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Rückgabe zweier Nama-SchädelBremer Solidarität mit Namibia

Kurz bevor eine offizielle Delegation Bremens nach Windhoek aufbricht, beschließt der Senat, zwei Nama-Schädel zurückzugeben.

So könnte es wieder aussehen: Menschliche Überreste der Moriori und Mâori bei einer Übergabe an Neuseeland im Mai 2017 im Bremer Überseemuseum Foto: dpa

BREMEN taz | Die Vorzeichen der Reise nach Namibia sind gut. Dafür hat der Senat am Dienstag gesorgt. Die große Delegation, die am Freitag nach Afrika fliegt, hat den Beschluss im Gepäck, zwei Schädel aus den Beständen des Überseemuseums zu deakzessionieren, also aus der Sammlung auszusondern. Damit erfüllt Bremen eine Rückgabeforderung Namibias. „Wir sind froh, vor Beginn Klarheit geschaffen zu haben“, so die Protokollchefin des Senats Birgit Rambalski zur taz. Die Frage zu klären, wie und wann die Übergabe der Gebeine erfolgen soll, wird nicht Gegenstand der Reise sein, sondern durch die Republik Namibia in Abstimmung mit der Bundesrepublik entschieden.

Die hat eine Feierstunde in Berlin angeregt, bei der auch andere aus Deutschland in die namibische Heimat zurückzuführende Gebeine in einem pietät­vollen Rahmen übergeben werden sollen. Das ist von Bedeutung, weil Deutschland sich schwer tut im Umgang mit dem Völkermord, den deutsche Soldaten 1904 bis 1908 unter ihrem Anführer Lothar von Trotha an den Herero und Nama verübten.

Bürgermeister Carsten Sieling stellte klar, dass „sich Bremen aus historischen Gründen in der Verantwortung“ sehe. Von hier war durch den betrügerischen Kaufmann Adolf Lüderitz die Kolonisierung Südwestafrikas ausgegangen, noch bevor das Reich einen Platz an der Sonne für sich beanspruchte.

Umgekehrt haben sich seit den 1970er-Jahren zunächst zivilgesellschaftliche Initiativen, seit der Ampel-Koalition aber auch der Senat vermehrt um Aussöhnung bemüht. So wurde 2004 anlässlich des 100. Jahrestages die internationale Konferenz zur Frage dieses ersten Genozids des 20. Jahrhunderts ausgerichtet. Sie gilt als wegweisend.

Zwar erkennt Deutschland mittlerweile den Genozid an, macht aber keine materiellen Zugeständnisse. Und die Klage von Nachfahren der Opfer vor einem Gericht in New York hält man für unzulässig und boykottiert sie mit dem Verweis auf die Immunität von Staaten.

Wir mussten sicher sein, dass sie aus dem Gebiet des heutigen Namibia stammen

Wiebke Ahrndt, Direktorin des Überseemuseums

Vor dem Hintergrund kann der jetzige Senatsbeschluss verdeutlichen, „dass wir in Solidarität nach Namibia reisen“, erläutert Rambalski. Ihm vorangegangen war ein förmliches Rückgabe-Ersuchen der Republik Namibia. „Das ist entscheidend“, so die Direktorin des Überseemuseums Wiebke Ahrndt. „Es kommt als sehr gönnerhaft daher, wenn wir den Herkunftsländern Rückgaben aufnötigen.“ Die Staaten müssten „selbst entscheiden, ob, wann und in welchem Rahmen sie die Objekte zurückhaben wollen, die zu Unrecht in unsere Sammlungen gekommen sind.“

Sehr unterschiedlich sei der Umgang der Herkunftsgesellschaften mit der Frage: So haben laut Ahrndt die Tlingit, die an der nördlichen US-Grenze Kanadas in British Columbia siedeln, Rückgaben von Artefakten ausdrücklich abgelehnt. In Tibet wiederum würden Skelettteile völlig unspirituell als bloßer Werkstoff behandelt, Flöten aus Menschenknochen von dort seien nichts ungewöhnliches. In einigen Gesellschaften Ozeaniens wiederum seien zumal Human Remains so stark tabuisiert, dass nur Clan-Mitglieder die jeweiligen Gebeine berühren dürfen, „allen anderen droht der Tod“.

Voraussetzungen, die eine Rückgabe erschweren, denn nur sehr unvollkommen geben die Eingangsbücher Auskunft über die Herkunft der Sammlungsstücke. Mitunter sind Tierknochen als menschlich katalogisiert worden, Quellen seien unpräzise – und etliche Schrumpfköpfe stammen von Affen: „Die südamerikanischen Völker hatten rausbekommen, dass die bei Europäern sehr begehrt waren“, so Ahrndt. So habe sich ein regelrechter Fälschermarkt etabliert.

Komplexe Überprüfung

Namibia aber drängt wie die meisten afrikanischen Staaten sehr deutlich auf Rückgabe: Die offizielle Forderung bezüglich der Übersee-Schädel war in Bremen am 7. Juli 2017 eingegangen. Und bei den jetzt deakzessionierten Gebeinen hatte von vornherein festgestanden, dass es sich um menschliche Schädel handelt. Dass die Prüfung dennoch fast ein Jahr in Anspruch genommen hat, ist nachvollziehbar. Zwar war von vornherein bekannt, dass es im südwestlichen Afrika keinen Handel mit Menschenknochen gab, wie er in anderen Weltgegenden praktiziert wurde. Ein unehrenhafter Erwerb gilt also als sicher.

Auch hatte angesichts der lückenhaften Dokumentation ihrer Herkunft von vornherein festgestanden, dass der wissenschaftliche Wert der Schädel sehr gering ist. Diese aber hatte die Klärung einer anderen Frage erschwert: „Wir mussten sicher sein, dass sie aus dem Gebiet des heutigen Namibia stammen“, so Ahrndt. Tatsächlich lässt sich wenig vorstellen, was peinlicher wäre, als Gebeine in die falschen Hände zu restituieren – und sich im Anschluss mit berechtigteren Forderungen tatsächlicher Nachfahren konfrontiert zu sehen.

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