Rüstungsausgaben weltweit: Militär kriegt die Krise
Zum ersten Mal seit 1998 stagnieren die globalen Militärausgaben. Die leeren Staatskassen machen sich im Westen bemerkbar. Russland und China hingegen rüsten auf.
STOCKHOLM taz | Erstmals seit 1998 stagnieren die globalen Rüstungsausgaben. „Ein jahrzehntelanger Anstieg bei den Militärausgaben ist ins Stocken geraten“, sagt Sam Perlo-Freeman von Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri. Laut dem Bericht, den Sipri am heutigen Dienstag veröffentlicht, stagnierten diese Ausgaben 2011 mit einem Plus von 0,3 Prozent weltweit bei 1,74 Billionen Dollar. Zwischen 2001 und 2009 hatten die Rüstungsausgaben um jährlich jeweils rund 5 Prozent zugelegt.
Die Verschuldung der öffentlichen Haushalte infolge der Wirtschafts- und Finanzkrise sind laut Perlo-Freeman die hauptsächliche Erklärung für diese von ihm als „jedenfalls momentan“ eingeschätzte Trendwende. Von der Eurokrise besonders hart getroffene Länder wie Griechenland, Spanien, Italien und Irland kürzen ihre Militärhaushalte besonders deutlich. Schweden, Norwegen, Finnland und Polen hingegen haben keine ernsthaften Haushaltsprobleme und geben auch mehr Geld für Waffen aus.
Auch in Moskau und Peking wird nicht gespart. Russland hat Großbritannien und Frankreich überholt und liegt nun hinter den USA und China auf Platz drei der Länder, die am meisten für ihr Militär ausgeben. In die Sipri-Statistik gehen alle Ausgaben für den Militärsektor ein, von Investitionen in Waffen, Ausrüstung, Infrastruktur und Forschung bis zu den gesamten Personalausgaben. Dabei rechnet man jeweils inflationsbereinigt und in Dollar um – dessen Wechselkursschwankungen können damit das Ergebnis beeinflussen.
Die Stagnation sei erst der Anfang für eine zu erwartende mehrjährige Entwicklung, meint Sipri, da alle westeuropäischen Länder weitere Kürzungen angekündigt hätten. Auch bei den USA würden sich die zur Verminderung des Staatsdefizits beschlossenen Kürzungen bei den Militärausgaben fortsetzen. Der Anteil der USA an den globalen Militärausgaben sank damit von 43 auf 41 Prozent.
Umgekehrt wird nach Einschätzung der Friedensforscher der Trend in Russland aufgrund bereits angekündigter umfassender Investitionen in neues Militärmaterial in den kommenden Jahren zu weiter steigenden Ausgaben führen.
Russlands Nachbarland Aserbaidschan stand 2011 mit nahezu einer Verdoppelung weltweit für den prozentual höchsten Anstieg eines Militärbudgets. Sipri macht dafür den wieder aufgeflammten Konflikt mit Armenien um die Region Ngorno-Karabach verantwortlich. Und erhöhten in Asien ansonsten allein China und in Afrika vor allem Algerien und Nigeria ihre Militärausgaben, wird im Nahen und Mittleren Osten deutlich weiter aufgerüstet: Hier führen Bahrain (14 Prozent) und Kuwait (9,8 Prozent) vor Israel (6,8 Prozent) und Syrien (6,1 Prozent). „Die Auswirkungen des Arabischen Frühlings auf die Militärausgaben können noch nicht beurteilt werden“, konstatiert Sipri.
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