Russischer Angriff auf die Ostukraine: Sicherheitsdienst nimmt Mann fest

In der ukrainischen Stadt Kramatorsk, nahe der Front entfernt, sind russische Raketen eingeschlagen. Unter den Opfern sind auch mehrere Kinder.

Ein Mann tröstet einen anderen, ein Mann in rotem Pullover steht daneben und raucht, eine Frau nähert sich der Szene, man sieht zerborstenes Glas auf dem Boden und Teile eines zerstörten Gebäudes im hintergrund

Trost für einen Zivilisten nach dem Anschlag in Kramatorsk Foto: Narciso Contreras/Ananadolu Agency/picture alliance

CHARKIW taz | Mindestens 10 Tote und 61 zum Teil schwer Verletzte: So lautet die vorläufige verheerende Bilanz eines russischen Angriffs mit Raketen vom Typ Iskander am Dienstagabend auf ein voll besetztes Restaurant-Café in Kramatorsk. Die ostukrainische Stadt mit rund 160.000 Ein­woh­ne­r*in­nen liegt im Gebiet Donezk und rund 30 Kilometer von der Front entfernt.

Unter den Toten sind auch drei minderjährige Mädchen. Ein Mädchen war 17 Jahre alt, das Alter von zwei Zwillingsschwestern wird mit 14 Jahren angegeben. Auch ein acht Monate altes Baby und seine Mutter wurden verletzt – sie erlitten durch herumfliegende Glassplitter schwere Schnittwunden. Am Mittwoch setzten Suchtrupps ihre Rettungsaktion in den Trümmern der zerstörten Gebäude fort, die Zahl der Opfer könnte sich daher noch weiter erhöhen.

Das Restaurant-Café „Ria“, ist ein beliebter Ort bei Einheimischen. Aber auch Ausländer*innen, Jour­na­lis­t*in­nen und Mit­ar­bei­te­r*in­nen internationaler Hilfsorganisationen treffen sich hier häufig. In etwa hundert Metern Entfernung gibt es einen großen Supermarkt, in dem sich ständig Leute aufhalten.

Neben dem Ria befindet sich ein Hotel, in dem teilweise auch Büroräume untergebracht sind. An Wochentagen sind hier vor allem immer viele Zi­vi­lis­t*in­nen unterwegs. Manchmal kommen auch Militärangehörige in Autos, um Lebensmittel einzukaufen, aber ihre Zahl ist nicht so hoch, als das man ausgerechnet hier militärische Objekte vermuten könnte.

Bekanntes Kreml-Narrativ

Dennoch hatte der Kreml, wie stets in solchen Fällen, die immer gleiche Stellungnahme parat. Russische Angriffe würden nur auf Objekte ausgeführt, die in irgendeiner Weise mit der militärischen Infrastruktur verbunden seien, sagte Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Mittwoch.

Unterdessen teilte der Sicherheitsdienst der Ukraine (SBU) mit, dass eine Person festgenommen worden sei, die möglicherweise an der Vorbereitung des russischen Raketenangriffs auf Kramatorsk beteiligt gewesen sein könnte.

Der Mann wohnt in Kramatorsk und ist Angestellter eines örtlichen Gastransportunternehmens. Nach Angaben des SBU soll er bereits vor dem Krieg vom russischen Geheimdienst rekrutiert und nach Kriegsbeginn gebeten worden sein, Informationen über Stationierungsorte der ukrainischen Verteidigungskräfte zu sammeln, sowie Daten über Standorte lokaler kritischer Infrastrukturen und Objekte, wo sich viele Zi­vi­lis­t*in­nen aufhalten, weiterzugeben.

Über den Messengerdienst Telegram soll er ein Video verschickt haben, das unter anderem das Restaurant-Café Ria sowie in der Nähe geparkte Autos zeigte. Gegen ihn wurde ein Strafverfahren wegen „Hochverrats“ eröffnet.

Pro­pa­gan­dis­t*in­nen freuen sich

Unterdessen freuen sich russische Propagandisten über das, was in Kramatorsk passiert ist. So schreibt beispielsweise Julia Witjazewa, eine Mitarbeiterin des russischen Staatsfernsehens, auf Telegram über die Ruinen des Ria-Cafés, ein weiterer Raketenangriff auf Kramatorsk sei nötig, weil das ukrainische Militär Rettungskräften dabei helfe, die Trümmer zu beseitigen und Menschen zu bergen.

Demgegenüber merkt der ukrainische Journalist Denis Kazansky auf seiner Facebook-Seite an: „ Dass die Mehrheit der Be­su­che­r*in­nen des Café Ria Zi­vil­si­t*in­nen war, macht für Kannibalen keinen Unterschied. Sie haben kein Mitleid mit den Menschen im Donbass und freuen sich sogar über den Tod von Kindern.“

Aus dem Russischen von ­ ­Barbara Oertel

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