen die Ukraine weitaus brisanter. Noch immer wickelt das US-Militär über den Hahn logistische Operationen ab.

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