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Runder Tisch in BelarusLukaschenko im Knast

Der Autokrat trifft Oppositionelle im Gefängnis. Ein Eingeständnis von Schwäche. Olga Deksnis erzählt von stürmischen Zeiten in Minsk. Folge 22.

Alexander Lukaschenko, hier auf dem Bild nicht im Knast, sondern in seinem Palast Foto: Andrei Stasevich/BelTA/ap/dpa

A m Samstag besuchte Lukaschenko das KGB-Gefängnis. 11 Personen, Gefangene, waren bei dem Treffen zugegen, unter ihnen auch der wichtigste Präsidentschaftskandidat, Viktor Babariko.

Mehr als vier Stunden hat das Treffen Lukaschenkos mit seinen Gefangenen gedauert. Doch das einzige, was von dem Gespräch an die Öffentlichkeit gedrungen ist, war Lukaschenkos Aussage: „Eine Verfassung schreibt man nicht auf der Straße“.

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Lilia, eine Psychologin in Minsk, besucht regelmäßig mit ihrem Mann und ihrer Tochter, einer Studentin, Demonstrationen gegen das Lukaschenko-Regime. Sie sagt:

„Wir leben jetzt in einem Land, das von einem nicht legitimierten Präsidenten geführt wird, und in dem sich niemand mehr für dich einsetzt, wenn du hinter Gitter geraten solltest. Einfach deswegen, weil praktisch niemand mehr in Freiheit ist, der sich für inhaftierte Demonstrierende einsetzen könnte. Dass das so ist, hat der Besuch von Lukaschenko am Samstag im KGB-Gefängnis gezeigt.

Mit seinem Besuch hat er eingestanden, dass die Gefangenen im KGB-Gefängnis keine Verbrecher, sondern politische Gefangene sind. Ich glaube, es gibt keinen besseren Gradmesser für den Erfolg unserer Bewegung als dieser Besuch des Präsidenten im Gefängnis. Wir sind es, die es geschafft haben, den inneren und äußeren Druck auf das Regime so anwachsen zu lassen, dass sich der Präsident zu dem samstäglichen Treffen mit den führenden Persönlichkeiten der Opposition genötigt sah.

Doch dieses Treffen läßt sehr viele offene Fragen und Überlegungen zurück. Und natürlich muss man es auch im Licht von Lukaschenkos Worten sehen, der einmal gesagt hatte, dass er niemals die Macht freiwillig abgeben würde. Das heißt, er spielt auf Zeit. Und dabei lenkt er immer wieder die Aufmerksamkeit der Menschen auf Dinge, die gar nicht wichtig sind, wie seine angestrebten Verfassungsänderungen.

Bild: privat
Olga Deksnis

35 Jahre alt, lebt in Minsk und arbeitet bei dem Portal AgroTimes.by. Sie schreibt über besonders verwundbare Gruppen in der Gesellschaft: Menschen mit Behinderung, LGBT, Geflüchtete etc.

All dies tut er, weil er den Menschen auf der Straße den Wind aus den Segeln nehmen und die Wirtschaft beruhigen will. Doch wir wissen sehr genau, dass innerhalb von zwei Monaten ungefähr 14.000 Belarussen von ihm auf die eine oder andere Weise bestraft oder verfolgt worden sind und dass bei ihm nur zwei Dinge zählen: Zuverlässigkeit und absolute Loyalität ihm gegenüber.

Es ist bezeichnend, dass Sergej Tichanowski nicht dabei war. Hinter ihm steht immerhin eine ganz bestimmtes Segment der Gesellschaft. Und Sergej selbst hatte ja auch für das Amt des Präsidenten kandidieren wollen. Ebenfalls nicht dabei war Maria Kolesnikowa. Und sie ist doch Vorstandsmitglied des Koordinierungsrates. Und natürlich war Lukaschenkos Auftritt auch wieder von jeder Menge Sexismen durchsetzt.

Was war das nun? Ein Dialog? Ein Monolog? Was heißt das jetzt für die Zukunft? Nach wie vor ist kein einziges Strafverfahren wegen Folter, wegen Mordes oder wegen Misshandlung von Inhaftierten oder Demonstrierenden eingeleitet worden. Polizisten sind nach wie vor eine Kaste der Unberührbaren. Und von Neuwahlen ist schon gar keine Rede.

Die Machthaber fahren ungeniert mit ihren Einschüchterungsmaßnahmen fort. Am vergangenen Sonntag wurden bei der Demonstration wieder mehr als sechshundert Menschen verhaftet, darunter auch über 30 Journalisten. Die Polizei hat Wasserwerfer und Blendgranaten eingesetzt, hat sogar geschossen.“

Nachtrag: Zwei Personen wurden nach dem Lukaschenko Besuch im KGB-Gefängnis freigelassen, der Direktor einer IT-Firma und ein Politologe.

Aus dem Russischen Bernhard Clasen

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1 Kommentar

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  • 1G
    17900 (Profil gelöscht)

    Er begreift es einfach nicht!



    Die Zeit, geordnet und ohne Gefängnis oder Tod davonzukommen sind längst vorüber.



    Wieder mal gilt der alte Spruch, den man M. Gorbatschow zuschreibt - WER ZU SPÄT KOMMT, DEN BESTRAFT DAS LEBEN.



    Das Leben von Lukaschenko hängt am seidenen Faden von Putins Marionette.