Rotzen in der Öffentlichkeit: Was spuckst du?
Fußballer gelten als Könige der Spuckerei. Aber auch auf der Straße wird gern und oft gerotzt. So manche Regierung kämpft dagegen an.
Beim Thema Spucken sind sich die meisten einig: Die Spucke auf den Gehweg gerotzt, die sich dann in einen gelblichen, qualligen Schleim verwandelt – das ist einfach eklig. Auch die Welt außerhalb Europas betrachtet Ausspucken zunehmend kritisch, zumindest tun das die Regierungen.
China arbeitet seit Jahren an der „zivilisatorischen“ Umerziehung des Volkes. Dazu gehören Kampagnen, die dazu aufrufen, nicht auf den Boden zu spucken und keine Schlafanzüge in der Öffentlichkeit zu tragen. Die Regierung des indischen Bundesstaates Maharashtra hat kürzlich das Spucken in der Öffentlichkeit unter Strafe gestellt. 150 Rupien, umgerechnet 1,90 Euro, kostet es. Eine happige Strafe für viele Menschen. In früheren Zeiten wurde bekanntlich auch hierzulande auf Teufel komm raus gespuckt.
Apropos Teufel: Im „Pfui Teufel!“ ist noch der Klang des Ausspuckens zu hören, „Pfiii“. Laut dem Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens kann Speichel nämlich alles Unheil, also auch den Teufel, vertreiben. Der Volksglaube sprach ihm sogar reinigende Kräfte zu – Warzen wurden bespuckt und schwache Augen damit eingerieben. Bibelkundige kennen noch die Geschichte des Blinden, dessen Augen Jesus mit Speichel benetzte und der daraufhin, so berichtet der Evangelist Markus, wieder sehen konnte. Im Mittelalter fand es jedenfalls niemand ungehörig, selbst in geschlossenen Räumen auf den Boden zu spucken. Noch zu Beginn des 16. Jahrhunderts erklärte der Philosoph und Theologe Erasmus von Rotterdam: „Das Herunterschlucken von Speichel ist eine Unsitte.“ Nur quer über den Tisch oder direkt darauf zu spucken war dann doch des Guten zu viel.
Immer wieder erstaunlich, wie sich die Zeiten ändern. Unklar ist, ob Norbert Elias' Zivilisationstheorie erklären kann, wie es zu dem Meinungsumschwung kam. Vereinfacht ausgedrückt sagt der Soziologe Elias, dass die immer größer werdenden gesellschaftlichen Verflechtungen mehr Affektkontrolle erforderten. Zuerst hätten die oberen Gesellschaftsschichten ihr Verhalten immer mehr kontrolliert, später die unteren.
In Köln kostet es, auf die Straße zu rotzen
Egal wie wir es erklären wollen, dem Spucken den Garaus machte dann die Medizin mit der Entdeckung des Tuberkelbazillus. Jetzt war Ausspucken nicht nur ekel-, sondern auch krankheitserregend. In letzter Zeit scheint sich das Tabu aber wieder zu lockern. Ich selbst beobachte seit geraumer Zeit, wie ungeniert manche Menschen – es sind eigentlich immer nur Männer beziehungsweise Jugendliche – herumspucken. Bis auf zwei Meter vor die Füße kam auch schon vor. Wird so das eigene Revier markiert?
Oder heißt das: Platz da, jetzt komm ich? Die absoluten Könige der Spuckerei sind in jedem Fall die Fußballer. Es mag ja einen physiologischen Grund geben, weshalb sie ihren Speichel bei großer körperlicher Anstrengung aus dem Mund hinausbefördern müssen. Aber das erklärt noch lange nicht die Spuckfontänen, die manche Spieler beim Betreten oder Verlassen des Platzes von sich geben. Manchmal landen sie auch im Gesicht eines gegnerischen Spielers, in einem solchen Fall gibt es immerhin eine Rote Karte und eine Sperre für weitere Spiele.
Meist ungestraft bleibt das Ausspucken in der Öffentlichkeit. Mit wohlwollender Sympathie betrachte ich daher die Kölner Stadtordnung für ein sicheres und sauberes Köln. 30 bis 60 Euro kostet es, wenn öffentliche Flächen durch Spucken verunreinigt und verunstaltet werden.
Ob das Verbot auch durchgesetzt wird? In Berlin wäre die Verordnung jedenfalls nicht das Papier wert, auf dem es steht.
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