: Rücktritt wegen NMD
Südkoreas Außenminister wegen Äußerungen über umstrittene US-Raketenabwehrpläne ausgetauscht
BERLIN taz ■ Der südkoreanische Präsident Kim Dae Jung hat gestern das Rücktrittsangebot des Außenministers Lee Joung Binn zu einer umfassenden Kabinettsumbildung genutzt. Mit dem Austausch von 9 der 22 Minister will Kim im In- und Ausland geschwundenes Vertrauen zurückgewinnen.
Lee war im Zusammenhang mit den US-Plänen für eine nationale Raketenabwehr (NMD) zweimal in die Kritik geraten. Zunächst hatte er im Februar beim Südkorea-Besuch des russischen Präsidenten Wladimir Putin in einer gemeinsamen Erklärung den ABM-Vertrag von 1972 als „Eckstein der strategischen Stabilität“ bezeichnet. Dies galt als Kritik am NMD-Projekt der USA. Denn Russland wertet NMD als Verletzung des ABM-Vertrags. Später sah sich Präsident Kim genötigt zu erklären, dass er mitnichten gegen NMD sei.
Am Freitag sorgte Lee erneut für Kritik, als er sagte, Washington habe die Regierung in Seoul vor dem US-Besuch Kims Anfang März zur Unterstützung von NMD gedrängt. Am Samstag nahm er dies wieder zurück.
Da die neue US-Regierung von George W. Bush auch eine kritischere Haltung zur Entspannungspolitik gegenüber Nordkorea hat als die Clinton-Regierung, machte Präsident Kim jetzt mit Hang Seung Soo einen früheren USA-Botschafter aus Zeiten der Präsidenten Ronald Reagan und George Bush senior zum neuen Außenminister. Hang gehört zur oppositionellen Demokratischen Volkspartei und hat beste Beziehungen zur US-Regierung. Die USA sind Südkoreas wichtigster Verbündeter. Sie haben dort 37.000 Soldaten stationiert und begründen NMD mit nordkoreanischen Raketen.
Die anderen Ministerwechsel galten vor allem wirtschaftlich wichtigen Ressorts und sollen der Reformpolitik neuen Schwung vermitteln und das Vertrauen in die Wirtschaft wieder herstellen. SVEN HANSEN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen