Russische Botschaft in Moldau: Spionage-Vorwürfe gegen Diplomaten
45 russische Mitarbeiter der russischen Botschaft müssen Moldau verlassen. Auf dem Dach des Gebäudes wurden verdächtige Antennen gefunden.
Am Montag mussten 45 Mitarbeiter der russischen diplomatischen Vertretung Chișinău verlassen. Die Präsidentin der Republik Moldau, Maia Sandu, sagte, sie sei zuversichtlich, dass die Zahl der Mitarbeiter der russischen Botschaft groß genug sei, um qualitativ hochwertige Arbeit zu machen, zitiert das Nachrichtenportal tvn.md die Staatschefin.
Dem folgte eine offizielle Antwort des russischen Außenministeriums. Diese Entscheidung werde Konsequenzen für die russisch-moldauischen Beziehungen haben, heißt es darin. Auch darauf antwortete Sandu. „Die Beziehungen zwischen Moldau und Russland haben sich erheblich verschlechtert, nachdem Russland die Ukraine angegriffen und unschuldige Menschen getötet sowie ukrainische Städte und Dörfer zerstört hat“, sagte sie.
Der Rauswurf der 22 russischen Diplomaten und 23 technischen Mitarbeiter folgte auf einen Beschluss der moldauischen Behörden von Ende Juli, die Anzahl russischer Botschaftsangehöriger der Anzahl moldauischer Diplomaten in der Russischen Föderation anzupassen.
Russische Botschaft ein Spionagezentrum?
Auf der Grundlage des Paritätsprinzips und in Übereinstimmung mit Artikel 11 des Wiener Übereinkommens über diplomatische Beziehungen von 1961 hatten die Behörden von Chișinău angekündigt, das Personal der russischen Botschaft auf 10 diplomatische Posten sowie 15 Stellen in Technik und Verwaltung zu beschränken. Vor dieser Entscheidung hatte das Personal der russischen diplomatischen Vertretung in Moldau aus etwa 70 Personen bestanden, während Moldau in Russland 12 akkreditierte Diplomaten hat. Zur Begründung der Entscheidung hieß es in Chișinău, diese sei ein Ergebnis zahlreicher unfreundlicher Aktionen Russlands gegen die Republik Moldau.
Moldaus Außenminister Nicu Popescu wurde deutlicher: Die Verringerung der Anzahl der akkreditierten russischen Diplomaten werde auch „die Zahl der Menschen verringern, die versuchen, die Lage im Land zu destabilisieren“, sagte er. „Seit Jahrzehnten sind wir Objekt einer eher feindseligen Politik seitens der Russischen Föderation. Einige Aktionen sind über die russische Botschaft in Chișinău gelaufen“, fügte er hinzu.
Hintergrund der diplomatischen „Scharmützel“ ist ein Spionageskandal vom vergangenen Juli. Journalisten von The Insider und JurnalTV zufolge soll es sich bei der diplomatischen Vertretung Russlands um ein Spionagezentrum handeln, das dem Ausspähen moldauischer Politiker und der Durchführung von Cyberangriffen in der ehemaligen Sowjetrepublik dient.
Die Medienmacher hatten auf den Dächern der russischen Botschaftsgebäude in Chișinău 28 Antennensysteme identifiziert, die in der Lage sind, alle Arten von Fernkommunikationssignalen abzufangen. Dadurch könnten laut Experten sensible Informationen gesammelt werden, die für die Sicherheit des Landes relevant seien. Die Systeme stehen unter der Kontrolle zweier russischer Strukturen: des Zentralorgans des Militärnachrichtendienstes (GRU) sowie des Auslandsgeheimdienstes (SWP). Die für die Ausrüstung verantwortlichen Spione haben diplomatische Papiere.
Als Folge der Medienberichte wurde der Botschafter der Russischen Föderation, Oleg Wasnetsow, ins moldauische Außenministerium einbestellt. Bei dem Treffen warf er Chișinău „Russophobie“ vor und sagte, dass die Antennen auf dem Dach der Botschaft alt und „verrostet“ seien. Die offizielle Vertreterin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, sprach von „Fantasien, die nichts mit der Realität zu tun haben“. Elena, die Rentnerin, hat nun auch Angst, dass die Ausweisungen schreckliche Folgen haben könnten, „weil wir so ein kleines Land sind. Aber zu schweigen ist auch falsch. Das widerspricht unserem Nationalstolz.“
Aus dem Russischen: Barbara Oertel.
Die Autorin war Teilnehmerin eines Osteuropa-Workshops der taz Panter Stiftung.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert