Rücktritt nach „Spiegel“-Vorwürfen: Jüdische Gemeinde verliert Kopf
Nachdem „Der Spiegel“ schrieb, er sei kein Jude, legt Wolfgang Seibert seine Ämter in Pinnebergs liberaler Jüdischer Gemeinde nieder.
Unter dem Titel „Der gefühlte Jude“ hatte das Magazin geschrieben, Seibert sei „ein vorbestrafter Betrüger und Hochstapler“. Am schwersten dürfte aber die Aussage gewogen haben, der Gemeindevorsitzende selbst sei gar kein Jude. Für die nun ausgehende Woche hatte Seibert eine Stellungnahme angekündigt, stattdessen äußerte sich nun sein Anwalt: „Es besteht kein Interesse an einer öffentlich geführten Debatte über die Frage, wer legitimes Mitglied einer jüdischen Gemeinde sein darf und wer nicht.“
Zu den Vorwürfen gegen Seibert heißt es: „Es wird Bezug genommen auf angebliche Kirchenbücher und Hausstandsbücher, aus denen sich ergeben soll, er sei evangelisch geboren. Nun ist es der besonderen Geschichte der Juden in Deutschland geschuldet, dass der Nachweis der jüdischen Abstammung oft nicht eindeutig zu erbringen ist.“ Hoffmann weist hin auf die „nicht angezweifelte“ Bestätigung der Jüdischen Gemeinde Frankfurt am Main, wonach Seibert dort mit kurzer Unterbrechung von 1972 bis 1982 Mitglied war. Der „jüdische Status“ sei bei Gemeindegründung in Pinneberg 2002 „überprüft und bestätigt“ worden, nochmals 2016.
Weiter schreibt Hoffmann: „In einigen Punkten, Vorträgen, öffentlichen Stellungnahmen oder Darstellungen hat Herr Seibert überzogen. In diesem Zusammenhang fühlten sich Einzelpersonen persönlich beleidigt. Dafür möchte sich Herr Seibert hiermit entschuldigen.“
Die Pinneberger Gemeinde verliert nun ihren 1. Vorsitzenden. Bis zu vorgezogenen Neuwahlen wird die LV-Geschäftsführerin kommissarisch Seiberts Funktion übernehmen: Inna Shames, Vorstandsmitglied der Kieler Jüdischen Gemeinde. „Der Sachverhalt befindet sich weiter in Prüfung“, so der LV-Vorstand. Seibert dankt er dafür, „weiteren Schaden“ abzuwenden.
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